# taz.de -- Überlebenshilfe für Flüchtlinge: Notunterkünfte herbeigetrickst
       
       > Der Bezirk Altona will der Nordkirche erlauben, 35 Wohncontainer
       > aufzubauen und stellt sich mit dieser Entscheidung gegen die Politik des
       > SPD-Senats.
       
 (IMG) Bild: Im Winter ist die St. Pauli Kirche zu kalt für Flüchtlinge: Container könnten Alternative sein.
       
       Die Bezirksversammlung Altona will der Nordkirche erlauben, an drei
       Standorten insgesamt 35 Wohncontainer aufzustellen. Mit Zustimmung des
       Bauausschusses ist ein entsprechender Antrag der Nordkirche am
       Dienstagabend an die Bezirksversammlung weitergeleitet worden, die
       übernächste Woche entscheiden wird. In diesen Containern könnten auch die
       Flüchtlinge der sogenannten Lampedusa-Gruppe überwintern.
       
       „Das war keine Geschäftsordnungs-Trickserei, sondern lag in der Erweiterung
       der Anträge begründet“, sagte der Bauausschuss-Vorsitzende und Chef der
       Altonaer Linksfraktion Robert Jarowoy. Ursprünglich habe der Bauausschuss
       nur mit einem Antrag der St.-Pauli-Kirche am Pinnasberg gerechnet, in der
       seit Juni rund 80 Flüchtlinge der Lampedusa-Gruppe Asyl gefunden haben. Da
       das Kirchenschiff nicht beheizt ist, sei ein Überwintern in Schlafsäcken
       auf dem Fußboden nicht möglich.
       
       Über diesen Antrag hätte der Bauausschuss direkt entscheiden können. Doch
       die Nordkirche beantragte zusätzlich, in der Gemeinde der Ottensener
       Christianskirche und auf dem Gelände der Martin-Luther-Gemeinde in Sülldorf
       Notunterkünfte zu errichten. „Da muss erst das Bauamt prüfen, ob die
       Fundamente und die Feuerwehrzufahrten das auch zulassen,“ sagte Jarowoy.
       Wenn dem so sei, könnten die Container Anfang November aufgestellt werden.
       
       Die Kosten für die 35 beheizten Wohncontainer, deren Typ von der Bundeswehr
       auch im afghanischen Kundus genutzt wurde, übernimmt die Nordkirche. Ein
       Container bietet zwei Personen „komfortablen“ Platz, heißt es. Aber
       angesichts der Zustände in den Notunterkünften könnten die Boxen auch
       mehreren Personen Platz bieten.
       
       Die SPD-Fraktion in Altona verlangt aber, dass der Antrag der Nordkirche
       als „Winternotprogramm für Flüchtlinge und humanitäre Hilfe“ deklariert
       wird und der Name „Lampedusa-Gruppe“ nicht vorkomme. Wenn dann – nach der
       Definition des SPD-Senats – „Illegale“ in den Wohncontainern untergebracht
       werden, liege das allein im Verantwortungsbereich der Nordkirche.
       
       Nach Auffassung von Bürgermeister Scholz hätten die 300 Flüchtlinge der
       Lampedusa-Gruppe, die Anfang des Jahres in Hamburg gestrandet waren, hier
       aufgrund des EU-Abkommens Dublin II keine Zukunft. Denn das sieht vor, dass
       die Flüchtlinge im Erstaufnahmeland unterkommen. „Wenn einer von diesen
       libyschen Flüchtlingen in diesem Winter erfriert, wird angesichts der
       Bootskatastrophe vor Lampedusa die ganze Welt mit dem Finger auf Altona
       zeigen“, sagt ein Altonaer Bezirkspolitiker, der ungenannt bleiben möchte.
       
       Am Mittwochabend haben sich Mitglieder der Lampedusa-Gruppe und
       Unterstützer in St. Georg getroffen, um ebenjener Flüchtlingskatastrophe zu
       gedenken. Bei ihrer Flucht übers Mittelmeer waren vergangene Woche vor der
       Insel Lampedusa fast 300 Menschen ertrunken.
       
       Die Männer der Hamburger Lampedusa-Gruppe fordern weiterhin einen
       kollektiven Bleiberechts-Status nach dem Aufenthaltsgesetz. Und laut des
       Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), sei
       das rechtlich durchaus möglich. Schließlich seien ihre Existenzen durch das
       Nato-Bombardement in Libyen zerstört worden, bevor sie übers Meer nach
       Lampedusa flohen.
       
       Der SPD-Senat aber will abschieben und macht die Aufnahme im staatlichen
       Winternotprogramm von einer erkennungsdienstlichen Überprüfung abhängig.
       „Wenn ich den Flüchtlingen dazu rate, würde ich mich an ihrer Deportation
       beteiligen“, sagte kürzlich der Pastor der St. Pauli Kirche, Sieghard Wilm.
       Linksfraktionschef Jarowoy glaubt, dass es zumindest für diesen Winter
       „gelungen ist, einen rechtlich gesicherten Status für die Flüchtlinge
       herzustellen“.
       
       9 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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