# taz.de -- Präsidentenwahlen in Aserbaidschan: Der alte Herrscher wird der neue sein
       
       > Am Sieg von Ilham Alijew bei den Wahlen am 9. Oktober zweifelt niemand.
       > Seine Kritiker werden massiv unter Druck gesetzt oder mundtot gemacht.
       
 (IMG) Bild: Machterhalt um jeden Preis: Aserbeidschans Präsident Ilham Alijew.
       
       BERLIN taz | „Ich bin sicher, dass die aserbaidschanischen
       Präsidentenwahlen dieses Mal wieder gefälscht werden. Und Ilham Alijew wird
       auch die nächsten fünf Jahre an der Macht bleiben“, sagt der
       Politikwissenschaftler Gurban Alakbarow aus Baku, der seit 16 Jahren in
       Deutschland lebt.
       
       Leider gibt es wenig Grund zu der Annahme, dass Alakbarow irrt. Denn der
       51-jährige Alijew, der 2003 in der ölreichen Südkaukasusrepublik das
       höchste Staatsamt von seinem Vater Heyder übernahm, hat das Terrain gut
       vorbereiten lassen, um am 9. Oktober seinen dritten „Wahlsieg“ in Folge
       einzufahren.
       
       Zwar gibt es neben Alijew, dem das internationale „Organized Crime and
       Corruption Reporting Project“ (OCCRP) 2012 den Titel „korruptester Mann des
       Jahres“ verlieh, noch neun weitere Kandidaten. Doch nur ein einziger unter
       ihnen ist als Konkurrent ernst zu nehmen: Jamil Hasanli. Der Historiker und
       Ex-Parlamentsabgeordnete war erst am 23. August vom Nationalen Rat
       Demokratischer Kräfte (NSDS), einem Oppositionsbündnis, ins Rennen
       geschickt worden.
       
       Seine Nominierung war nötig geworden, nachdem die Zentrale Wahlkommission
       dem Wunschkandidaten des NSDS, dem Filmemacher Rustam Ibragimbekow, die
       Registrierung verweigert hatte. Zur Begründung hieß es, Ibragimbekow
       besitze neben der aserbaidschanischen auch noch die russische
       Staatsbürgerschaft, was eine Kandidatur unmöglich mache.
       
       Wie sich Wahlkampf in Aserbaidschan anfühlt, konnte Jamil Hasanli am 19.
       September bei einer Fernsehdebatte mit anderen Kandidaten erfahren. Als
       Hasanli den korrupten Alijew-Klan anprangerte, bewarf ihn ein Unterstützer
       des Präsidenten, Hafiz Hajijew, mit einer Wasserflasche und stieß wüste
       Todesdrohungen gegen ihn aus. Ebenjener Hajijew hatte vor mehreren Monaten
       10.000 Dollar Belohnung dafür ausgesetzt, dass einem regimekritischen
       Schriftsteller die Ohren abgeschnitten würden.
       
       ## Zusammengeschlagen und mit dem Messer verletzt
       
       Kurz vor der Debatte am 19. Dezember war der 21jährige Sohn eines
       Verbündeten von Hasanli aufgrund einer fabrizierten Anklage festgenommen
       worden. Der 16jährige Sohn seines Wahlkampagnensprechers wurde
       zusammengeschlagen und mit einem Messer verletzt.
       
       Aber nicht nur Kandidaten werden bedroht und eingeschüchtert. Laut
       Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Reporter ohne
       Grenzen haben sich Repressionen gegen Oppositionelle vor allem in den
       Wochen vor der Wahl massiv verstärkt. So waren im September rund 100
       Personen aus politischen Gründen im Gefängnis – darunter Blogger,
       Menschenrechtsaktivisten sowie der Chef der Republikanischen Alternativen
       Bewegung REAL, Ilgar Mammadow. Ihm drohen bis zu zwölf Jahren Haft.
       Angeblich soll er für gewalttätige Ausschreitungen Anfang des Jahres in der
       Stadt Ismayilli verantwortlich sein.
       
       Das Bakuer Institut für die Freiheit und Sicherheit von Reportern (IRFS)
       hat allein für das erste Halbjahr 2013 26 Fälle von Gewalt gegen
       Journalisten dokumentiert. Zur Verantwortung gezogen wurde bislang niemand.
       Die investigative Journalistin und Reporterin von Radio Free Europe,
       Khadija Ismayilowa, wurde bereits mehrfach mit kompromittierenden, im
       Internet verbreiteten Videos über ihr Privatleben unter Druck gesetzt –
       zuletzt im August.
       
       Auch diese Vorfälle blieben ungeahndet – was für Alijews Kritiker nicht
       gilt. Die können neuerdings, so sie „Verleumdung und üble Nachrede“ im
       Internet betreiben, mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.
       
       Um sich unliebsame Demonstranten vom Hals zu halten, wurde vor einigen
       Monaten auch das Strafmaß für die Teilnahme an nicht genehmigten
       Demonstrationen verschärft. Sie kann jetzt 60 Tage U-Haft nach sich ziehen.
       
       In der vergangenen Woche fühlten sich auch Repräsentanten der EU bemüßigt,
       ihrer Sorge über den wachsenden Druck auf oppositionelle Aktivisten, die
       Zivilgesellschaft und unabhängige Medien in Aserbaidschan Ausdruck zu
       verleihen. Alijew dürfte das nicht beeindrucken.
       
       „Die Menschen in Aserbaidschan brauchen dringend internationale
       Unterstützung im Kampf gegen das Regime“, sagt Gurban Alakbarow. „Doch gute
       Wirtschaftsbeziehungen des Westens mit Baku und die dortigen
       Energievorkommen wiegen um ein Vielfaches schwerer als die Interessen des
       aserbaidschanischen Volkes.“
       
       8 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
       ## TAGS
       
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 (DIR) Aserbaidschan
       
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