# taz.de -- Tourismus in Ägypten: „Der erste Ausländer seit drei Tagen“
       
       > Die großen Reiseveranstalter sind sich uneins, ob Ägypten wieder sicher
       > ist. Die Tourismusflaute entzieht zahlreichen Ägyptern die
       > Lebensgrundlage.
       
 (IMG) Bild: Souvenir-Verkäufer an den Gizeh-Pyramiden: Das Geschäft mit den Touristen liegt brach.
       
       KAIRO taz | Wer starrt hier eigentlich wen an? Fast wirkt es, als seien die
       wenigen Touristen die Attraktion und der steinerne Amenophis III. im
       Kairoer Ägyptischen Museum warte geduldig darauf, ein Exemplar dieser
       Spezies mit roten Gesichtern und kurzen Hosen zu erblicken. Seit Ende Juni
       die Staatskrise in Ägypten ausbrach, bleiben die Touristen aus. Vielen
       Ägyptern fehlt damit die Lebensgrundlage.
       
       Im Museumsgarten sitzt Akram al-Scharkawi im Gras. Mit einem Auge behält er
       das Eingangstor im Blick. Kommen Touristen, springt er auf, bietet ihnen
       eine Führung an und versucht einen Preis auszuhandeln. Aber es kommen nur
       wenige. „Heute habe ich noch keine Tour gemacht“, sagt der 48-Jährige,
       dabei warte er schon drei Stunden.
       
       Zu Zeiten Husni Mubaraks habe er rund 100 ägyptische Pfund in der Stunde
       verdient, erzählt al-Scharkawi, 11 Euro. Für seine Frau und die gemeinsamen
       vier Kinder reichte das. Al-Scharkawi ist kein Angestellter: Das Geld der
       Besucher fließt direkt in seinen Geldbeutel. Bleiben die Gäste aus, bleibt
       der Geldbeutel leer.
       
       Nach der Entmachtung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi am 3.
       Juli ging die Zahl der Touristen landesweit um 25 Prozent zurück, wie die
       staatliche Statistikbehörde Campas jüngst mitteilte. Die Zahl der
       Übernachtungen schrumpfte im Juli um 40 Prozent. Dabei hatte sich der
       Tourismus gerade erst von den turbulenten Zeiten nach der Revolution 2011
       erholt.
       
       ## Wichtige Einnahmequelle
       
       „Das richtige Desaster kam aber erst im August und September“, sagt al-Hami
       al-Sajat, Chef des ägyptischen Tourismusverbands. Nachdem die
       Übergangsregierung die Protestcamps der Muslimbrüder in Kairo auflöste und
       Hunderte Todesopfer in Kauf nahm, hagelte es weltweit Reisewarnungen für
       Ägypten. „Als Folge mussten viele Hotels am Roten Meer den Betrieb komplett
       einstellen“, sagte al-Sajat.
       
       Tourismus gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen Ägyptens. 2010, vor der
       Revolution, hatten 14 Millionen Menschen das Land besucht; 13 Prozent des
       Bruttoinlandsprodukts kamen aus der Branche. Knapp zwei Millionen Ägypter
       seien direkt im Tourismus beschäftigt, sagt al-Sajat. Wenn man die
       abhängigen Wirtschaftszweige und die Familienmitglieder einrechne, sei etwa
       jeder fünfte Ägypter vom Tourismus abhängig.
       
       Deshalb ist Tourismusminister Hischam Sasou nun auf Tour. In Russland,
       Großbritannien und Deutschland hat er darum geworben, die Reisewarnungen
       zurückzunehmen. Wann das Auswärtige Amt in Berlin diesen Schritt gehen
       wird, ist jedoch unklar. Und auch die großen Reiseveranstalter in
       Deutschland nehmen den Betrieb nur zögerlich wieder auf: TUI und Alltours
       bieten weiterhin keine Ägyptenreisen an. Die Konkurrenten DER Touristik und
       Thomas Cook wollen ihre Kunden dagegen ab dem 30. September wieder nach
       Ägypten schicken – nicht mehr im Programm sind allerdings die Hauptstadt
       Kairo sowie Assuan und Luxor in Oberägypten.
       
       ## Mitarbeiter entlassen
       
       Hier sieht die Realität noch düsterer aus, als die Statistiken vermuten
       lassen. In der Kairoer Innenstadt sind kaum noch Touristen zu erblicken.
       „Sie sind der erste Ausländer seit drei Tagen, der mein Geschäft betritt“,
       sagt Taha Hassan Selim, der in einem Souvenirladen in der Innenstadt
       Papyrus, Miniaturpyramiden und allerlei Kinkerlitzchen verkauft. Im
       Vergleich zu früher sei sein Umsatz um 90 Prozent zurückgegangen, schätzt
       er. Von ehemals fünf Mitarbeitern hat er bereits zwei entlassen.
       
       Wer dafür verantwortlich sei? Selim will niemanden beschuldigen. Mursi sei
       kein schlechter Mensch gewesen, er habe nur nicht die Kontrolle gehabt.
       Dass mit Abdel Fattah al-Sisi nun wieder ein starker Mann aus dem Militär
       an der Macht ist, gibt ihm Hoffnung. „Wir haben die Pyramiden“, sagt er,
       „die Touristen werden zurückkommen, sobald das Land wieder stabil ist.“
       
       28 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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