# taz.de -- Diskriminierung in der Slowakei: EU will Roma-Mauer einreißen
       
       > In Kosice verläuft seit Juli eine zwei Meter hohe Mauer zwischen dem
       > Romaviertel Lunik IX und einem Parkplatz. Die EU fordert den sofortigen
       > Abriss.
       
 (IMG) Bild: Die Bewohner in der in dem armen Stadtviertel Lunik IX haben andere Sorgen als die Mauer.
       
       PRAG taz | Die ostslowakische Metropole Kosice (Kaschau) hat den Zorn der
       EU-Kommission auf sich gezogen: Seit Mitte Juli trennt eine zwei Meter hohe
       Mauer einen Parkplatz von dem berüchtigten Romaviertel Lunik IX. Das sei
       „Segregation“ schimpft Andrula Vassiliou, EU-Kommissarin für Bildung,
       Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend. Sofort habe die Stadt die Mauer
       abzureißen, befiehlt sie.
       
       „Ich glaube fest daran, dass der Bau von physischen Hindernissen den
       Werten, auf denen unsere Europäische Union gründet, vor allem Respekt
       gegenüber der menschlichen Würde, einschließlich der Rechte von Personen,
       die Minderheiten angehören, widerspricht“, schreibt Vassiliou in einem
       Brief an den Oberbürgermeister von Kosice, Richard Rasi. Die Mauer sei
       illegal gebaut worden und das Werk eines ehemaligen
       Stadtteilbürgermeisters.
       
       Der ließ die Mauer bauen, nachdem sich die Bewohner der Plattenbausiedlung
       Zapad (Westen) lange über Autoeinbrüche und Dreck beschwert hatten. „Sie
       (die Roma aus Lunik IX; Anm. der Red.) haben hier ihre Bedürfnisse
       verrichtet, was aus hygienischer Sicht nicht normal ist“, sagte der
       Abgeordnete der linken Regierungspartei Smr, Andrej Sitkar, der lokalen
       Tageszeitung Korzar. „Vor allem aber, so Sitkar, hatten die Leute Angst,
       hier ihre Autos zu parken“.
       
       Dass die Mauer um den Parkplatz eine Segregationsmauer sei, weisen die
       Bewohner der Siedlung West zurück. Die Mauer diene allein der
       Verbrechensbekämpfung. „Es geht uns doch nur darum, zu verhindern, dass
       Autos gestohlen oder beschädigt werden“, meint ein Anwohner. „Die Roma
       können jederzeit zu uns in Viertel kommen, nur können sie nicht mehr über
       den Parkplatz“, sagt ein weiterer.
       
       Auch Marian Krajnak, Büroleiter des zuständigen Bürgermeisters, kann über
       den Segregationsvorwurf aus Brüssel nur den Kopf schütteln. „Ich erlaube
       mir zu sagen, dass diese Mauer niemanden segregiert. Weil man sie einfach
       umgehen kann und so in unseren Stadtteil gelangt“, sagt er.
       
       ## Es war ein Experiment
       
       Kein Problem mit der Mauer hat auch der Bürgermeister von Lunik IX, der Rom
       Dionyz Slepcik. „Wenn sie den Bürgern von Lunik IX nichts ausmacht, dann
       stört sie auch mich nicht“, erklärte er im Tschechischen Rundfunk. „Hier
       beschwert sich jedenfalls niemand, die Leute sind zufrieden und fühlen sich
       durch die Mauer nicht eingeschränkt“, sagt Slepcik.
       
       Wer schon einmal das Romaviertel Lunik IX besucht hat, kann sich gut
       vorstellen, dass dessen Einwohner dringendere Probleme haben, als eine ein
       paar Meter hohe Parkplatzmauer. Die Plattenbausiedlung ist Resultat eines
       Experiments der damals noch kommunistischen slowakischen Regierung, die
       Roma der Ostslowakei in kleinen Wohnungen einzupferchen.
       
       Heute ist die Siedlung am Rande von Kosice in der gesamten Slowakei ein
       Symbol dafür, wie man mit seiner Romaminderheit nicht umgehen sollte. Nur:
       Einen Ausweg aus der prekären Lage, die in Lunik IX herrscht, hat bislang
       noch niemand gefunden.
       
       Auch EU-Kommissarin Andrula Vassiliou nicht. Aber vielleicht stört sie sich
       nur deshalb an der Parkplatzmauer, weil Kosice in diesem Jahr
       Kulturhauptstadt Europas ist. Denn insgesamt trennen in der Slowakei, in
       der offiziell 106.000 Roma leben und inoffiziell dreimal so viel, schon
       vierzehn Mauern die Roma von der Mehrheitsbevölkerung.
       
       21 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alexandra Mostyn
       
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