# taz.de -- Paglen bei der Transmediale: Kunst als Beweis
       
       > Trevor Paglen hat eigentlich nur Flugzeuge gefunden. Und Aufnäher. Aber
       > das ist großartig. Und vielleicht ist es sogar Kunst. Ein Besuch bei der
       > Transmediale in Berlin.
       
 (IMG) Bild: In seinem Projekt „The Last Pictures“ hat Trevor Paglen Satelliten gefunden.
       
       Jetzt wissen wir noch nicht mal mehr das: Ist es eigentlich revolutionär
       oder doch nur ein Rückschritt, wenn plötzlich die Wahrheit schon als Kunst
       verkauft wird? [1][Art as Evidence]? Denn die Wahrheit knallt doch schon
       genug: Geheimgefängnisse in Osteuropa und dem mittleren Osten, zivile
       Fluggesellschaften, die in Wirklichkeit für Entführungsflüge von
       Geheimdiensten gegründet wurden, bei Amazon bestellte USB-Sticks, die mit
       Spitzelsoftware der NSA ausgeliefert werden.
       
       Das zu wissen – ist das Kunst?
       
       Trevor Paglen ist zumindest so ein Künstler. Seine Kunst, sagt er, besteht
       daraus, den Widersprüchen zwischen Geheimnissen und ihrer Materialisierung
       auf den Grund zu gehen. Das hört sich kompliziert an, ist aber eigentlich
       ganz einfach.
       
       Zusammengefasst geht das so: Geheimnisse sind soziale Institutionen, die
       immer künstlich aufrecht erhalten werden. Wer große Geheimnisse hat, muss
       großen Aufwand betreiben, um sein Geheimnis aufrecht zu erhalten.
       Geheimdienste zum Beispiel. Wer großen Aufwand betreiben will, um, sagen
       wir, eine geheime Infrastruktur zur Entführung von Menschen weltweit zu
       organisieren, braucht eine gute Logistik und Flugzeuge. Flugzeuge aber
       bestehen aus Material und Material reflektiert Licht. Man kann sie also
       finden. Trevor Paglen hat Flugzeuge gefunden.
       
       Mit seinen Vorträgen begeistert der US-Künstler
       [2][//www.youtube.com/watch?v=mF4vQA7eWgE:seit seinem Auftritt im Dezember
       beim Chaos Communication Congress] in Hamburg die deutsche Hacker-Szene. Am
       Donnerstagabend gab er auf der [3][Transmediale] in Berlin einen weiteren
       Einblick in seine Kunst.
       
       Denn mit seinen gigantischen Fernrohren ist Paglen etwa
       US-Spionage-Satelliten im Orbit auf die Spur gekommen und hat geheime
       Militärbasen in der tiefsten Pampa ausfindig gemacht. Er hat in
       Unternehmensregistern Unterschriften von vermeintlichen Geschäftsleuten
       verglichen – und ist auf eine ganze Sammlung von Tarnidentitäten gestoßen.
       Und er hat etwas total bescheuertes gefunden: [4][Annäher für Uniformen].
       Denn, so sagt Paglen, selbst die geheimsten Geheimmilitäreinheiten ließen
       sich eines nicht nehmen, nämlich Stoffannäher ihrer Einheiten zu entwerfen,
       die sie auf ihre Uniformen nähen können. Paglen hat die Annäher gefunden.
       Und so weiß er nun, was es in den USA so alles an Top Secret-Kampfeinheiten
       gibt.
       
       Da hat sich also, würde der Künstler sagen, ein Geheimnis materialisiert.
       Es ist ein lustiger Abend.
       
       Neben Trevor Paglen sitzen
       [5][//de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Appelbaum:Jacob Appelbaum] und
       [6][//de.wikipedia.org/wiki/Laura_Poitras:Laura Poitras]. Appelbaums Kunst,
       sagt er, bestehe eher daraus, Leaks zu verwalten und Texte zu schreiben.
       Sie fängt oft mit einer Buchstabenkombinantion an: TS//SL//REF. Das steht
       für Top Secret und so weiter. Appelbaum zeigt dann der Welt, was es gibt.
       Zum Beispiel USB-Sticks, die man bei Amazon bestellt und die dann mit
       eingebauter Spionagetechnik ausgeliefert werden. Laura Poitras hat Edward
       Snowden gefilmt. Aber vorher war sie in Abu Ghraib, begleitete die Leiche
       eines Guantanamo-Häftlings in den Jemen. Sie dokumentierte den Krieg gegen
       den Terror aus einer anderen Perspektive. Art? Evidence!
       
       Es ist eigentlich banal, aber von großer Perfektion. Was sie Kunst nennen,
       ist die Kunst der Recherche. Hunderte klatschen ihnen dafür
       leidenschaftlich Beifall. Muss man sich [7][einfach angucken].
       
       31 Jan 2014
       
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 (DIR) [1] http://www.transmediale.de/de/content/keynote-art-as-evidence
 (DIR) [2] http://https
 (DIR) [3] http://www.transmediale.de/
 (DIR) [4] http://www.nytimes.com/2008/04/01/science/01patc.html?_r=2&8dpc&
 (DIR) [5] http://https
 (DIR) [6] http://https
 (DIR) [7] http://www.paglen.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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