# taz.de -- Kolumne Darum: Aquarium mit Balkonzugang
       
       > Gemüse ist nicht ekelig, Detailgenörgel am Essen muss nicht sein und
       > Freude kann man auch heucheln: Was Kinder von Haustieren lernen können.
       
 (IMG) Bild: Nachteil an Katzen: Wenn ihnen was nicht passt, reagieren sie noch eigenwilliger als sonst
       
       Kinder zu haben heißt antizyklisch zu denken. Jetzt, da erstmals keines der
       Kinder Haustiere fordert, mache ich die Debatte um Hund, Katze, Maus
       einfach mal neu auf: Ja, wir brauchen Haustiere. Denn nur von ihnen können
       die Kinder was lernen. Uns Eltern nehmen sie ja schon lange nicht mehr
       ernst.
       
       Von einem Hund könnten sie lernen, Freude zumindest zu heucheln, wenn wir
       nach Hause kommen. Mit dem Schwanz wackeln muss nicht sein, aber vielleicht
       kurz mal vorbeikommen, um einen herumscharwenzeln und ein paar
       Streicheleinheiten abholen. Lange Spaziergänge wären auch schön. Nachteil:
       Morgens um sieben mit den Kindern raus. Müssen wir aber sowieso, in der
       Woche wegen Schule, am Wochenende ist dann Fußball.
       
       Von einer Katze könnten sie lernen, sich wenigstens übers Essen zu freuen.
       Katzen sitzen nicht da, ziehen mit spitzen Pfoten irgendwas aus ihrem Napf
       hervor und fragen dann mit dieser seltsam überbetonten Stimme: „Was ist
       das?“ Esst es oder lasst es sein, aber bitte: Detailgenörgel an einem Mahl,
       das in großer Eile nach dem Training zubereitet wurde, muss nicht sein.
       Nachteil: Wenn ihnen was nicht passt, reagieren sie noch eigenwilliger als
       sonst.
       
       Von einem Vogel könnten sie lernen, dass dann Ruhe ist, wenn die
       Erwachsenen das wollen. Ist erst mal die Decke überm Käfig, hat es sich
       sofort ausgezwitschert und -gekräht. Wir könnten wieder in ganzen Sätzen
       miteinander sprechen, würden nicht ständig unterbrochen, auch stiege das
       Gesprächsniveau merklich. Nachteil: Lässt man sie mal raus, lassen sie
       untenrum überall was fallen. Das wäre in der Tat ein durch nichts zu
       beschönigender Nachteil.
       
       Von einem Fisch könnten sie lernen, dass ihre Kinderzimmer nicht zu klein
       sind und unbedingt mit dem Elternschlafzimmer samt Zugang zum Balkon
       getauscht werden müssen. Nichts da! Aquarien sind klein, Zugänge zum Balkon
       sollen, wie man hört, für Fische eher kontraproduktiv sein. Nachteil: Wir
       müssten regelmäßig ihre Zimmer sauber machen. Egal, machen wir ja sowieso.
       
       ## Der fiese Nachteil
       
       Von einem Hamster könnten sie lernen, dass man, wenn es mal am Essen nichts
       zu mäkeln gibt, nicht immer alles sofort runterschlingen muss. Mit vollen
       Backen sähen wir sie durch die Wohnung laufen, unterm Bett und in den Ecken
       fänden wir stets Kinderleckereien wie Schnitzel, Buletten und
       Fischstäbchen. Nachteil: Lässt man sie frei laufen, nagen sie alles an.
       Ganz fieser Nachteil: ein kurzes Leben.
       
       Von einem Hasen könnten sie lernen, dass Gemüse nicht eklig ist. Der Hase
       schiebt nicht mit grässlichen Schabegeräuschen alles Gesunde so weit wie
       möglich von sich und macht anderen, die Möhre und Brokkoli gern essen,
       diese mit Worten und Gesten schlecht. Nachteil: Kinder gespickt an Sahne
       und Aprikosen passen nicht in den Backofen.
       
       Nachdem nun klar geworden sein sollte, was Kinder von Haustieren lernen
       könnten, machen wir die Haustierdebatte auch schnell wieder zu. Zu groß ist
       die Gefahr eines Missverständnisses. Meine Kinder lesen diese Kolumne
       manchmal. Ob sie sie in Gänze verstehen, kann ich nicht beurteilen.
       
       19 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maik Söhler
       
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