# taz.de -- Die Wahrheit: Licht im Dinkel
       
       > Ja, er kommt! Der erste vollwertige Fernwanderweg Deutschlands führt von
       > Dinkelscherben nach Dinklage.
       
 (IMG) Bild: Echt vollwertig: Das Logo des Dinkelweges hat Schmackes.
       
       Friedemann Staudinger lehnt sich behaglich in seinen Chefsessel zurück. Der
       agile Fremdenverkehrsbeauftragte der Stadt Dinkelsbühl hat allen Grund zum
       Strahlen. Heute hat er ein lange verfolgtes Projekt buchstäblich „auf den
       Weg“ gebracht – gegen erbitterten Widerstand am Ort, in der Region, ja
       deutschlandweit.
       
       Doch jetzt kommt er, der Dinkelweg. Ein touristischer Themenweg, der die
       sechs deutschen „Dinkelgemeinden“ Dinkelscherben, Dinkelshausen,
       Dinkelsbühl, Dinkelberg, Dinklar und Dinklage von Bayerisch Schwaben bis
       Norddeutschland wie eine Perlenkette verknüpft. Oder, in Friedemann
       Staudingers Worten, „sich wie ein funkelndes Juwelencollier an den Busen
       Germanias schmiegt“.
       
       Woher kommt seine Leidenschaft für die unscheinbare Feldfrucht? Ein
       handgestickter Sinnspruch von Hildegard von Bingen, der hinter seinem
       Schreibtisch an der Bürowand prangt, gibt ersten Aufschluss: „Dinkel ist
       das wertvollste Getreide. Es macht heiter und gibt die Gabe des Frohsinns.“
       Dies scheint tatsächlich das Lebensmotto des gut gelaunten 44-jährigen
       Familienvaters und begeisterten Modelleisenbahners zu sein. Er bietet dem
       Gast ein süffiges, naturtrübes Dinkelbier aus der ehrwürdigen
       Benediktinerabtei Plankstetten an und entfaltet in bedächtiger Beredsamkeit
       das Panorama seiner touristischen Vision.
       
       „Die Gemeinden unseres Markenverbunds sind bislang doch eher die
       Mauerblümchen des deutschen Fremdenverkehrs gewesen. Gegen die Romantische
       Straße, die Burgen am Rhein oder die König-Ludwig-Schlösser im Alpenvorland
       konnten wir nie und nimmer ankommen. Die D-Towns, wie wir sie nennen,
       tauchten in den Hochglanzprospekten der japanischen, amerikanischen oder
       chinesischen Reiseveranstalter schlichtweg nicht auf. Das soll nun endlich
       anders werden.“
       
       Ein Touristenmagnet ähnlich dem Jakobsweg, so sieht Staudinger die Zukunft
       des Dinkelwegs. Anziehungspunkt für die weltweite Gemeinde der
       Weitwanderer. Da der sanfte Tourismus seit Jahren boomt, könnte Staudingers
       Rechnung aufgehen. Erste Buchungszahlen geben jedenfalls Anlass zu den
       allerschönsten Hoffnungen. Und in den D-Städten wird schon fieberhaft an
       der gezielten Verbesserung der Infrastruktur gearbeitet. So sollen für die
       meist ernährungsbewussten Naturfreunde Raststationen eingerichtet werden,
       wo sie sich mit regionaltypischen Dinkelspezialitäten stärken können.
       Top-Events wie die alljährliche Wahl der Dinkelkönigin werden sicherlich
       Heerscharen von Ökotouristen nach Dinklage locken.
       
       ## Versöhnung von Hightech und Natur
       
       Aber es gibt auch Pioniere der Dinkel-Promotion, die sich mit diesen eher
       behäbigen touristischen Konzepten nicht zufriedengeben wollen. Leute etwa
       wie Robert Penske aus Dinklar, den seine zahlreichen Anhänger nicht umsonst
       „His Dinkelness“ nennen. Der umtriebige Tatmensch hält sich als erster
       Vorsitzender der Deutschen Dinkel-Liga nicht lange mit Dinkelbratlingen und
       Dinkelkaffee auf. Er denkt groß: „Nur mit kühnen Visionen können wir eine
       angemessene Wertschätzung dieses Wunderkorns in der Gesellschaft
       verankern.“ Und welche Projekte sind da schon angedacht?
       
       Penske „schwebt“ eine Versorgung der Wanderer mithilfe von Drohnen vor – so
       könnte zum Beispiel das Gepäck von einem Rastplatz zum nächsten geflogen
       werden –, und die Naturliebhaber könnten unbeschwert ausschreiten. Die
       Versöhnung von Hightech mit nachhaltigem Naturerlebnis, das ist Penskes
       Schlüsselidee. Der Mann steht mächtig unter Strom. Seine unbändige Energie,
       sein leidenschaftliches Streben nach einer vollwertigeren Gesellschaft
       lässt keine Dinkelpause zu. „Wir müssen raus aus unserem selbstgewählten
       Elfenbeinturm der Öko-Esoterik. Hin zum Mann von der Straße.“
       
       Dass dies Vorhaben nicht ganz einfach zu verwirklichen sein wird, zeigt die
       steigende Zahl an Wutbürgern, die in den D-Towns gegen den geplanten
       Dinkelweg und eine befürchtete „Invasion der Körnerfresser“ mobilmachen.
       Sicher, die Anzahl der offen protestierenden, „eingefleischten“
       Dinkelgegner hält sich noch in Grenzen. Allerdings, das räumt auch Robert
       Penske ein, könnte ihre Dinkelziffer sehr hoch liegen.
       
       29 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rüdiger Kind
       
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