# taz.de -- Szenarien für Syrien-Intervention: Blauhelme als Option
       
       > UN-Experten untersuchen den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien, der
       > Westen droht mit einer Intervention. Doch wie könnte eine solche
       > aussehen?
       
 (IMG) Bild: Der Rauch über Damaskus könnte bald nicht mehr von syrischen Raketen kommen, sondern von denen der internationalen Streitkräfte
       
       DAMASCUS/GENF/NEW YORK ap/taz/afp | Während die internationale Gemeinschaft
       über eine mögliche Militärintervention diskutiert, haben UN-Inspekteure am
       Montag in zwei Krankenhäusern mit Zeugen des mutmaßlichen Giftgasangriffs
       vom vergangenen Mittwoch gesprochen. Sie hätten mit Überlebenden und Ärzten
       gesprochen und auch einige Proben genommen, teilte UN-Generalsekretär Ban
       Ki Moon aus Seoul mit. Es brauche nun etwas Zeit für eine erste Auswertung,
       sagte er.
       
       Ban schickte überdies eine scharfe Protestnote sowohl an die Regierung in
       Damaskus als auch an die Aufständischen, weil am Morgen der Konvoi der
       UN-Experten beschossen worden war. Die Attacke sei von einem „nicht
       identifizierten Schützen“ gekommen, sagte er in einer vom UN-Kanal
       verbreiteten Videobotschaft.
       
       Mehrere Staaten prüfen derzeit einen Waffengang als Reaktion auf einen
       mutmaßlichen Giftgasangriff durch syrische Regierungstruppen, bei dem
       vergangenen Mittwoch nahe Damaskus Hunderte Menschen getötet worden sein
       sollen. Über einen Einsatz der international geächteten Waffen durch die
       Armee von Staatschef Baschar al-Assad bestehen im Weißen Haus kaum noch
       Zweifel, laut Pentagonchef Chuck Hagel liegen „alle möglichen Optionen“ auf
       dem Tisch. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton dringt weiter auf eine
       politische Lösung des Syrien-Konflikts.
       
       Nach den Worten des syrischen Vize-Außenministers Faisal Mikdad werde sich
       Syrien gegen eine Militärintervention zu verteidigen wissen. Sein Land
       werde kein leichtes Ziel abgeben, sagte er am Montag in Damaskus. Im
       Übrigen würden Luftangriffe oder andere Aktionen gegen Syrien in „Chaos“
       münden und den globalen Frieden und die Sicherheit bedrohen, drohte er.
       
       ## Drei Szenarien für eine mögliche Intervention
       
       Politiker und Publizisten diskutieren bereits seit Anfang 2012 über
       verschiedene Szenarien einer militärischen Intervention von außen in den
       syrischen Bürgerkrieg. Die Regierungen der USA, Frankreichs und
       Großbritanniens lassen sich – spätestens seit dem mutmaßlichen
       Giftgaseinsatz vom letzten Mittwoch – von ihren Militärs konkrete
       Handlungsoptionen vorlegen. Diese drei Nato-Staaten verstärken nun zudem
       ihre Präsenz mit Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen vor der syrischen
       Mittelmeerküste und auf Zypern.
       
       Der von mancher Seite geforderte Beschuss der Artilleriestellungen, von
       denen am letzten Mittwoch mutmaßlich Giftgasangriffe erfolgten, sowie der
       nach westlichen Geheimdiensterkenntnissen zwanzig Chemiewaffendepots in
       Syrien birgt das extreme Risiko, dass Giftgase freigesetzt werden.
       
       Szenario 1 (Gezielte Luftschläge): Das wahrscheinlichste Szenario ist die
       Zerstörung von Luftwaffenbasen, Befehls-, Kommando- und
       Kommunikationszentralen, konventionellen Waffenlagern und anderen
       Einrichtungen der syrischen Regierungsstreitkräfte durch Raketen und
       Cruise-Missiles, die von Kriegsschiffen und von Kampflugzeugen außerhalb
       der Reichweite der syrischen Luftabwehr abgefeuert werden.
       
       Szenario2 (Flug- und Schutzonen): Ein Eingreifen zunächst unterhalb der
       Ebene direkter militärischer Angriffe wäre die Schaffung einer
       Flugverbotszone für die syrische Luftwaffe entweder über dem ganzen Land
       oder über von Rebellen kontrollierten Regionen sowie über künftigen
       Schutzzonen (etwa entlang der Grenze zur Türkei) für Flüchtlinge und
       Binnenvertriebene. Bodentruppen will bislang niemand entsenden.
       
       Diese Varianten richten sich einseitig gegen eine Kriegspartei: das
       Assad-Regime. Interventionsbefürworter verweisen auf das „erfolgreiche“
       Eingreifen der Nato und anderer westlicher Kriegsallianzen gegen Serbien im
       Kosovkrieg (1999), den Irak (2003) und Libyen (2011).
       
       Aber: Dieser Vergleich ist unseriös und fahrlässig. Im Luftkrieg gegen
       Serbien stand die Nato nach über 70 statt geplanten 14 Kriegstagen kurz vor
       dem Scheitern und der Entscheidung zum Einsatz von Bodentruppen.
       
       Syriens Streitkräfte sind erheblich stärker und besser ausgerüstet – unter
       anderem mit einem großen C-Waffenarsenal – als seinerzeit die serbischen,
       irakischen und libyschen. Hinzu kommt: Anders als Syrien hatten Serbien,
       Irak und Libyen kaum strategische Bedeutung. Ihre Regime waren damals
       bereits weitgehend isoliert und hatten anders als das Assad-Regime in
       Damaskus keine relevanten Verbündeten. Es sind daher gerade die führenden
       Militärs – nicht nur in Washington, sondern auch in London und Paris – die
       die stärksten Bedenken gegen eine Intervention in Syrien vorbringen.
       
       Szenario 3 (Blauhelmeinsatz): Es gibt eine Variante einer militärischen
       Intervention, die nicht erst seit den mutmaßlichen Giftgaseinsätzen der
       letzten Monate, sondern schon nach dem Scheitern aller diplomatischen
       Bemühungen der UNO im Frühjahr 2012 sinnvoll und erfolgversprechend wäre –
       wenn es denn tatsächlich in erster Linie darum geht, das Blutvergießen in
       Syrien zu beenden: ein von allen fünf Vetomächten im UNO-Sicherheitsrat
       mitgetragener robuster Blauhelmeinsatz, möglichst unter Beteiligung von
       Soldaten aus den USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien,
       notfalls ohne Assads Zustimmung. Klar kommuniziertes Ziel: den heißen Krieg
       in Syrien beenden, die notleidende Bevölkerung versorgen, sämtliche
       Waffenlieferungen nach Syrien unterbinden – und damit die Voraussetzungen
       schaffen für einen politischen Prozess hin zu freien, von der UNO
       überwachten Wahlen.
       
       26 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Zumach
       
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