# taz.de -- Humor, Politik, Fernsehen: Macht die „heute-show“ unpolitisch?
       
       > Sie hat Millionen Fans – und erbitterte Gegner. Am Freitagabend läuft die
       > Politsatire wieder im ZDF. Klärt die Sendung auf? Oder entpolitisiert
       > sie?
       
 (IMG) Bild: Oliver Welke, Gernot Hassknecht und Carolin Kebekus in der „heute-show“.
       
       Es ist natürlich wieder nur ein US-Import. Die „heute-show“ im ZDF, die im
       Mai ihren fünften Geburtstag feiern wird, ist doch recht genau Jon Stewarts
       „Daily Show“ auf dem Sender Comedy Central nachempfunden. Am Ende kommt es
       ja aber immer darauf an, was man daraus macht. Und Oliver Welke hat mit
       seinem Team eine ziemlich erfolgreiche Sendung aus der „heute-show“
       gemacht, die im Mai 2009 zum ersten Mal im ZDF lief.
       
       Auch heute Abend wird Welke um 22:30 Uhr in seiner Rolle als
       Nachrichten-Anchor wieder ein paar Themen der Woche zu Gags verarbeiten.
       Vermutlich wird er sich über ein paar Passagen aus Putins Rede wider den
       Westen lustig machen. Vielleicht meldet sich Außenreporter und
       Kriegsreporterparodist Ulrich von Heesen von der Krim. Womöglich kommt auch
       noch mal der eine oder andere Gag zu Merkels Sanktiönchen.
       
       Es gelingt Oliver Welke zwar nicht in jeder Sendung, dem Anspruch gerecht
       zu werden, [1][den er bei Amtsantritt formuliert hat]: „Die Stilblüten, die
       Verhaspler und Versprecher fallen jedem auf. So etwas wie Stoibers
       Transrapid-Rede. Wir suchen aber nicht nach Verkehrsministern, die in
       Afghanistan über einen Stein stolpern.
       
       Wir wollen uns schon inhaltlich nähern, und da die Fehlleistungen
       thematisieren.“ Aber das ZDF erzählt die „heute-show“-Geschichte gern als
       Erfolgsstory und das nicht unbedingt zu Unrecht. Vor allem stimmen die
       Quoten. Zuletzt sahen 3,44 Millionen Menschen zu.
       
       ## Das Politikverdruss-Problem
       
       Einmal hat auch der ehemalige FAZ-Herausgeber und Bild-Kolumnist Hugo
       Müller-Vogg zugeschaut. Ihm allerdings gefiel überhaupt nicht, was er sah:
       „Okay, die 'heute-show' bringt Quote, was für die ZDF-Gewaltigen das
       wichtigste ist. Und ganz nebenbei fördert sie Politikverdruss und
       Politikerverachtung.“ Weshalb Müller-Vogg in seinem Beitrag im Magazin
       Cicero auch gleich festhielt: [2][„Da kann und will ich nicht mitlachen.“] 
       
       Müller-Vogg hat eine der extremsten Positionen formuliert, er ist
       allerdings nicht der einzige, der kritisch fragt, welche Rolle Politsatiren
       mit hohem Politiker-Verulkungs-Anteil in einer Gesellschaft spielen, die
       nachweislich ein Politikverdruss-Problem hat. Etwas zugespitzt könnte man
       fragen: Gefährdet die heute-show die Demokratie?
       
       In der Titelgeschichte der [3][taz.am wochenende vom 22./23. März 2014]
       geht taz-Chefreporter Peter Unfried der Frage nach, welche Rolle
       politischer Humor spielen kann und spielen sollte. „Humor im Fernsehen ist
       ein schwieriges Thema, so schwierig wie Humor in der Gesellschaft“,
       schreibt Unfried. „Manchmal hat man das Gefühl, dass Humor der einzige Wert
       ist, den die Grünen den Deutschen nicht anerziehen wollen. Dabei wäre das
       so bitter nötig, wie man an ihnen selbst sieht. Humor und vor allem
       Selbstironie ist eine Grundvoraussetzung für Menschlichkeit. Und eine Form,
       mit der man Inhalte besser transportieren kann. Sie ist dem Humorfreien in
       jeder Hinsicht vorzuziehen und überlegen.“
       
       ## „Verstärkt die Politikverachtung“
       
       Humor sei eine subversive Bedrohung für alle, die nicht dazu neigen, und
       genau deshalb werde er von Humor-Unfähigen rituell als etwas Minderwertiges
       denunziert. Darüber "will ich nicht lachen", schreibe Publizist Müller-Vogg
       grimmig. „Humor ist für ihn eine Willensentscheidung.“
       
       Unfried besucht die „heute-show“, spricht mit Produzent und dem Moderator
       Oliver Welke, sucht Rat bei dem großen österreichischen Kabarettisten
       Alfred Dorfer und geht den beiden Diskurslinien nach, die sich in der
       Diskussion um Sendungen wie die „heute-show“ immer bilden. Das fördert den
       Politikverdruss, sagen Leute wie Müller-Vogg. Wir interessieren wenigstens
       die, die sich sonst nicht für Politik interessieren, entgegnet
       „heute-show“-Moderator Welke.
       
       Der Mainzer Rechtsphilosoph Uwe Volkmann wird etwas Grundsätzlicher: In der
       deutschen Gesellschaft herrsche mehrheitlich ein Gefühl der Abneigung gegen
       Parteipolitik und gleichzeitig enorme Staatsgläubigkeit. Dass die
       "heute-show"-Macher unpolitische Milieus anpolitisieren, wie sie behaupten,
       glaubt er nicht. Der Erfolg ist für ihn die Konsequenz der grassierenden
       Politikerverachtung. Und ihr Antrieb: "Die ,heute-show' verstärkt die
       unpolitische Lebenshaltung durch diese Art der Präsentation von Politik."
       
       Aber ist es nicht doch sehr politisch, sich beispielsweise in einer Sendung
       mit den seltsamen Kapriolen der Bundesregierung in Genmais-Fragen zu
       beschäftigen oder ihre Scheinheiligkeit bei den Rüstungsexporten
       anzuprangern? Kommt die „heute-show“ in ihrer Grundhaltung in diesen
       Momenten nicht dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt und seiner guten, alten
       Sendung „Scheibenwischer“ sehr nahe? Oder war die doch gar nicht so gut? 
       
       Diskutieren Sie mit!
       
       Die Titelgeschichte „Humor ist ein schwieriges Thema“ lesen Sie in der
       [4][taz.am wochenende vom 22./23. März 2014].
       
       21 Mar 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.stern.de/kultur/tv/interview-mit-oliver-welke-frank-walter-geh-mal-aus-dir-heraus-701424.html
 (DIR) [2] http://www.cicero.de/salon/welkes-spiel-mit-der-politikverachtung/49314/seite/2
 (DIR) [3] /!135272/
 (DIR) [4] /!135272/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Gernert
       
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