# taz.de -- Kontroverse um Gefängnis-Neubau: Wegsperren ja, aber bitte nicht hier
       
       > In Zwickau soll eine Justizvollzugsanstalt mit 820 Plätzen entstehen.
       > Beim Bürgerprotest gegen das Projekt mischt auch die AfD mit.
       
 (IMG) Bild: Resozialisierung möglich? Thüringer JVA Hohenleuben
       
       DRESDEN taz | Das sächsische Zwickau hat in den letzten Wochen des
       abgelaufenen Jahres nicht nur darüber diskutiert, inwieweit die Stadt als
       letzter Wohnsitz von Beate Zschäpe eine indirekte Mitverantwortung für den
       NSU-Terror trägt. Im November kam es auch zu einem regelrechten
       Bürgeraufstand gegen den geplanten Neubau eines Großgefängnisses im
       Ortsteil Marienthal. Dagegen hatte eine Bürgerinitiative mehr als 10.000
       Unterschriften gesammelt.
       
       Sachsen und Thüringen wollen in Zwickau gemeinsam eine
       Justizvollzugsanstalt mit 820 Haftplätzen bauen. Die beiden Bundesländer
       verhandeln seit Jahren über das bislang größte Projekt einer
       Zusammenarbeit, die sonst im mitteldeutschen Raum eher schleichend
       vorankommt. Insbesondere Thüringen hat großes Interesse an einer Entlastung
       seiner teils überalterten Haftanstalten.
       
       Gefängnisse wie das 1897 errichtete im dreißig Kilometer entfernten
       Hohenleuben gelten als kaum noch sanierungsfähig. „Hafträume, die mit bis
       zu sechs Gefangenen belegt sind, erlauben keine vernünftige
       Resozialisierung“, erklärte Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger
       (SPD). Trotz der hohen veranschlagten Neubaukosten von 150 Millionen Euro
       rechnen beide Länder mit Einsparungen durch Synergieeffekte gegenüber
       separaten Bauten.
       
       Der sprichwörtliche Angstbürger, den es nicht nur in Zwickau gibt, äußerte
       daraufhin in Einwohnerversammlungen seine Befürchtungen. Mütter erwägen,
       ihre Kinder in anderen Kindertagesstätten unterzubringen, die Angst vor
       Freigängern oder gar Ausbrechern geht um, Eigenheimbesitzer befürchten
       fallende Grundstückswerte.
       
       Erklärungen des sächsischen Justizministeriums konnten offenbar nicht
       beruhigen. Denn in Zwickau sollen keine Schwerstkriminellen, sondern nur
       mit maximal fünf Jahren Freiheitsentzug bestrafte Täter einsitzen. 2012
       kehrten in ganz Sachsen nur fünf Gefangene einmal nicht aus dem offenen
       Vollzug zurück, ebenso wenige brachen aus einer JVA aus. Das entspricht
       einer Quote von 0,02 Prozent.
       
       ## Bürgerinitiative fühlt sich übergangen
       
       Am 17. Dezember unterzeichneten Sachsen und Thüringen endgültig den
       Bauvertrag. Zum Jahresende wurden damit auch die Grundstücksverträge mit
       der Stadt wirksam. Der Zwickauer Stadtrat, der zuvor schon den Verträgen
       zugestimmt hatte, lehnte kurz vor Weihnachten in einer Sondersitzung einen
       Bürgerentscheid zum JVA-Neubau ab. Dadurch fühlt sich die Bürgerinitiative
       düpiert und zweifelt die Rechtmäßigkeit der Verträge an, weil sie noch
       während des laufenden Bürgerbegehrens geschlossen wurden. BI-Sprecher Lutz
       Reinhold kündigte Widerspruch an.
       
       Zu den maßgeblichen Gegnern der JVA gehört auch der Zwickauer AfD-Chef Sven
       Itzek. Der Makler sieht für den Bau auf dem kontaminierten Gelände des
       ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks weit höhere Kosten auf den
       Steuerzahler zukommen.
       
       AfD-Landesvorstandssprecher Thomas Hartung versicherte aber, es handele
       sich um den privaten Einsatz eines Mitglieds zu einem lokalen Thema und
       nicht um die „Parteilinie“. Gleichwohl nehme man beim anstehenden
       Kommunalwahlkampf Bürgerthemen auf. Auch das sächsische Justizministerium
       will mit den Bürgern im Dialog bleiben, obschon man dort keinerlei
       Hindernisse für den Beginn der Bauplanungen mehr sieht.
       
       3 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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