# taz.de -- TV-Sender aus Israel: Der Al-Dschasira-Antipode
       
       > Der Nachrichtensender i24 will einem internationalen Publikum „die
       > Wahrheit" über Israel verkünden. Dabei verheddert er sich in Propaganda.
       
 (IMG) Bild: Da geht‘s lang: Nachrichtenredakteur Jeff Abramowitz im Newsroom von i24.
       
       TEL AVIV taz | Gleich die erste Sendeminute beginnt mit einem
       diplomatischen Schlag für den israelischen Premierminister Netanjahu: „Die
       EU verbietet künftig, israelische Firmen in den Siedlungen in den
       palästinensischen Gebieten zu finanzieren“, trägt der Nachrichtensprecher
       vor. Für i24 ist das eine wichtige Meldung. Denn der neue israelische
       Nachrichtenkanal will bloß nicht den Eindruck erwecken, unkritisch über
       israelische Politik zu berichten.
       
       Seit Juli sendet i24 über Satellit nach Europa, Amerika, Afrika und in die
       arabische Welt. 24 Stunden täglich berichtet der Sender auf Englisch,
       Französisch und Arabisch, allerdings nicht auf Hebräisch. Denn i24 richtet
       sich an ein internationales Publikum, erzählt Senderchef Frank Melloul.
       „Der Sender wurde gegründet, um die Wahrheit über Israel zu zeigen.“
       
       Viele internationale Sender würden einseitig über den Nahostkonflikt
       berichten, sagt der Franzose und fügt mit großer Geste hinzu: „Deswegen
       wurde es Zeit für eine andere Stimme.“ Die Wahrheit der Einseitigkeit
       entgegenstellen – im Geflecht der Interessen im Nahen Osten ist das ein
       vermessener Anspruch.
       
       30 Prozent der Nachrichten sollen aus der Region kommen, 70 Prozent aus dem
       Rest der Welt. Dass der Sender dabei auf Französisch setzt, hängt mit den
       Geldgebern zusammen. Patrick Drahi, ein französisch-israelischer
       Unternehmer, beteiligt an großen Kabelanbietern, finanziert den Sender.
       Drahi äußert sich nicht zu Zahlen, Medien spekulieren über 20 Millionen
       Euro.
       
       ## Arabische Moderatorin
       
       Dafür hat er ein Studio in einem Einkaufs- und Restaurantkomplex in Jaffa
       im Süden Tel Avivs bauen lassen, hat 160 Mitarbeiter aus der ganzen Welt
       rekrutiert. Bei i24 geht zum ersten Mal in Israel eine arabische
       Nachrichtensprecherin zur Primetime on air – eine Sensation im israelischen
       Fernsehen, wo die arabischen 20 Prozent der Bevölkerung kaum präsent sind.
       
       „Ein Nachrichtensender kann nur seriös sein, wenn er privat finanziert
       ist“, behauptet Senderchef Melloul. „France24, BBC, Russia Today sind alle
       von den jeweiligen Landesregierungen finanziert. Wie wollen die denn
       objektiv berichten?“
       
       Melloul übergeht dabei vollkommen, dass Kontrollgremien bei
       öffentlich-rechtlichen Sendern Staatsferne garantieren sollen. Trotzdem:
       Die politische Meinung der Geldgeber soll bei i24 keine Rolle spielen. Den
       Beweis bleibt Melloul schuldig.
       
       Im Nahen Osten ist bisher Al-Dschasira marktführend. Auch der Sender aus
       Katar ist staatlich finanziert – durch den Scheich des Emirats. Weltweit
       über Satellit empfangbar sind ein arabisches und ein englisches Programm.
       Dem will i24 eine starke Stimme entgegensetzen. Deswegen sendet man fünf
       Stunden am Tag auf Arabisch.
       
       Den Vergleich zu Al-Dschasira weist Frank Melloul dennoch zurück:
       „Al-Dschasira wurde aufgebaut, um die Leute zu unterhalten. i24 will
       informieren.“ Nach Angaben von Melloul sitzen knapp 10 Prozent der
       Zuschauer von i24 in Ägypten, Saudi-Arabien und Tunesien. „Die Leute haben
       die Nase voll von der effekthascherischen Berichterstattung von
       Al-Dschasira“, glaubt Melloul. Doch mit seinen weltweit etwa 80.000
       Internetzuschauern pro Woche ist i24 im Vergleich zu seinem arabischen
       Konkurrenten ein Zwergensender: Al-Dschasira wird täglich von 35 Millionen
       Menschen gesehen.
       
       ## Einseitige Berichterstattung
       
       In der Tat berichtet Al-Dschasira teilweise tendenziös und mit einem
       antisemitischen, antiamerikanischen Grundton. Immer wieder wird dem Sender
       Nähe zur ägyptischen Muslimbruderschaft unterstellt. Von einer ausgewogenen
       Berichterstattung ist allerdings auch i24 weit entfernt.
       
       Als beispielsweise Ende August UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Israel
       besuchte, stellten internationale, deutsche und arabische Medien in den
       Vordergrund, wie heftig Ban Ki Moon den israelischen Siedlungsbau
       kritisierte.
       
       Bei i24 erzählte stattdessen eine Reporterin, wie gern Ban Ki Moon sich an
       seine Israelaufenthalte erinnere und wie sehr er das Land liebe. Als etwa
       zur gleichen Zeit Syrien Raketen auf die Golanhöhen abschoss, verlor i24
       kein Wort darüber, dass auch Israel gegen Syrien geschossen hatte.
       Internationale Newsportale erwähnten das hingegen übereinstimmend.
       
       Zwischen den politischen Nachrichten und Diskussionsrunden könnte man immer
       mal wieder glauben, einen Reisesender eingeschaltet zu haben. Da springt
       eine hübsche Reporterin durch einen buntem Kibbuz und zieht andernorts
       lächelnde, zufriedene Palästinenser vor die Kameras. Kaum ein kritisches
       Wort über Flüchtlingslager, über die Diskriminierung von Palästinensern und
       Drusen und deren zunehmende Vertreibung.
       
       Frank Melloul wiegelt ab: Ein Nachrichtensender könne nicht immer nur
       Grausames zeigen. Es müsse auch Platz für die vielen schönen Seiten des
       Landes im Programm geben.
       
       In den Zugriffszahlen auf die App von i24 sieht er sich bestätigt: 10.000
       Mal wurde sie allein in den ersten drei Tagen runtergeladen. Ab Ende des
       Jahres soll der Sender auch in Deutschland empfangbar sein.
       
       9 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Fromm
       
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