# taz.de -- Israel reagiert auf US-Kritik: Netanjahu stoppt Siedlungsbau
       
       > Kehrtwende: Kurz nach ihrer Bekanntgabe werden die israelischen
       > Siedlungspläne zurückgenommen. Netanjahu will die Atomgespräche mit dem
       > Iran nicht gefährden.
       
 (IMG) Bild: Die israelische Har-Gilo-Siedlung im Westjordanland.
       
       JERUSALEM afp/dpa/ap | Kurz nach der Ankündigung neuer Siedlungsbaupläne im
       Westjordanland hat Israel nach heftiger Kritik auch aus den USA vorerst
       gestoppt. Bauminister Uri Ariel sei angewiesen worden, die Pläne für 20.000
       zusätzliche Wohnungen im Westjordanland zu überprüfen, teilte das Büro von
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstagabend mit. Die
       Palästinenserführung hatte zuvor mit einem Abbruch der Friedensgespräche
       gedroht.
       
       Die 20.000 Wohnungen leisteten „keinen Beitrag“ zur Siedlungspolitik und
       schadeten nur der Sache, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am
       Dienstag. Im Übrigen hätten die angekündigten Wohnungsprojekte „unnötige
       Konflikte“ mit der Weltgemeinschaft nach sich gezogen, zumal zu einem
       Zeitpunkt, an dem Israel im Bemühen um ein Ende des iranischen
       Atomprogramms den Druck auf Teheran zu erhöhen versuche.
       
       Hauptziel sei, den Iran von der „Fortsetzung seines militärischen
       Atomprogramms abzuhalten“, erklärte Netanjahu. Israel versucht derzeit,
       eine von ihm als zu weitgehend betrachtete Einigung zwischen Teheran und
       den UN-Vetomächten plus Deutschland über das iranische Atomprogramm zu
       verhindern.
       
       Der Generalsekretär der israelischen Bürgerrechtsgruppe Frieden Jetzt,
       Jariv Oppenheimer, sagte der Nachrichtenagentur AFP, bei den Plänen habe es
       sich zwar nur um die erste Genehmigungsphase gehandelt, die Regierung habe
       aber bereits 15 Millionen Schekel (gut drei Millionen Euro) für das Projekt
       freigegeben. Noch nie seien so viele Wohnungen parallel in den
       Palästinensergebieten geplant worden, sagte Oppenheimer.
       
       ## Sensible E1-Zone
       
       Noch am Dienstagabend hatte Ariels Ministerium erklärt, den möglichen Bau
       von tausenden neuen Wohnungen im Westjordanland prüfen zu lassen.
       Architekturbüros seien zudem beauftragt worden, die Umsetzbarkeit
       langfristiger Pläne für die landesweite Errichtung von insgesamt 600.000
       neuen Wohnungen zu analysieren, um Engpässe auf dem Wohnungsmarkt
       abzufedern.
       
       Ministerpräsident Netanjahu, dem die aktualisierten Planungen am Dienstag
       vorgestellt wurden, habe zunächst nur gegen einen 1.200 Wohnungen
       betreffenden Teilplan in der besonders sensiblen E1-Zone östlich von
       Jerusalem ein Veto eingelegt, berichtete Frieden Jetzt. Dies bestätigte ein
       hochrangiger Regierungsvertreter.
       
       Die gut ein Dutzend verschiedenen Bauvorhaben liegen in oder in der Nähe
       von bestehenden israelischen Siedlungen im Norden des Westjordanlands, im
       Siedlungsblock Gusch Ezion südlich von Bethlehem und in Maale Adumim
       östlich von Jerusalem, einer Großsiedlung, die bereits 40.000 Einwohner
       zählt.
       
       Sollte Israel an seinen Plänen festhalten, „wäre dies die offizielle
       Ankündigung des Endes für den Friedensprozess“, sagte der Chefunterhändler
       von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Sajeb Erakat, der
       Nachrichtenagentur AFP. Abbas habe ihn damit beauftragt, diese Botschaft
       dem Nahost-Quartett aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, USA und
       Russland sowie der Arabischen Liga zu überbringen. Die Palästinenserführung
       werde sich möglicherweise auch an den UN-Sicherheitsrat wenden.
       
       ## Völkerrechtswidrige Pläne
       
       US-Außenminister John Kerry hatte Ende Juli die drei Jahre blockierten
       direkten Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern
       wieder in Gang gebracht. Nach mehreren Treffen treten die Gespräche aber
       derzeit auf der Stelle. US-Außenminister John Kerry hatte in der
       vergangenen Woche während einer dreitägigen Vermittlungsmission in Nahost
       den israelischen Siedlungsausbau ungewöhnlich scharf als
       „völkerrechtswidrig“ kritisiert.
       
       US-Außenamtssprecherin Jennifer Psaki sagte am Dienstag, Washington sei
       wegen der Pläne „überrascht“ und „zutiefst besorgt“. Die US-Regierung sei
       von Israel nicht vorab über das Siedlungsprojekt unterrichtet worden.
       „Unsere Position zu Siedlungen ist ziemlich klar – wir akzeptieren die
       Zulässigkeit anhaltender Siedlungsaktivität nicht“, fügte sie hinzu. „Wir
       haben beide Seiten zu Schritten aufgerufen, um eine positive Atmosphäre für
       die Verhandlungen zu schaffen.“
       
       Die Palästinenser beanspruchen die von Israel besetzten Gebiete im
       Westjordanland, Ostjerusalem und dem Gazastreifen für einen eigenen Staat.
       Inzwischen leben aber schon 500.000 Israelis im Westjordanland und
       Ostjerusalem. Die Siedlungen werden international als illegal kritisiert.
       
       Ob die jüngste Kehrtwende Israels dem erlahmten Nahostfriedensprozess nun
       Auftrieb gibt, ist ungewiss. Der palästinensische Chefunterhändler Erekat
       sagte, beide Seiten hätten seit der vergangenen Woche nicht mehr
       miteinander gesprochen.
       
       13 Nov 2013
       
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