# taz.de -- Koalitionspoker nach der Wahl: Grüner Realo-Flügel winkt der Union
       
       > Regierungsbeteiligung ohne Steuererhöhungen? SPD und Grüne geben erste
       > Verzichtserklärungen ab. Grünen- Parteichef Özdemir will eine Koalition
       > nicht ausschließen.
       
 (IMG) Bild: Und Merkel winkt zurück
       
       BERLIN dpa | Nach der ersten Sondierungsrunde für eine mögliche große
       Koalition beraten die Parteigremien von CDU und SPD am Montag die
       Ergebnisse. Beim Thema Steuern, das bisher als einer der größten
       Streitpunkte galt, deutete sich am Wochenende Bewegung an.
       
       SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte in mehreren Interviews, die von seiner
       Partei im Wahlkampf geforderten und von der Union strikt abgelehnten
       Steuererhöhungen seien kein Selbstzweck. CDU und CSU müssten aber
       Vorschläge machen, wie wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung und
       Infrastruktur auf anderem Weg zu bezahlen seien.
       
       Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht davon aus, dass das ohne höhere
       Abgaben möglich ist. „Dieses Land hat einen gesamtstaatlichen Überschuss.
       Bei einem vernünftigen Haushaltsgebaren ist unser Staat gut zu
       finanzieren“, [1][sagte er der Wirtschaftswoche].
       
       21 Unterhändler von CDU, CSU und SPD hatten sich am Freitag zu einem ersten
       Sondierungsgespräch getroffen und vereinbart, am 14. Oktober erneut
       miteinander zu reden. Zunächst aber steht am Donnerstag ein
       Sondierungstreffen der Union mit den Grünen an, die sich nach ihrem
       schwachen Wahlergebnis personell und programmatisch neu aufstellen wollen.
       Nach der Bundestagswahl wäre eine schwarz-grüne Koalition möglich – sie
       gilt aber bislang als wenig wahrscheinlich.
       
       Gleichwohl schließt Grünen-Parteichef Cem Özdemir sie nicht aus. „Ich
       verstehe ja, dass es für viele seinen Reiz hätte, wenn Wirtschaft und
       Ökologie in Form von Union und Grünen zusammen kämen“, [2][sagte er dem
       Handelsblatt]. Die Union sei allerdings – „Stand heute“ - näher an der SPD
       als an den Grünen.
       
       ## Ralf Fücks rät zu Schwarz-Grün
       
       CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hält Schwarz-Grün für denkbar. „Die
       Sondierungen mit den Grünen sind ergebnisoffen“, sagte Gröhe der
       Rheinischen Post. „Die Grünen diskutieren ihr Wahlergebnis durchaus
       selbstkritisch und befinden sich in einer Phase der inhaltlichen und
       personellen Neuaufstellung. Das eröffnet uns neue Gesprächsmöglichkeiten.“
       Die Union werde das Gespräch mit „derselben Ernsthaftigkeit“ führen wie mit
       der SPD.
       
       Der Vorsitzende der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks, riet
       seiner Partei zu einer Koalition mit der Union. „Schwarz-Grün wäre ein
       Risiko, aber mit der Chance, politisch zu gestalten. Wenn man diese Chance
       hat, dann kann man nicht sagen, bedaure, aber wir sind noch nicht so weit“,
       sagte Fücks der Saarbrücker Zeitung.
       
       Im Wahlkampf hatten neben der SPD auch die Grünen vehement dafür geworben,
       Spitzenverdiener stärker zu belasten, um die notwendige Erneuerung von
       Schulen, Straßen oder Schienenwegen finanzieren zu können. Mehrere
       Grünen-Politiker vom Realo-Flügel rückten inzwischen ein Stück weit davon
       ab.
       
       Der scheidende bisherige Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin – Mitglied im
       Sondierungsteam – betonte allerdings im ZDF, er habe den Auftrag, auf Basis
       des Parteiprogramms in die Verhandlungen zu gehen. Die Grünen wollten mehr
       Gerechtigkeit und mehr Klimaschutz, „und das geht nicht, wenn wir nicht
       ökologisch schädliche Subventionen abbauen und diejenigen, die über viel
       Vermögen und viel Einkommen verfügen, tatsächlich ein Stück stärker
       belasten.“
       
       ## Gabriel: Nur mit Mindestlohn
       
       Auch in der SPD sind Forderungen nach Steuererhöhungen nicht vom Tisch.
       Juso-Chef Sascha Vogt sagte der Berliner Zeitung, eine Erhöhung des
       Spitzensteuersatzes sei „nicht nur eine Finanzierungs-, sondern auch eine
       Gerechtigkeitsfrage“. Es sei kaum vorstellbar, dass die SPD-Basis einem
       Koalitionsvertrag zustimmen werde, der ohne Steuererhöhungen auskomme.
       
       Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sieht Alternativen zu
       Steuererhöhungen. „Wenn man auf das unsinnige Betreuungsgeld verzichtet,
       gibt es finanziellen Gestaltungsspielraum“, sagte er der Passauer Neuen
       Presse. „Bei flächendeckenden Mindestlöhnen und entsprechendem Lohnniveau
       spart der Staat jährlich Milliarden Euro Steuergelder, die jetzt noch für
       die Aufstockung von Niedriglöhnen ausgegeben werden müssen.“ Zudem habe
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Finanztransaktionssteuer in Europa
       zugesagt. „Die muss kommen.“
       
       Gabriel machte deutlich, dass die SPD bei Thema Mindestlohn nicht mit sich
       reden lässt. Jedem sei klar, auch der Union, „dass ohne einen
       flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn die SPD in keine Regierung
       eintreten kann“, sagte er in der ARD. Gleichzeitig zieht er eine
       SPD-Regierungsbeteiligung der Oppositionsbank vor. „Es geht darum,
       sozialdemokratische Politik durchzusetzen – und nicht sozusagen sich
       wohlzufühlen in der Opposition.“
       
       Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes
       Kahrs, sagte der Welt, ein Bündnis mit der Union gebe es „nur auf Augenhöhe
       und nur, wenn wir das Finanzministerium bekommen“. Das Finanzressort sei
       das einzige mit Vetorecht gegenüber dem Kanzleramt. „Deshalb ist es für uns
       nicht verhandelbar.“
       
       7 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wiwo.de/politik/deutschland/wolfgang-schaeuble-rot-gruen-kann-nicht-mit-geld-umgehen/8882974.html
 (DIR) [2] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl-2013/gruenenchef-oezdemir-es-war-ein-fehler-die-kanzlerin-zu-daemonisieren/8894336.html
       
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