# taz.de -- Gewalt in Ägypten: Im Gotteshaus verbarrikadiert
       
       > Nach den Protesten vom Freitag weigern sich Hunderte von Islamisten
       > Kairos Al-Fateh-Moschee zu verlassen. Ägypten soll vorerst keine
       > deutschen Rüstungsgüter mehr erhalten.
       
 (IMG) Bild: Wollen sich mit der Absetzung Mursis partout nicht abfinden: Anhänger der Muslimbrüder beim Protest am Freitag in Kairo.
       
       KAIRO/MÜNCHEN dpa/afp | Nach dem „Freitag der Wut“ geht in Ägypten die
       Auseinandersetzung zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des
       entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi weiter.
       
       Das Kräftemessen konzentrierte sich am Samstag vor allem auf die
       Fateh-Moschee im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt. Dort widersetzen sich
       Hunderte islamistische Demonstranten seit dem Freitagabend der Aufforderung
       der Polizei, die Moschee zu verlassen. Bei den blutigen Protesten und
       Krawallen vom Freitag sind nach Angaben aus Sicherheitskreisen landesweit
       rund 100 Menschen getötet worden.
       
       Der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums, Bader Abdel Atti, wies den
       Vorwurf zurück, die Sicherheitskräfte seien mit unverhältnismäßiger Gewalt
       gegen Demonstranten vorgegangen. Die Proteste seien nicht friedlich
       verlaufen, und überall habe es bewaffnete Gruppen gegeben, sagte Atti dem
       Nachrichtensender Al-Dschasira. Ägypten wird nach den Worten Attis
       keinerlei Einmischung von außen akzeptieren, egal von welchem Land.
       
       Zuvor hatte unter anderem die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die Zahl
       der Toten und Verletzten als schockierend bezeichnet. Die Verantwortung für
       die Tragödie laste schwer auf der Übergangsregierung sowie der erweiterten
       Führung des Landes, heißt es in einer Erklärung Ashtons vom Freitag. Darin
       rief sie die Sicherheitskräfte zur Zurückhaltung und die Demonstranten zu
       friedlichen Protesten auf.
       
       ## Westerwelle: Christen schützen
       
       Die Bundesregierung will angesichts der blutigen Unruhen in Ägypten vorerst
       keine Waffenexporte dorthin mehr genehmigen. Bundesaußenminister Guido
       Westerwelle (FDP) sagte dem Nachrichtenmagazin Focus, die deutsche
       Rüstungsexportpolitik sei „ohnehin restriktiv“ und „das wird so bleiben,
       gerade mit Blick auf diese aktuellen Entwicklungen“.
       
       Bei noch nicht genehmigten Exportanträgen stelle sich die Situation einfach
       dar, berichtete der Focus. „Die Bundesregierung hat alle Entscheidungen
       über Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Ägypten zurückgestellt“,
       zitierte das Magazin aus einer schriftlichen Antwort des
       Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion.
       
       Kompliziert sei die Rechtslage bei bereits genehmigten, aber noch nicht
       ausgeführten Waffenexporten, so der Focus weiter. Die Regierung prüfe
       derzeit, wie damit umgegangen werden könne.
       
       Deutsche Unternehmen lieferten im ersten Halbjahr 2013 Rüstungsgüter im
       Wert von rund 13,2 Millionen Euro an Ägypten. Dabei handelte es sich vor
       allem um Ausrüstungsgegenstände für die ägyptische Marine und
       Telekommunikationstechnik, wie Focus unter Berufung auf Regierungskreise
       berichtete.
       
       Außenminister Westerwelle zeigte sich gegenüber dem Magazin Fokus zudem
       besorgt über die zunehmende Gewalt gegen die Christen des nordafrikanischen
       Landes. „Die christliche Minderheit in Ägypten muss vor Übergriffen
       geschützt werden“, so der FDP-Politiker.
       
       Westerwelle betonte, Deutschland stehe in dem Konflikt nicht auf der Seite
       einer der politischen Kräfte. „Wir stellen uns auf die Seite der Menschen,
       die auf Freiheit und demokratische Werte setzen und die eine offene
       Gesellschaft wollen.“
       
       Die koptisch-orthodoxe Kirche, deren Einrichtungen in den vergangenen Tagen
       mehrfach Ziel islamistischer Brandattacken wurden, erklärte in der Nacht
       ihre Solidarität mit Polizei und Armee.
       
       ## Frauen freies Geleit zugesichert
       
       In Kairo weigerten sich auch am Samstag Hunderte Mursi-Anhänger, die
       Al-Fateh-Moschee am Ramsis-Platz zu verlassen. Im Inneren der Moschee
       hielten sich noch rund 700 Menschen auf, sagten Augenzeugen dem
       Nachrichtensender Al-Dschasira. Sie hätten Angst vor den Sicherheitskräften
       und Schlägerbanden. Mehrere Frauen sagten, sie wollten die Moschee nicht
       verlassen und die Männer allein zurücklassen.
       
       Die Mursi-Anhänger hatten am Freitag tagsüber auf dem Platz vor der Moschee
       demonstriert. Als am Abend die Ausgangssperre begann, verbarrikadierten sie
       sich in der Moschee. Bei den Verhandlungen ging es unter anderem darum, ob
       die Demonstranten anschließend von der Polizei verhört werden sollen oder
       nicht. Frauen sei im Gegensatz zu den Männern freies Geleit versprochen
       worden, sagten Demonstrantinnen.
       
       ## Angriffe auf Polizeistationen
       
       Nach den blutigen Zusammenstößen am „Freitag der Wut“ in Ägypten ist die
       Zahl der Todesopfer auf mehr als 100 gestiegen. Das ägyptische
       Nachrichtenportal youm7 meldete am Samstagmorgen unter Berufung auf Ärzte,
       alleine in der Hafenstadt Alexandria seien bei Ausschreitungen zwischen
       gewaltbereiten Demonstranten und der Polizei am Freitag und in der Nacht 25
       Menschen getötet worden.
       
       In Kairo, Al-Arisch und mehreren Provinzen im Nil-Delta waren während der
       Proteste und Angriffe der Islamisten auf öffentliche Gebäude am Freitag
       etwa 80 Menschen ums Leben gekommen.
       
       Das Innenministerium teilte am Samstag mit, die Polizei habe am Freitag
       mehr als ein Dutzend Angriffe auf Polizeistationen in verschiedenen
       Provinzen abgewehrt. Bei dem Angriff einiger Demonstranten auf die
       Ezbekija-Polizeistation, die unweit des zentralen Versammlungsplatzes der
       Mursi-Anhänger am Freitag liegt, sei ein Polizist getötet worden. In
       mehreren Stadtteilen von Kairo sei die Polizei eingeschritten, um
       Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Anwohnern zu beenden. Die
       Polizei nahm nach Angaben des Ministeriums am Freitag 1004 Angehörige der
       Muslimbruderschaft fest.
       
       ## Prozess ohne Mubarak fortgesetzt
       
       Unterdessen ist der Prozess gegen den früheren ägyptischen Präsidenten
       Husni Mubarak (85) und neun weitere Angeklagte aus Sicherheitsgründen ohne
       Mubaraks Anwesenheit fortgesetzt worden. Auch seine beiden Söhne Alaa und
       Gamal sowie Ex-Innenminister Habib al-Adli wurden am Samstag von der
       Polizei nicht zum Gerichtssaal in der Polizeiakademie von Kairo gebracht.
       Nur sechs ehemalige Assistenten des früheren Innenministers Al-Adli standen
       diesmal vor Gericht.
       
       Aus Sicherheitskreisen hieß es, die Polizei habe einen störungsfreien
       Transport Mubaraks zum Gerichtsgebäude aufgrund der angespannten
       Sicherheitslage nicht gewährleisten können.
       
       Langzeitpräsident Mubarak war im Februar 2011 nach tagelangen
       Massenprotesten von der Militärführung zum Rücktritt gezwungen worden. Die
       Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, an der Tötung von mehr als 800
       Demonstranten während der damaligen Proteste beteiligt gewesen zu sein.
       Außerdem geht es in dem Prozess, der wegen Verfahrensfehlern neu aufgerollt
       werden musste, um Korruptionsvorwürfe.
       
       17 Aug 2013
       
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