# taz.de -- Umweltschutz als Kündigungsgrund: Costa Rica feuert Klimaunterhändlerin
       
       > Das Land gilt als „grüne Schweiz Mittelamerikas“. Aber nun hat Costa Rica
       > seine Klima-Unterhändlerin rausgeworfen – weil sie gegen eine
       > Ölraffinerie protestiert.
       
 (IMG) Bild: Zum Streik in Costa Ricas Hauptstadt San José hat dieser Mann seinen geliebten Hahn mitgebracht
       
       WARSCHAU taz | Herzlicher Applaus begleitet René Castro Salazar, als er im
       ehrwürdigen Europasaal des Auswärtigen Amtes in Berlin vor etwa 200
       Zuschauer tritt. Es geht an diesem 24. Oktober um die kommende
       Klimakonferenz in Warschau. Der Umweltminister von Costa Rica steht vor dem
       deutschen Publikum als leuchtendes Beispiel für den Ökokurs eines
       Entwicklungslandes. Salazar macht charmante Witze über sein gebrochenes
       Englisch und hantiert mit einem leicht chaotischen PowerPoint-Vortrag zu
       einer „grünen Bank“, die Klimaschutz durch Aufforstung voranbringen soll.
       „Ich bewundere Ihr Land“, sagt danach ein Gast auf dem Podium.
       
       Diese Begeisterung für die „grüne Schweiz Mittelamerikas“ unter
       Umweltschützern hat jetzt deutliche Kratzer bekommen. Der Ökovorreiter
       plant nicht nur, zusammen mit einer chinesischen Ölfirma über eine
       Milliarde Dollar für eine neue Ölraffinerie auszugeben. Der freundliche
       Herr Salazar hat auch eine der profiliertesten Verhandlerinnen der
       Entwicklungsländer bei den Klimakonferenzen aus seiner Delegation gefeuert:
       Monica Araya. Hochrangige Verhandler in Warschau sagen, sie habe einen
       großen Anteil daran gehabt, immer wieder Brücken zwischen Entwicklungs- und
       Industrieländern zu bauen.
       
       Die Ökonomin Araya hat die Planungen für die Ölraffinerie in der Stadt
       Limon an der Karibikküste offen kritisiert und war bereits im Juni gefeuert
       worden. Kurz vorher hatte sie kritische Interviews gegeben. Araya erklärte
       in einem offenen Brief an den Minister, das Raffinerieprojekt gefährde die
       Tradition einer sauberen Entwicklung Costa Ricas. „Es passt nicht zur
       Strategie unseres Landes“, sagt Araya zur taz.
       
       „Wir brauchen Investitionen im öffentlichen Verkehr und sollten das Geld
       nicht für eine Raffinerie ausgeben, die nach einer Studie unseres
       Rechnungshofs niemals rentabel sein wird.“ Araya und andere Umweltschützer
       fürchten, dass die Regierung nun wieder Ölbohrungen erlauben könnte.
       William Alpizar, Chef der Delegation in Warschau, beteuert gegenüber der
       taz, Costa Rica suche weiter nach „Lösungen für den Verbrauch von fossilen
       Treibstoffen, sonst werden die Emissionen steigen, egal wo sie raffiniert
       werden“. Der Bau der Raffinerie allerdings habe „mehr mit Energiesicherheit
       als mit Klimawandel zu tun“.
       
       ## Seltener Lichtblick
       
       Dabei gilt Costa Rica seit Jahrzehnten als einer der wenigen Lichtblicke in
       der internationalen Umwelt- und Klimapolitik. Das Vier-Millionen-Volk hat
       nicht nur die Armee abgeschafft, sondern auch auf nachhaltige Entwicklung
       gesetzt. Die Bundesregierung nennt es ein „Musterland mit strenger
       Gewaltenteilung“, das „auch in Sachen Umweltschutz vorne liegt“. Denn: „Die
       Erhaltung seiner nationalen Naturschutzzone genießt oberste Priorität“,
       heißt es in eine Broschüre der Bundesregierung.
       
       Die Chefin des UN-Klimasekretariats UNFCCC und oberste Leiterin aller
       Klimagipfel, Christiana Figueres, stammt aus dem Land und war lange selbst
       Klimadelegierte von Costa Rica – ihr Vater war der Staatspräsident, der
       1948 die Armee auflöste. Tatsächlich hat das Land früh begonnen, die
       massive Waldzerstörung zu stoppen und den Wald zu retten. Am Beginn des 20.
       Jahrhunderts stand der einst üppige Regenwald auf 21 Prozent der
       Landesfläche, jetzt sind es wieder über 50 Prozent.
       
       Ein Viertel der Landesfläche steht unter Naturschutz, 90 Prozent des Stroms
       kommt aus erneuerbaren Quellen und das Land arbeitet daran, 2021
       klimaneutral zu sein. Es gilt in den Klimaverhandlungen als Vermittler
       zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Costa Rica wird von allen
       Seiten gelobt und mit Fördermitteln ausgestattet. Erst im September hatte
       das Land mit der Weltbank eine Vereinbarung angeschoben, die ihm im
       Gegenzug für effektiven Waldschutz bis zu 63 Millionen Dollar zusichert.
       
       Unter den Klimadiplomaten wird Arayas Fehlen bedauert. „Sie ist eine
       unglaublich taffe, engagierte Klimaschützerin, die für die Sache und nicht
       für eine Ideologie kämpft“, sagt ein hochrangiger Verhandler. Gleichzeitig
       hatte Araya die lateinamerikanischen Länder organisiert und galt als
       zentrale Figur für Fortschritte in den Verhandlungen. „Wir sehen das oft“,
       sagt der Verhandler, „wenn es hart auf hart kommt, gelten wirtschaftliche
       Interessen mehr als der Schutz der Umwelt.“
       
       18 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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