# taz.de -- Politischer Aktivismus weltweit: Der Silberstreifen Zivilgesellschaft
       
       > Die globalen Bürgerproteste werden nach Einschätzung der
       > Bertelsmann-Stiftung noch lange andauern. Armut, Autokratie und religiöse
       > Dogmen trügen dazu bei.
       
 (IMG) Bild: Bürgerproteste wie hier in Südafrika dienen der globalen Demokratisierung.
       
       BERLIN rtr | Auseinandersetzungen auf den Straßen Thailands und in der
       Ukraine, Revolten in Ägypten und in nordafrikanischen Staaten: Nach
       Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung wird die Welle von Bürgerprotesten in
       der Welt noch lange nicht abebben.
       
       Solange demokratische Entwicklungen trotz höheren Wirtschaftswachstums
       unterentwickelt blieben, Reformen von den Eliten verweigert würden und die
       Kluft zwischen Arm und Reich tief bleibe, werde sich kaum etwas ändern,
       analysierte die Stiftung in einer am Mittwoch veröffentlichen [1][Studie].
       
       Vielerorts werde politische Macht missbraucht, und zwar nicht nur in
       autoritären Ländern. So wird Russland von den Bertelsmann-Experten
       inzwischen als „Autokratie“ eingestuft, also als weitgehend
       unkontrolliertes Herrschaftssystem, dominiert von einer kleinen mächtigen
       Elite.
       
       Die renommierte Stiftung ermittelt seit 2003 einen so genannten
       Transformationsindex (BTI). Dabei untersucht sie, wie sich 129
       Entwicklungs- und Transformationsländern in Hinblick auf Demokratie und
       soziale Marktwirtschaft entwickeln. Ihr aktueller Befund fällt bescheiden
       aus: „Der BTI 2014 kann trotz der politischen Umbrüche im arabischen Raum
       keine positive Transformationsbilanz ziehen.“
       
       Vielmehr sei ein Anwachsen gesellschaftlicher Polarisierung feststellbar,
       auch ein wachsender Einfluss religiöser Dogmen auf Staaten und ihre
       Institutionen. Gleichzeitig fehle es immer häufiger in Staaten an einem
       „effektiven Konfliktmanagement“.
       
       ## Auch in Europa gibt es teilweise noch massive Rückschritte
       
       Die Experten der Stiftung ermittelten in 59 von 75 untersuchten Demokratien
       in den letzten acht Jahren teils erhebliche Rückschritte bei demokratischen
       Standards wie fairen Wahlen, Pressefreiheit, Rechtssicherheit oder
       staatlicher Gewaltenteilung.
       
       „Dazu zählen in Europa etwa Albanien, Bulgarien, Rumänien und Ungarn“,
       heißt es in dem Bericht. In einigen Staaten seien die Rückschritte so
       massiv, dass diese mittlerweile nicht mehr demokratischen Grundstandards
       genügten. Als Beispiel dafür wurde Russland genannt.
       
       Nicht gesondert eingegangen wird in der Analyse auf die aktuelle Situation
       in der Ukraine. Dort geht es in den seit Monaten währenden Protesten gegen
       die Regierung auch um Einschränkungen demokratischer Rechte, gegen die sich
       die Regierungsgegner heftig wehren.
       
       Erst kürzlich hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW)
       diese Entwicklungen massiv kritisiert und der Regierung eine Verletzung
       grundlegender Freiheiten vorgeworfen.
       
       ## Wachsende Proteste und politische Destabilisierung
       
       Die wachsende Protestwelle geht nach dem Befund der Stiftung oft einher mit
       einer politischen Destabilisierung. Das werde vor allem in den arabischen
       Ländern deutlich. Dort hätten zwar stellenweise die politischen
       Beteiligungsmöglichkeiten zugenommen. Stabilität, Sicherheit und
       Minderheitenrechte entwickelten sich aber negativ.
       
       Auch religiöse Dogmen führten immer häufiger zu Instabilitäten. In 25 von
       40 untersuchten afrikanischen Ländern habe dieser Faktor an Gewicht
       gewonnen, etwa in Ägypten, Libyen oder Mali. Umso problematischer sei es,
       dass gleichzeitig die Qualität des Konfliktmanagements in vielen dieser
       Staaten abgenommen habe.
       
       Der Vorstandschef der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus, zog daraus das
       Fazit: „Wir brauchen einen neuen, einen besseren und konstruktiven Dialog
       mit Protestbewegungen.“ Demokratische Entscheidungsmechanismen allein
       reichten nicht aus, um einen sinnvollen Konsens über neue Zielsetzungen bei
       der Umgestaltung von Gesellschaften zu erreichen.
       
       Als „Silberstreif“ bezeichnet die Stiftung das wachsende
       zivilgesellschaftliche Engagement in vielen Staaten. „Gegen Misswirtschaft,
       Willkür und Korruption nimmt der Widerstand einer besser vernetzten und
       selbstbewussteren Zivilgesellschaft zu“, stellte sie fest.
       
       22 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-6394C1B4-CAE96B3A/bst/xcms_bst_dms_39253_39254_2.pdf
       
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