# taz.de -- Eröffnung der Olympischen Spiele: Schrei nach Anerkennung
       
       > Der Gastgeber Russland präsentiert sich als moderne und feingeistige
       > Nation. Bei aller Begeisterung ist die bisweilen wenig subtile Propaganda
       > jedoch störend.
       
 (IMG) Bild: Wladimir Putin eröffnet seine Spiele.
       
       SOTSCHI taz | Es war eine irre Auswahl. Die erste Frau im All, ehemalige
       Spitzensportler, ein Computerspielprofi natürlich, ein Film-Regisseur von
       Weltruf, der Leiter des vielleicht berühmtesten Theaters in Russland haben
       die Olympische Flagge ins Stadion von Sotschi getragen.
       
       Der kurze Marsch zum Fahnenmast fasste noch einmal die Show zusammen, mit
       der sich Russland als Gastgeber der olympischen Winterspiele der Welt
       präsentiert hat. Es war eine gewagte Performance, die bisweilen
       erschreckend laut und an anderen Stellen richtiggehend feingeistig war. Da
       hat sich eine Kulturnation präsentiert. Es wirkte wie ein Schrei nach
       Anerkennung. Und wahrscheinlich wäre es gar nicht schlecht, wenn er auch
       gehört würde. Wir können auch anders, wollten die Russen mit ihrer Kultur
       und Wissenschaftsschau sagen.
       
       Wir würden es ihnen gerne glauben. Wenn nicht ausgerechnet Konstantin Ernst
       die Regie übernommen hätte, dann hätte man der Show sicher ein bisschen
       weniger voreingenommen folgen können. Doch der Chef des staatseigenen
       TV-Senders Kanal 1 ist so etwas wie der Chefpropagandist von
       Staatspräsident Wladimir Putin und mithin ein wenig vertrauenserweckender
       Kulturschaffender.
       
       Gewagt war es dennoch, was er auf die Riesenbühne des Stadions gestellt
       hat, in dem 2018 Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen werden,
       sehr gewagt. Wann wurde schon einmal klassisches Ballett in einer
       Fußballarena so gespielt, dass diese damit ausgefüllt war. Und wann hat es
       in einem Stadion bei der Eröffnung eines Sportevents ein Publikum gegeben,
       dass die leisen und getanzten Töne besonders geschätzt hat?
       
       Neben albernem Design-Ballett wurde auch moderne Tanzkunst vorgeführt und
       bei den schwierigen Hebeübungen gab es prompt Zwischenapplaus. Was für ein
       Land, das so kulturbeflissene Sportfans in ein Stadion locken kann. Ein
       feiner Abend. So richtig laut war es nur einmal – als die russische
       Mannschaft einmarschiert ist. Da wurde die Musik ganz laut aufgedreht. Es
       war die Musik der russischen Show-Lesbenkombo „t.A.T.u.“. Ob das eine
       Botschaft war und wenn ja, welche, darüber wird noch lange diskutiert
       werden – gewiss.
       
       Am Ende jedoch hat der Regisseur die ganze russische Geschichte von Iwan
       dem Schrecklichen über Peter den Großen, von Tolstois „Krieg und Frieden“,
       von der Avantgardkunst der 20er Jahre bis zu den revolutionären
       Aufbauzeiten so dargestellt, als wäre all dies nur geschehen, um die
       Gegenwart, die von Wladimir Putin gestaltet wird, vorzubereiten. Die ist in
       ganz harmlosen Gewand dahergekommen. Ohne Militär, ohne Stechschritt und
       die Hymne wurde von einem Mönchschor gesungen. Nur die Seele, die bei den
       Russen, wie es gerne gesagt und geschrieben wird, besonders tiefgründig
       sein soll, sie hatte eine Nebenrolle. Ljubow hieß die und war elf Jahre
       alt. Ljubow, deren Name zu Deutsch Liebe bedeutet, führte durch den Abend.
       Doch so richtig lieben wollte man das Land am Ende doch nicht. Schade
       eigentlich.
       
       7 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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