# taz.de -- Rassismus im spanischen Fußball: „Wir sind alle Affen“
       
       > Fußballprofi Dani Alves vom FC Barcelona wird beim Spiel gegen Villarreal
       > mit einer Banane beworfen. Was tut er? Das einzig Richtige: Er isst sie
       > auf.
       
 (IMG) Bild: Glänzt sonst eher im Spiel: Barcelonas Dani Alves (links)
       
       BARCELONA taz | In der amtlichen Diktion des Schiedsrichterberichts trug
       sich am Sonntagabend im Estadio El Madrigal von Villarreal Folgendes zu:
       „In der 75. Minute, als er sich zur Ausführung eines Eckballs bereit
       machte, flog auf die Nummer 22 der Gästemannschaft, Herrn Daniel Alves Da
       Silva, in der Zone nahe des Assistenten Nummer zwei eine Banane, welche
       schnell aufgehoben wurde von besagtem Spieler, der einen Teil selbiger
       verzehrte.“
       
       In der Semiotik des Fußballs bedeutete [1][der spontane Snack] ein bisschen
       mehr: eine ironische Geste gegen eine alte Plage, wie gemacht für die
       Aufmerksamkeitsgesellschaft, die das Besondere braucht, um das Alltägliche
       wahrzunehmen.
       
       Alves, Rechtsverteidiger einst in Sevilla, seit sechs Jahren für den FC
       Barcelona, leidet unter Rassismus, seit er in Europa spielt. „Ich bin jetzt
       seit elf Jahren in Spanien und seit elf Jahren geht das so“, sagte er nach
       Spielende. Er hat das in diesen elf Jahren gelegentlich thematisiert, nie
       passierte etwas. Zuletzt sprach er von einem „verlorenen Krieg“. Nun also
       Galgenhumor: „Man muss darüber lachen, was diese Zurückgebliebenen tun.“
       
       Sein Landsmann und derzeit verletzter Teamkollege Neymar spielt erst seit
       acht Monaten in Spanien, aber er hat in dieser Zeit selbst schon etliche
       Anfeindungen erlebt. Alves’ Statement in Villarreal verfolgte er auf der
       Couch und von dort startete er noch in der Nacht über die [2][sozialen
       Netzwerke] eine Antirassismuskampagne: „Wir sind alle Affen“. Dazu die
       Aufforderung an seine Fans, ein Foto beim Verzehren einer Banane zu posten.
       [3][Brasiliens Superstar machte schon mal den Anfang], gemeinsam mit seinem
       kleinen Sohn, der eine riesige Spielzeugfrucht in der Hand hielt.
       
       ## Hakenkreuzfahne in der Fanzone
       
       Alves und Neymar – noch vor knapp zwei Wochen standen sie zusammen im
       Finale des spanischen Königspokals auf dem Platz. In Valencia ging es gegen
       Real Madrid, dessen Ultras für ihre strammrechte Gesinnung bekannt und
       berüchtigt sind. Einige Stunden vor Spielbeginn hatte sogar eine
       Hakenkreuz-Fahne am Plastikzelt der Real-Fanzone in der Stadt gehangen.
       
       Die Rassisten gaben dann auch während des Spiels in der Kurve den Ton an.
       Je hitziger die Partie wurde, desto mehr andere Fans stimmten in die
       Affenlaute der Aufhetzer mit ein, wann immer Alves oder Neymar den Ball
       berührten. Am Ende grölte die halbe Tribüne mit.
       
       Ein finsteres Schauspiel im Namen und unter den Blicken Seiner Majestät,
       das ohne jede Konsequenz blieb. Im Schiedsrichterbogen tauchten die Rufe
       nicht auf. Im Radio sprachen sie von „vier oder fünf Idioten, die den Ruf
       aller anderen mit in den Dreck ziehen“.
       
       Real-Trainer Carlo Ancelotti, der nach einem Heimspiel gegen Almería vier
       Tage vor dem Cupfinale die Ultras vor ihrem Block hofiert hatte, lobte ein
       „fantastisches und spektakuläres Ambiente“. Und Verteidiger Pepe, geborener
       Brasilianer wie Neymar und Alves, von ähnlicher Couleur und selbst immer
       mal wieder Opfer von Beleidigungen, feierte am ausgiebigsten von allen vor
       der Kurve.
       
       ## Affenlaute als Folklore
       
       Selbst den Beteiligten, das wurde in diesem Moment klar, fehlt jede
       Sensibilität für das Thema. Die Affenlaute gelten als Folklore – und ist
       Neymar etwa nicht ein Schwalbenkönig und Alves ein Provokateur? So
       beschönigen das manchmal selbst vernünftige Leute, die jede Form von
       Rassismus als inakzeptabel bezeichnen würden und sich darauf berufen
       können, dass Spanien tatsächlich weniger rassistische Gewaltdelikte
       verzeichnet als die meisten anderen europäischen Länder.
       
       Doch auch verbale Aggressionen können Wunden hinterlassen, wie bei
       Verteidiger Paulão von Absteiger Betis Sevilla. Beim verlorenen Stadtderby
       im November wurde er nach einer Gelb-Roten Karte von den eigenen Fans
       rassistisch beleidigt. In Schutz nahm ihn danach niemand, er wurde zum
       Sündenbock gestempelt.
       
       Wie groß die psychische Belastung für einen Spieler in so einem Umfeld
       werden kann, wurde voriges Wochenende für alle greifbar. Da bat Paulão nach
       nur einer halben Stunde des Spiels bei Rayo Vallecano weinend um die
       Auswechslung, weil er ein Eigentor verschuldet hatte.
       
       „Ich werde wie ein Schwarzer rennen, um wie ein Weißer zu leben“: So hat
       Ex-Barça-Stürmer Samuel Eto’o mal auf die doppelten Standards angespielt,
       nach denen sich einige eben immer etwas korrekter verhalten müssen. Eto’o
       übrigens hat 2006 wegen permanenter Affenlaute beim Spiel in Saragossa
       gedroht, das Feld zu verlassen. Es war bis zur Aktion von Dani Alves das
       letzte Mal, dass das Thema in Spanien größere Aufmerksamkeit erfuhr.
       Geändert hat sich nichts.
       
       28 Apr 2014
       
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