# taz.de -- Wie weiter mit Olympia?: Übung in Transparenz
       
       > Das Internationale Olympische Komitee berät in Sotschi über Reformen der
       > überdimensionierten Spiele. Die könnten künftig an Länder vergeben
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Eine freiwillige Selbstbeschränkung bei der Größe der Spiele ist eher unwahrscheinlich: IOC-Präsident Thomas Bach.
       
       SOTSCHI taz | Das IOC hat in den letzten Tagen nachgedacht. Die zumeist
       älteren Herren hatten sich ein Brainstorming verordnet. Wie soll es mit den
       Spielen weitergehen? Sind die Grenzen des Wachstums erreicht? Muss der
       aufgeblähte Corpus Olympia abspecken oder darf er noch fetter werden?
       
       Das waren die Fragen, um die es unter anderem auf der Session des
       Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Sotschi ging. „Wir haben
       keine Erfahrung mit so einer offenen Debatte“, gab der deutsche IOC-Chef
       Thomas Bach zu, „mal sehen, wohin sie führt.“ Nach der Übung in Transparenz
       sagte Bach: „Ich bin happy, das war alles sehr dynamisch.“ 120
       Wortmeldungen habe es gegeben. Wow.
       
       Eigentlich hätte ein Blick aufs reichlich umzäunte und gesicherte
       Olympiagelände gereicht, um die zukünftige Devise auszugeben: Weniger ist
       mehr. Die Winterspiele von Sotschi sollten in ihrer Maßlosigkeit eigentlich
       einen Wendepunkt im Umgang des Internationalen Olympischen Komitees mit
       diesem Ereignis darstellen. Aber sicher kann man sich da nicht sein,
       schließlich folgt auch das IOC der Maxime des Wachstums.
       
       Zur Premiere der Winterspiele 1924 trafen sich im französischen Chamonix
       ganze 258 Wettkämpfer aus 16 Ländern; 88 Journalisten aus nur 14 Ländern
       berichteten seinerzeit. Jetzt werden 1.300 Medaillen in 92 Wettbewerben
       vergeben. Die angereisten Sportler, Betreuer und Journalisten könnten eine
       Kleinstadt füllen. An die 20.000 sind vor Ort.
       
       ## Winterspiele so groß wie Sommerspiele
       
       Schöpfer des olympischen Wintersport-Booms ist kein anderer als Juan
       Antonio Samaranch. Getrieben vom US-Fernsehen weitete der IOC-Präsident die
       Winterspiele von 12 auf 17 Tage, auf die Größe von Sommerspielen aus. Der
       Spanier verdoppelte die Wettbewerbe in seiner Amtszeit von 38 auf 78. Unter
       Samaranch-Nachfolger Jacques Rogge kamen noch einmal 20 Wettbewerbe hinzu.
       
       Bach steht dem in nichts nach. Diskutiert wurde jetzt über die Vergabe der
       Spiele an Länder und nicht nur an eine Stadt. Sogar über die Bewerbung von
       zwei Staaten wurde nachgedacht. Das würde die großen Probleme lösen, die
       westliche Metropolen mit Olympia haben: die Dimensionen und Kosten. Der
       Moloch scheint zu groß geworden zu sein für eine Stadt allein.
       
       Aber noch ist nichts beschlossen worden. Das passiert erst auf einer
       IOC-Sitzung in Monaco im Dezember. Wenig deutet freilich auf eine
       freiwillige Selbstbeschränkung hin. Im Gegenteil, viele Mitglieder sprachen
       sich für mehr Mixed-Wettbewerbe und „zeitliche Flexibilität“ aus, was
       nichts anderes hieße, als die Winterspiele um ein drittes Wochenende zu
       erweitern.
       
       Die Kosten, so die einhellige Meinung, sollten künftig klarer getrennt
       werden von den Ausgaben im Infrastrukturbereich. Wenn das im Vorfeld der
       Spiele von Sotschi geschehen wäre, glaubt Thomas Bach, dann hätte die
       Öffentlichkeit auch nicht so empört auf die 40-Milliarden-Euro-Summe
       reagiert, mit der Putin seinen Propaganda-Park hat bauen lassen.
       
       Die Russen hätten lediglich den legitimen Wunsch gehabt, ein
       Wintersportzentrum aus dem Boden zu stampfen, „das ist eine respektable
       Intention und ein Investment in Generationen“, verkündete Bach, „und bei
       den operationalen Kosten sehen wir überhaupt keine Explosion, weder in
       Vancouver noch in London oder Sotschi“.
       
       Unumwunden gab er zu, dass die Spiele ein Katalysator gewesen seien, um aus
       einer „altbackenen Sommerresidenz“ einen modernen Veranstaltungsort zu
       machen. So ein Umbau kostet halt eine Stange Geld. Dass dann so viele Rubel
       rollen mussten, ist offenbar nicht mehr Bachs Problem, genauso wenig wie
       das IOC etwas dafür kann, wenn Bewerberstädte schon in der Phase als
       Prätendent Dutzende von Millionen ausgeben, um die Herren der Ringe zu
       überzeugen.
       
       „Nicht wir sind es, die Bewerber zwingen, so viel Geld auszugeben, wir
       wollen das nicht“, sagte Bach. Aber reichen künftig wirklich ein paar
       Unterlagen, die günstig per E-Mail ans IOC geschickt werden? Überzeugungs-
       und Lobbyarbeit ist nicht für ein paar Heller zu haben. Das weiß Thomas
       Bach eigentlich genau.
       
       7 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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