# taz.de -- taz-Sportler über Ressortgründung: „Die Bayern wurden weggelassen“
       
       > Tonio Milone, taz-Sportler der allerersten Stunde, über Männerzeugs, eine
       > heftig reagierende Frauenredaktion und den Blick auf Randsportarten.
       
 (IMG) Bild: „Eine kühne Idee“: Tonio Milone im Geldscheinregen
       
       taz: Herr Milone, warum gab es nicht gleich seit der Gründung der taz im
       Jahre 1979 eine Sportseite? 
       
       Tonio Milone: Das hing mit dem Anspruch zusammen, täglich eine linke
       radikale Zeitung zu produzieren. Und da war der Sport kein politisches
       Thema. Wichtig waren Öko, Anti-AKW, Antifa, die Frauenbewegung, RAF oder
       zentralamerikanische Befreiungsbewegungen.
       
       Sport galt als boulevardesk? 
       
       Ja, als Biertischthema. Männerzeugs halt. Eine Sportseite war bei der
       Gründung der Zeitung gar keine Option.
       
       Trotzdem ist der Sport gut drei Jahre später auf die Agenda gekommen. 
       
       Damals hatte die Zeitung ja nur 12 Seiten. Die Redaktion hatte riesige
       Halden. Sie schob viele unveröffentliche Artikel vor sich her. Es war
       schlichtweg zu wenig Platz für all die Texte. Es gab täglich einen
       erbitterten Kampf um den Platz in der Zeitung. Selbst über Kurzmeldungen
       wurde heftig gestritten.
       
       Und was hinten runterfiel, das waren die Sportmeldungen? 
       
       Die hatte man zunächst gar nicht auf den Schirm. Aber es gründete sich dann
       eine taz-Fußballmannschaft, die im Humboldthain in Berlin-Wedding kickte.
       In dieser Gruppe wurde die Idee geboren: Mensch, wir müssten eine
       Sportseite gründen.
       
       Wer gehörte zu den Gründern? 
       
       Der harte Kern, das waren Manfred Kriener, Thömmes (Norbert Thomma), Uli
       Kulke, Matti Lieske und Peter Huth. Unter den Setzern und Layoutern waren
       auch einige Sportfans. In diesem Kreis wurde die Idee geboren.
       
       Für die taz eine sehr kühne Idee. 
       
       Ja, sehr kühn. In der Redaktion hätte man nie und nimmer eine Mehrheit
       dafür kriegen können, weil niemand etwas an den Sport abgeben wollte. Aber
       damals war es noch so, dass beim sogenannten Mittwochsplenum alle rumsaßen,
       Setzer, Layouter, Redakteure, Büroleute. Die stimmten einfach mit ab,
       gleichberechtigt. Durch die Unterstützung aus den nichtredaktionellen
       Bereichen konnte sich dann eine Mehrheit bilden – gegen heftigsten
       Widerstand natürlich.
       
       Wer war dagegen? 
       
       Am heftigsten reagierte die Frauenredaktion. Die fanden das total daneben.
       Es gab Schreierei und Tränen.
       
       Welche Argumente wurden ins Feld geführt? 
       
       Sport sei völlig unpolitisch. Dieses Stammtischgelaber brauchen wir nicht
       auch noch in der Zeitung, das gebe es schon genug.
       
       Und womit haben die taz-Sport-Gründer geworben? 
       
       Dass ein breites Interesse in der Leserschaft da ist. Dass man auch anders
       an den Sport herangehen kann. Dass eine Zeitung nicht nur Politik, sondern
       auch andere Massenphänomene abbilden muss. Und dann kam tatsächlich am 3.
       Oktober 1983 an einem Montag diese Seite, eine pro Woche. Mehr war erstmal
       nicht drin.
       
       Wie groß war der Argwohn dieser Seite gegenüber? 
       
       Der war gewaltig. Alle sagten, das passe nicht zum taz-Anspruch. Da würde
       es einen Aufstand der Leser geben.
       
       Fand der tatsächlich statt? 
       
       Eigentlich nicht. Die Seite hatte sofort eine glückliche Hand in der
       Konzeption, weil es gleich witzig wurde, allein schon der Begriff
       „Leibesübungen“. Es gab Rubriken wie den „Press-Schlag“. Und das Motto von
       Turnvater Jahn – frisch, fromm, fröhlich, frei – haben wir umgewandelt in:
       Fisch, krumm, ölig, high. Charakteristisch war damals auch, dass die
       Sportseite offensichtlich voreingenommen berichtet hat. Die Macher waren
       alle gegen Bayern München. Der Klub wurde gern mal in der Tabelle
       weggelassen. Es gab auch einen besonderen Blickwinkel, zum Beispiel auf
       Randsportarten. Den ironisch-kommerzkritischen Ton hat man von Anfang an
       angeschlagen.
       
       War der taz-Sport damit vielleicht sogar stilbildend? 
       
       Ja, das kann man sagen. Mittlerweile ist ja selbst die spröde Sportschau
       witzig geworden. Da hat die taz wie in vielen Bereichen auch eine kleine
       Vorreiterrolle gehabt.
       
       Wann war die Sportseite im Haus etabliert? 
       
       Oh, die nachtragenden Widerstände gab es noch lange. Das nahm erst langsam
       ab. Die Sportredakteure waren noch lange die unpolitischen Clowns, die
       ihren Freizeitspaß ausleben. Aber die Leser haben sich gefreut.
       
       18 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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