# taz.de -- Unternehmerische Verantwortung: 160 Seiten Missstände
       
       > Task-Force stellt fest: Die Papenburger Meyer-Werft hat über die prekäre
       > Lage ihrer Werkvertragsarbeiter großzügig hinweggesehen.
       
 (IMG) Bild: Blick in die Meyerwerft: Luxus-Schiffe schrauben für Armutslöhne.
       
       HANNOVER taz |Kurz nach dem Tod zweier rumänischer Werkvertragsarbeiter bei
       einem Brand in einer Massenunterkunft wurde sie eingesetzt. Am Dienstag nun
       hat die so genannte Task Force ihren ersten Bericht zur Situation der
       Werkvertragsbeschäftigten beim Papenburger Schiffbauer Meyer-Werft
       vorgelegt.
       
       Auf 160 Seiten schildert das Expertengremium, beauftragt von der Werft in
       Abstimmung mit Niedersachsens Wirtschaftsministerium, die prekäre Lage der
       meist osteuropäischen Arbeitskräfte: Über 12 Stunden hätten sich die
       Leihkräfte der 21 überprüften Personaldienstleister in der Regel auf der
       Werft aufgehalten.
       
       ## 23,55 Stunden-Schichten
       
       Im Einzelfall sogar bis zu 23,55 Stunden, eingesetzt in Doppelschichten,
       wie die Task Force schreibt, der Niedersachsens einstiger Justizminister
       Walter Remmers (CDU), die Meyer-Geschäftsführung, der Betriebsrat und die
       Gewerkschaft IG Metall angehören.
       
       Wie solche Einsätze bezahlt wurden, bleibt unterdessen auch für das Gremium
       undurchsichtig: Es hatte nur unvollständige Lohnunterlagen vorliegen.
       Vertraglich festgehalten seien mit den Werkvertragsunternehmen meist die
       Konditionen der Herkunftsländer.
       
       ## Quittieren unter Zwang
       
       Für rumänische Arbeiter etwa, die im Rahmen der EU-weiten
       Dienstleistungsfreiheit entsendet wurden, gelte rumänisches Arbeitsrecht:
       Monatlicher Mindestlohn 173,80 Euro plus 35 bis 50 Euro Tagespauschale für
       eine 40-Stunden-Woche. Was tatsächlich gezahlt wurde, lässt sich kaum
       rekonstruieren: So wurden Arbeiter teils angewiesen, nach Barauszahlungen
       ihre Unterschrift unter Quittungen zu setzen, die mit weißen Blättern
       verdeckt waren.
       
       Methoden wie diese würden aus „Angst und Unsicherheit“ akzeptiert, heiß es
       in dem Papier. Unliebsame Beschäftigte würden entweder ins Herkunftsland
       zurückgeschickt oder ihnen drohe bei Kündigung Obdachlosigkeit: Häufig
       stellten die Unternehmen auch die Unterkunft. In einem Fall sei ein
       Arbeiter ohne Geld am Bahnhof Oldenburg ausgesetzt worden – und habe eine
       Woche festgesessen, bis Geld von seiner Familie eintraf.
       
       Ein Klima, das die Recherchen der Task Force nicht eben erleichtert hat:
       Die Werkvertragsbeschäftigten seien „sehr zurückhaltend“ gewesen. In einem
       Fall kriegten Beschäftigte während eines Gesprächs mit dem Betriebsrat
       Drohanrufe vom Chef. Auch der Betriebsrat indes bekam nahe gelegt, er solle
       aufpassen, was er sage – „es seien Bilder von ihm gemacht worden“.
       
       ## Herr Meyer wusste natürlich von nichts
       
       Die Meyer-Werft selbst will von derlei lange nichts gewusst haben. Die
       Werft hat zwar keine direkte vertragliche Verantwortung für die rund 1.500
       bei Sub- und Sub-Sub-Unternehmen angestellten Menschen. Den Problemen, über
       die Medien monatelang berichteten, wurde aber aus Sicht der Task Force „im
       Rahmen der allgemeinen sozialen Verantwortung viel zu wenig Aufmerksamkeit
       geschenkt“.
       
       Konsequenzen zog der Schiffbauer erst nach dem tödlichen Brand im Juli:
       Wochen später legte er eine Sozialcharta gegen Lohndumping und
       Diskriminierung vor. Zudem schloss er mit Betriebsrat und IG Metall einen
       Tarifvertrag für Werkvertragsarbeiter, der 8,50 Euro Stundenlohn und
       Mindeststandards bei der Unterbringung vorsieht.
       
       ## Auch Kommunen gucken weg
       
       Aber auch die Kommunen, bei denen die Arbeiter zumeist gemeldet sind,
       hätten den „kritischen Wohnbedingungen“ und „eventuellen Überbelegungen“ in
       den Unterkünften „keine Aufmerksamkeit geschenkt“, schreiben die Experten.
       Inzwischen werden Ordnungs- und Baurecht häufiger kontrolliert, das Land
       hat einen Erlass zur Gebäudesicherheit angekündigt.
       
       Bis ins Frühjahr 2014 setzt die Task Force ihre Arbeit fort. Das dürfte
       nötig sein: Laut dem Bericht sanken nach dem Brand zwar die Einsatzzeiten.
       Aber auch im August verbrachte fast die Hälfte der Arbeiter mehr als zehn
       Stunden täglich auf der Werft.
       
       26 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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