# taz.de -- American Pie: Der ratlose Ehrgeizling
       
       > Seine Lufthoheit war des öfteren Protagonist dieser Rubrik. Diesmal geht
       > es um Michael Jordans Fähigkeiten als Teammanager.
       
 (IMG) Bild: Der 50-jährige Michael Jordan leistet sich kubanische Zigarren, edle Rotweine und eine Basketballmannschaft.
       
       Michael Jordan ist schuld. Wer sonst. Die Ikone war noch keine Ikone, aber
       doch ein Phänomen, als Jordan am 10. Januar 1989 zum ersten Mal in der taz
       erwähnt wurde. Der damals 25-Jährige brach alle Rekorde, war aber noch weit
       davon entfernt, die Titel in Serie zu gewinnen. Dann, fast genau auf den
       Tag acht Jahre später, am 8. Januar 1997 erschien das erste „American Pie“
       in der taz, eine Idee der damaligen Leibesübungen-Redakteure Peter Unfried
       und Matti Lieske.
       
       In dieser historischen Kolumne ist Jordan schon „der beste
       Basketballspieler aller Zeiten“, und als sein Nachfolger wird ein gewisser
       Grant Hill gehandelt, von dem man heute weiß, dass er zwar sicher ein
       großes Talent, aber leider auch viel zu verletzungsanfällig war, um das
       große Erbe anzutreten.
       
       Wiederum 16 Jahre später darf man feststellen, dass es – erstens – das
       American Pie in der taz immer noch gibt, wenn auch ohne die früher üblichen
       Zeilen aus dem berühmten Song von Don McLean, in dem es immerhin mehrere
       Anspielungen auf Baseball, aber keine einzige auf Basketball gibt. Und
       zweitens, dass heute immer noch nach einem Nachfolger für Michael Jordan
       gesucht wird.
       
       Der aktuelle Kandidat heißt LeBron James. Dem hat der große Jordan immerhin
       kürzlich zugestanden, dass er sich auch in der Ära des großen Jordan ganz
       gut gemacht hätte. Insgesamt fanden allerdings nur vier Spieler von heute
       Gnade vor den Augen des überkritischen Jordan, neben LeBron noch Kobe
       Bryant, Tim Duncan und ein gewisser Dirk Nowitzki.
       
       Keiner von denen hat allerdings das erreicht, was Air Jordan erreicht hat.
       Findet Michael Jordan. Und meint nicht nur die sechs NBA-Meisterschaften,
       die er mit den Chicago Bulls gewann. Dass der mittlerweile 50-Jährige das
       seinen Nachfolgern nicht vorführen kann, darunter leidet er sichtlich.
       Stattdessen vertreibt sich der einst wegen seiner schwerelosen Flüge zum
       Korb His Airness getaufte Jordan seine Zeit mit Hobbys. Er leistet sich
       kubanische Zigarren, edle Rotweine und eine Basketballmannschaft.
       
       ## Mitbesitzer der Charlotte Bobcats
       
       Einen Teil der in seiner beispiellosen Karriere angehäuften Reichtümer hat
       er in die Charlotte Bobcats investiert. Seit 2006 ist Jordan Mitbesitzer
       des einzigen NBA-Teams, das in North Carolina zu Hause ist, wo er aufwuchs
       und an der University of North Carolina erste Heldentaten vollbrachte. Vor
       drei Jahren übernahm er dann die Mehrheit der Anteile an den Bobcats. Damit
       ist Jordan der erste ehemalige Spieler, der Haupteigentümer einer
       NBA-Franchise wurde – und damit wieder einmal Pionier. Allerdings kein
       allzu erfolgreicher Pionier.
       
       Die Bobcats sind grottenschlecht. In der durch einen Streik verkürzten
       Saison 2011/12 gewannen sie nur 7 von 66 Spielen: So schlecht hatte noch
       nie ein Team in der 67-jährigen Geschichte der NBA abgeschnitten. Auch in
       der vergangenen Saison lief es nicht viel besser, da war nur eine von 29
       anderen Mannschaften in der NBA schlechter als die Rotluchse aus Charlotte.
       
       Der Misserfolg nagt an Jordan. Schon als Spieler war sein Siegeswillen
       nicht nur legendär, sondern gefürchtet. Im Training soll er Mitspieler, die
       nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache waren, geschlagen haben.
       Heutzutage schält sich der Teambesitzer, der mit einem Privatjet im
       Turnschuhdesign reist, immer noch regelmäßig aus dem Maßanzug, um in der
       Trainingshalle der Bobcats die eigenen Angestellten im Eins-gegen-Eins
       vorzuführen.
       
       Jordans Führungsstil ist – gelinde gesagt – umstritten, seine Talente als
       Manager und Talentscout scheinen überschaubar. Auch der aktuellen
       Mannschaft der Bobcats, die am 30. Oktober in die neue NBA-Saison startet,
       traut niemand zu, den Tabellenkeller zu verlassen.
       
       ## Als Spieler war Jordan besser
       
       Fest steht: Als Spieler war Jordan mit sehr viel größerem Talent gesegnet.
       Weswegen unlängst Jalen Rose auf die naheliegende Idee kam, Jordan solle
       sich doch einfach selber aufstellen, um die Bobcats aus der Misere zu
       führen. Rose, der selbst noch gegen Jordan gespielt hat und mittlerweile
       als Fernsehkommentator arbeitet, prophezeite in einer Saisonvorschau, dass
       Air Jordan noch einmal für ein einziges Spiel die Turnschuhe schnüren
       würde.
       
       Seitdem wird fleißig spekuliert. Tatsächlich wäre eine Rückkehr von Jordan
       ein Marketinggag, der seinesgleichen suchen würde und den erbärmlichen
       Bobcats wenigstens ein paar Schlagzeilen und zusätzliche Zuschauer
       bescheren könnte. Allerdings wäre er gar nicht so einfach umzusetzen, weil
       diverse NBA-Regularien ausgesetzt oder umgangen werden müssten, damit ein
       Teambesitzer für die eigene Mannschaft auflaufen kann. Aber dem vom Ehrgeiz
       zerfressenen Jordan, der kaum eine Gelegenheit auslässt, der heutigen
       Spielergeneration Können und Leidenschaft abzusprechen, wäre es sicher
       zuzutrauen, sich noch einmal beweisen zu wollen gegen seine Nachfolger.
       
       Als er 2009 in die Hall of Fame aufgenommen wurde, sagte er in seiner Rede:
       „Vielleicht werden wir das noch erleben, dass ich mit 50 Basketball
       spiele.“ Als das Publikum lachte, schob Jordan nach: „Sag niemals nie.“
       Will er seinen eigenen Zeitplan einhalten, muss er sich aber sputen: Im
       kommenden Februar wird Michael Jordan 51.
       
       20 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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