# taz.de -- Rassismus im italienischen Fußball: Ganz normaler Ligaalltag
       
       > Der Amateurverein Casablanca aus dem italienischen Forlì wehrt sich gegen
       > rassistische Anfeindungen. Der Zuspruch ist groß, die Ablehnung auch.
       
 (IMG) Bild: Ganz normale Souvenirs in Forlì
       
       Der italienische Fußball hat wieder einen Rassismusskandal. Dieses Mal
       dreht er sich nicht um Stars wie Mario Balotelli oder Kevin Prince Boateng.
       Vielmehr zeigten letzte Woche die Spieler des Amateurvereins Casablanca
       Zivilcourage.
       
       Casablanca nimmt an einer Freizeitliga im italienischen Forlì unter dem
       Dach der UISP teil, der Vereinigung „Sport für alle“. Letzte Woche verließ
       die Truppe aber unter Protest den Platz. Ein Gegenspieler hatte einen von
       ihnen als „Sch…-Marokkaner“ angefeindet und ihn aufgefordert: „Geh doch
       nach Hause!“. Bei Casablanca haben sich marokkanische Kicker, die in
       Italien leben, zusammengefunden.
       
       Ihr Kapitän, Rachid Hansal, war früher in der ersten marokkanischen Liga
       für Olympique Khouribga aktiv und ist jetzt Anführer des Protests. „Diese
       Anfeindungen gibt es jedes Wochenende. Die letzte Episode hat das Fass aber
       zum Überlaufen gebracht“, erzählte er italienischen Medien. Er war auch
       zornig darüber, dass der Schiedsrichter die Beleidigung nicht in den
       Spielbericht eintragen wollte.
       
       Nichts hören, nichts sehen, nichts notieren, das ist gängige Praxis auf den
       Fußballplätzen in der Provinz und auch in den Metropolen. Das weiß Mauro
       Valeri, Soziologe und seit zehn Jahren Betreiber eines Beobachtungszentrums
       gegen Rassismus im Sport, nur zu genau.
       
       ## „Nicht zu spielen, wäre wie eine Niederlage“
       
       „Das, was Casablanca geschehen ist, zeigt, wie wichtig es ist,
       Antidiskriminierungsinitiativen im Sport und auch im Amateursport ins Leben
       zu rufen. Ein Teil der Politik basiert auf Rassenhass, Angst vor der
       Vielfalt und der Kriminalisierung von Ausländern. Das Ganze wird von einer
       schändlichen medialen Instrumentalisierung begleitet“, kommentiert Valeri
       die Ereignisse.
       
       Die spontane Aktion der Fußballer fand landesweite mediale Resonanz.
       Politiker und Verbandsfunktionäre suchten daraufhin den Kontakt zu den
       Spielern. Am Freitag empfing sie auch der Bürgermeister von Forlì. Alle
       versuchten, sie zur Rückkehr in den Spielbetrieb zu bewegen. Die Spieler
       willigten ein.
       
       „Nicht zu spielen, wäre wie eine Niederlage“, erklärte Verteidiger Youssif
       Laazizi. Die Mannschaft lief am Wochenende allerdings mit neuen Trikots
       auf, mit solchen, auf denen „Nein zum Rassismus“ steht. Sie zeigte auch
       drei weitere Vereine an, von denen in letzter Zeit rassistische
       Beleidigungen während eines Spiels gekommen waren.
       
       ## „Übertrieben“ und „aufgebauscht“
       
       Die vier Klubs, die von Casablanca der rassistischen Beleidigung bezichtigt
       wurden, zogen sich ihrerseits aus dem Spielbetrieb zurück. Sie bezeichneten
       die Vorwürfe als „übertrieben“ und „aufgebauscht“.
       
       „Keiner von uns ist Rassist. Gut, auf dem Platz fliegen mitunter die
       Beleidigungen hin und her, aber am Ende geben wir uns die Hände und trinken
       vielleicht sogar zusammen“, meinte Deris Ferrini vom Klub Polis Romagna.
       Ihn mochte die allwochenendliche Praxis beleidigender Äußerungen zu der
       Schlussfolgerung geführt haben, dass nichts anderes als das Normale
       vorgefallen sei.
       
       Immerhin hat die Debatte über rassistische Äußerungen in Italiens Sport nun
       auch die unteren Ligen erreicht. Dort ist das Problem nach Beobachtung von
       Valeri noch virulenter als in der Serie A. Während dort das Fernsehen die
       Pfiffe, die Buhs und die ätzenden Sprechchöre in alle Haushalte trägt und
       die Disziplinarkommission aufgrund der Beweislage nicht anders kann, als
       Sanktionen zu erteilen, hängt die Sichtbarkeit des Problems in den TV-losen
       Ligen ganz einfach davon ab, ob die Schiedsrichter es zur Kenntnis nehmen
       wollen. Dass genau dies sehr oft nicht passiert, war Auslöser des Protests
       von Casablanca.
       
       21 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Fußball
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Italien
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) BMW
 (DIR) Ultras
 (DIR) Quenelle
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rassismus in den italienischen Medien: Eklat während Live-Interview
       
       Über Kopfhörer wird Juve-Spieler Medhi Benatia als „Scheiß-Marokkaner“
       beleidigt. Der TV-Sender Rai weist die Verantwortung von sich.
       
 (DIR) Gewalt bei italienischem Pokalfinale: Hooligan schießt auf Neapel-Fans
       
       Beim italienischen Pokalfinale ist es zu Ausschreitungen gekommen. Davor
       soll ein Ultra des AS Rom drei Fans mit Schüssen verletzt haben – einen
       lebensgefährlich.
       
 (DIR) Rassismus im spanischen Fußball: „Wir sind alle Affen“
       
       Fußballprofi Dani Alves vom FC Barcelona wird beim Spiel gegen Villarreal
       mit einer Banane beworfen. Was tut er? Das einzig Richtige: Er isst sie
       auf.
       
 (DIR) Rassismus-Streit bei BMW: „Wollt ihr den türkischen Taxifahrer?“
       
       Der Betriebsratsboss von BMW, Manfred Schoch, soll einen Kollegen mit
       Migrationshintergrund diskriminiert haben. Der Betroffene Murat Yilmaz
       wehrt sich.
       
 (DIR) Gewalt gegen Fußballfan in Schweden: Ultra von Rechten ins Koma geprügelt
       
       Rechtsextreme Schläger verletzen einen Fan des Fußballclubs Malmö FF
       schwer. Die Tat ist politisch motiviert, das Opfer ist linker Aktivist.
       
 (DIR) Nicolas Anelkas „Quenelle“-Gruß: „Schockierende Provokation“
       
       Muslimische und jüdische Gemeinden sind über die als antisemitisch geltende
       Geste des Fußballers erzürnt. Der Europäische Jüdische Kongress fordert
       eine Sperre für ihn.