# taz.de -- Juristenkommission legt Bericht vor: Wurde Dag Hammarskjöld ermordet?
       
       > Wurde der schwedische UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld 1961 zum
       > Höhepunkt der Kongokrise gezielt ermordet? Und hörte der NSA mit?
       
 (IMG) Bild: Das Wrack der DC-6 von Dag Hammarskjöld, 19. September 1961.
       
       BERLIN taz | Der mysteriöse Tod des schwedischen UN-Generalsekretärs Dag
       Hammarskjöld vor 52 Jahren soll nach Ansicht einer internationalen
       Juristen-Kommission in Den Haag neu untersucht werden.
       
       Der US-Geheimdienst NSA verfüge möglicherweise über entscheidende Hinweise
       auf die Todesumstände, teilte die vom britischen Exrichter Stephen Sedley
       geleitete Kommission am Montag in ihrem [1][Abschlussbericht] mit.
       
       Es handele sich um noch immer als geheim eingestufte Mitschnitte von
       Funksprüchen, die darauf hindeuteten, dass Hammarskjölds Flugzeug gezielt
       abgeschossen wurde, möglicherweise von einem belgischen Piloten, hieß es in
       dem Bericht.
       
       Dies seien „wichtige neue Beweise“, die ernst genommen werden müssten, und
       die Vereinten Nationen seien gut beraten, nun eine eigene neue Untersuchung
       zu starten, die anders als diese Voruntersuchungen "klare Antworten"
       ergeben könnte. Dies könne nun die UN-Vollversammlung beschließen.
       
       ## Katanga, mit belgischer Hilfe vom Kongo abgespalten
       
       Der UN-Generalsekretär war auf dem Höhepunkt der Kongokrise 1961 ums Leben
       gekommen. Kongo war am 30. Juni 1960 unter dem radikalen Freiheitskämpfer
       Patrice Lumumba von Belgien unabhängig geworden und war sofort zerfallen,
       weil die mineralienreiche Südregion Katanga sich mit Unterstützung Belgiens
       sofort vom jungen unabhängigen Staat abspaltete. Lumumba hatte die UNO um
       Hilfe gegen die Sezession gebeten, wurde aber verhaftet und am 17. Januar
       1961in Katanga getötet.
       
       Die Sezessionsregierung von Katanga genoss damals auch die Unterstützung
       der britischen Kolonialherren im benachbarten Nordrhodesien (heute Sambia)
       und des damals noch komplett weiß regierten südlichen Afrika, das nicht
       wollte, dass die Bergbauschätze Katangas in die Hände von "Kommunisten"
       fallen.
       
       Die von Lumumba eingeladene UN-Mission im Kongo (ONUC) unter irischer
       Führung begann im September 1961 mit der Umsetzung eines Beschlusses, alle
       nicht UN-mandatierten "belgischen und anderen ausländischen militärischen,
       paramilitärischen und politischen Personen" und "Söldner" aus Katanga zu
       entfernen, um danach Gespräche über ein friedliches Ende der Sezession
       führen zu können. Die Sezessionsregierung unter Moise Tshombé widersetzte
       sich dem.
       
       Am 13. September 1961 begann die UN-Mission daher die "Operation Morthor"
       zur Festnahme Tshombés und zur Übernahme der wichtigsten Regierungsgebäude
       in Katangas Hauptstadt Elisabethville (heute Lubumbashi).
       
       Am gleichen Tag flog UN-Generalsekretär Hammarskjöld in Kongos Hauptstadt
       Léopoldville (heute Kinshasa) ein und reiste umgehend weiter zu Gesprächen
       mit Tshombé, um ihn zur Anerkennung der territorialen Einheit des Kongo zu
       bewegen. Die Verhandlungen sollten in Ndola in Nordrhodesien stattfinden.
       Tshombé reiste am 17. September nach Ndola und wartete dort gemeinsam mit
       den britischen Behörden auf den UN-Genralsekretär. Der kam nie an.
       
       ## Einschusslöcher im Wrack, Leiche am Termitenhügel
       
       Denn Hammarskjölds DC-6-Maschine stürzte beim Landeanflug mitten in der
       Nacht zum 18. September ab. Der Kommissionsbericht enthält detaillierte
       Schilderungen: Das Wrack wurde 9 Stunden später 9 Meilen von Ndola entfernt
       gefunden; die Maschine war beim Aufschlag auf dem Boden in Flammen
       aufgegangen, mitsamt allen Passagieren. Laut dem neuen Bericht gab es keine
       Hinweise für technisches Versagen, dafür aber Einschusslöcher im Wrack.
       
       Es sei unklar, ob Hammarskjöld beim Absturz starb oder vor dem offiziellen
       Auffinden des Wracks gefunden und erschossen wurde, so der neue Bericht. Es
       gebe eindeutige Hinweise, dass seine Leiche vor dem offiziellen Auffinden
       aufgefunden und zumindest bewegt wurde. Das offizielle Team fand ihn tot an
       einen Termitenhügel gelehnt.
       
       Der Bericht hält es für möglich, dass die Maschine entweder durch eine
       Bombenexplosion an Bord zum Absturz gebracht oder von einer anderen
       Maschine abgeschossen wurde. Entsprechende Theorien sind bereits mehrfach
       in Untersuchungen geprüft und verworfen worden. „Unsere provisorische
       Schlussfolgerung ist, dass die jetzt zur Verfügung stehenden Beweismittel
       die Verfizierung der Hypothese, dass das Flugzeug durch Störung in der Luft
       oder Gewehrfeuer zuhm Boden gezwungen wurde, ermöglichen könnte“, so jetzt
       der Abschlussbericht der Kommission in einer äußerst vorsichtigen
       Formulierung.
       
       ## Hörte die NSA aus Zypern live mit?
       
       Zu den „neuen Beweismitteln“ gehört die Aussage eines ehemaligen
       NSA-Mitarbeiters in Zypern, Charles Southall. Er berichtete der Kommission,
       er sei am Abend des 17. September 1961 vorgewarnt worden, dass "etwas
       Interessantes passieren wird", und habe dann gemeinsam mit anderen über
       eine Abhöranlage den Beschuss und Absturz der Maschine bei Ndola live
       mitverfolgt. Die NSA habe Bitten der Kommission um Herausgabe eventuell
       existierender Abhörprotokolle unter Verweis auf eine Geheimhaltungsfrist
       von 50 Jahren vorerst abgelehnt.
       
       Die Kommission wurde vom pensionierten britischen Richter Stephen Sedley
       geleitet; ein weiterer ihrer vier Mitglieder war der Südafrikaner Richard
       Goldstone, ehemaliger Chefankläger der UN-Kriegsverbrechertribunale für
       Exjugoslawien und Ruanda. Die UN-Vollversammlung ist nicht verpflichtet,
       ihren Empfehlungen zu folgen.
       
       9 Sep 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.hammarskjoldcommission.org/report/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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