# taz.de -- Debatte Iran: Feindschaft, die bleibt
       
       > Die Begeisterung in Deutschland über neue Offenheit und die Offerten des
       > iranischen Präsidenten Rohani war groß. Leider ist sie nicht berechtigt.
       
 (IMG) Bild: Winke, winke, Westen: Hassan Rohani.
       
       Das vorläufige Abkommen im iranischen Atomkonflikt, das auf sechs Monate
       befristet ist, erweckte sowohl im Westen als auch im Iran die Hoffnung auf
       eine neue Ära. Das Land werde nach nun 34 Jahren absoluter Herrschaft der
       Kleriker die dogmatisch-ideologischen Schranken abbauen und sich nach außen
       und innen öffnen, hofften viele.
       
       Genährt wurde die Euphorie vor allem durch die Äußerungen von Präsident
       Hassan Rohani. „Die Tore der iranischen Wirtschaft sind für die ganze Welt
       offen“, sagte er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Iran sei zu einer
       engen Kooperation im Energiebereich bereit und begrüße die wirtschaftliche
       Zusammenarbeit.
       
       In einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen verstieg er sich sogar zu
       der Aussage, Iran wolle seine Beziehungen zu den USA deutlich verbessern,
       es sei durchaus möglich, als Zeichen der Entspannung die seit 33 Jahren
       geschlossene US-Botschaft wieder zu öffnen: „Wir müssen die
       Feindseligkeiten in Freundschaft verwandeln.“
       
       Rohanis Offerten wurden mit Freude aufgenommen. Bereits Anfang Februar
       begaben sich Vertreter von mehr als hundert französischen Unternehmen zu
       Verhandlungen nach Teheran. Andere europäische und amerikanische
       Unternehmer rieben sich die Hände. Ein reiches Land mit nahezu 80 Millionen
       Einwohnern verspricht lukrative Geschäfte.
       
       Aber auch politisch und geostrategisch wäre eine Rückkehr Irans ins
       westliche Lager ein enormer Gewinn. Die durch die islamische Revolution
       1979 zerstörte Sicherheitsarchitektur der USA und Europas im Nahen und
       Mittleren Osten könnte wieder funktionsfähig gemacht werden und Iran würde
       als Partner bei der Lösung der Konflikte in der Region gute Dienste leisten
       können.
       
       ## Die guten Geschäfte mit Iran
       
       Doch inzwischen macht sich zunehmend Skepsis bereit. Bis zu einem
       endgültigen Vertrag zwischen Iran und der Gruppe 5+1 (UN-Vetomächte plus
       Deutschland) ist noch ein langer, steiniger Weg zurückzulegen.
       
       Die wichtigste Frage, die sich stellt, ist, ob die Islamische Republik zu
       solch einem grundsätzlichen Wandel fähig und gewillt ist. Sind die
       islamischen Machthaber bereit, die seit 34 Jahren massiv propagierte
       antiwestliche Haltung, die zu den wichtigsten Säulen der Islamischen
       Republik gehört, tatsächlich aufzugeben?
       
       „Wir verurteilen jede Fraktion, die eine Annährung an die USA anstrebt“,
       sagte der populäre Parlamentsabgeordnete Haddad Adel. „Das iranische Volk
       wird es niemals zulassen, das die USA wieder in unser Land zurückkehren.“
       Der Geistliche Mesbah Yasdi, der als Ziehvater des früheren
       Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad gilt, sagte gerichtet an Rohani:
       „Ihre Ankündung vom baldigen Wohlstand ist eine Lüge. Das werden Sie nicht
       erreichen, und wenn, dann zu welchem Preis? Sie wollen die Ehre des Volkes
       verkaufen, das Blut von Tausenden Märtyrern, die in den vergangenen drei
       Jahrzehnten vergossen wurde, ignorieren, nur um ein paar Dollar von unsrem
       eigenen Geld zu bekommen.“
       
       ## Barack Obamas Drohung
       
       Als Barack Obama kürzlich seine Drohung wiederholte, die militärische
       Option liege noch auf dem Tisch, reagierte der einflussreiche Kleriker und
       Vorsitzender des mächtigen Wächterrats, Ahmad Dschannati, mit den Worten,
       Iran werde sich niemals den Drohungen der Feinde beugen.
       
       Er erinnerte an eine angebliche Äußerung Ajatollah Chomeinis, der bedauert
       habe, im iranisch-irakischen Krieg Muslime als Gegner zu haben. Viel lieber
       hätte er gegen die USA Krieg geführt. „Der Atomkonflikt sei nur ein
       Vorwand, die eigentliche Feindschaft der USA richtet sich gegen den
       „revolutionären Islam“, fügte Dschannati hinzu.
       
       In der Tat fürchten die Islamisten nicht so sehr einen militärischen
       Angriff, manche würden ihn sogar gutheißen, weil ein Angriff von außen das
       längst gespaltene Volk wie einst im Krieg gegen Irak einigen würde und die
       Märtyrerideologie sich bestens propagieren ließe. So erklärte letzte Woche
       der Oberkommandierende der iranischen Streitkräfte, General Hassan
       Firuzabadi, die Islamische Republik sei zur „entscheidenden Schlacht“ gegen
       die USA und Israel bereit.
       
       ## „Unsere Feindschaft bleibt“
       
       Weit mehr als einen Krieg befürchten die Islamisten eine kulturelle und
       wirtschaftliche Einflussnahme des Westens, die sie als „samtenen Umsturz“
       bezeichnen. Daher scheint ihnen jede Öffnung nach außen suspekt. Die
       rigorose Zensur der Meinungsäußerung und der Presse, die Filterung der
       Sozialdienste im Internet, die permanente Störung der persischsprachigen
       Auslandssender und das Einsammeln von Parabolantennen, dienen in erster
       Linie dazu, kulturelle Einflüsse von außen zu verhindern.
       
       Doch trotz dieser rigorosen Maßnahmen gibt es im Iran laut Angaben des
       Ministers für Kultur und islamische Führung vier Millionen Facebook-Nutzer.
       Ausländische Sender erreichen ein weit größeres Publikum als inländische.
       Die überwiegende Mehrheit der Jugend richtet ihren Blick nach Westen und
       hat trotz massiver Indoktrinierungsversuche mit der islamischen Ideologie
       nichts am Hut.
       
       Das sind für die Hardliner warnende Signale. Sie sind davon überzeugt, dass
       insbesondere die USA, aber auch Europa nach wie vor einen Regimewechsel im
       Iran anstreben, ein Ziel, das sich auf wirtschaftlichem und kulturellem Weg
       besser erreichen ließe als auf militärischem. So sagte Revolutionsführer
       Ali Chamenei, die USA „lügen, denn sie würden keinen Moment zögern, wenn
       sie die Möglichkeit hätten“, einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen.
       
       Beim Jahrestag der iranischen Revolution am 11. Februar wurden
       amerikanische und israelische Fahnen verbrannt. Am Vorabend erklärte Rohani
       vor diplomatischen Vertretern aus 130 Staaten in Teheran: „Iran ist bereit,
       seine Beziehungen zu allen Staaten konstruktiv zu gestalten und
       auszubauen.“ Fast zu gleicher Stunde erklärte Abbas Araghtschi,
       Vizeaußenminister und Verhandlungsführer bei den Atomverhandlungen: „Unser
       Ziel bei den Verhandlungen ist nicht ein Freundschaftsabkommen. Die
       Feindschaft zwischen uns und den USA bleibt bestehen. Das Abkommen von Genf
       behandelt nur einen Konflikt zwischen uns und dem Westen. Doch unsere
       Feindschaft zu den USA bleibt davon unberührt.“
       
       27 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bahman Nirumand
       
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