# taz.de -- Schwankhalle unter neuer Leitung: „Wir sehen Theater als Labor“
       
       > Die renommierten Theater-Kuratorinnen Pirkko Husemann und Stefanie Wenner
       > wollen die Schwankhalle bundesweit wahrnehmbar machen
       
 (IMG) Bild: "Zugleich überschaubar und handhabbar": die Schwankhalle
       
       taz: Frau Husemann, Frau Wenner – wieso haben Sie sich für die Leitung der
       Schwankhalle beworben? 
       
       Stefanie Wenner: Wir wurden gefragt, ganz einfach. Wir haben dann ein
       Konzept entwickelt und es der Findungskommission vorgestellt – die uns
       ausgewählt hat.
       
       Aber Sie waren ja vorher an viel größeren und bedeutenderen Häusern, und
       haben zuletzt bundesweit wichtige Festivals kuratiert: Was reizt Sie an der
       kleinen Schwankhalle? 
       
       Pirkko Husemann: Das Kleine selbst bildet schon einen Reiz – gerade, weil
       wir um die Eigendynamik und Sachzwänge größerer Theaterbetriebe wissen, sie
       erlebt haben. Die Schwankhalle hat eine sehr gute Infrastruktur, die
       zugleich überschaubar und handhabbar ist. Außerdem ist Bremen nicht mit dem
       Haifischbecken Berlin zu vergleichen, wo man sich ständig zu der enormen
       Konkurrenz verhalten muss. Insofern finden wir in Bremen sehr gute
       Bedingungen vor, um neue Formate zu erproben. Das institutionelle Modell,
       das uns vorschwebt, ist ja das eines Künstler- und Produktionshauses. So
       etwas würde in einem Theater mit 500 Plätzen nicht funktionieren, denn da
       müsste man sich in erster Linie darum kümmern, es voll zu kriegen.
       
       Wenner: Genau. Reizvoll finden wir auch, dass die Schwankhalle ein von
       Künstlern für Künstler geplantes und betriebenes Haus war: Dieser Geist ist
       noch spürbar, und den wollen wir auch bewahren. Denn solche Künstlerhäuser
       gibt es in Deutschland kaum.
       
       In Bremen gibt es allerdings gleich noch eins, noch dazu auch auf der
       linken Weserseite, wenn auch mehr für die Bildenden Künste. Führt das nicht
       doch zu einer Art Konkurrenzsituation? 
       
       Husemann: Die Gefahr sehe ich überhaupt nicht.
       
       Wenner: Die Schwankhalle ist doch ein Ort für die Performance-Szene. Unser
       Ausgangspunkt war deshalb auch die Frage, was fehlt dieser Szene, was
       braucht sie – in Bremen, Deutschland und darüber hinaus? So kommt man
       schnell zu der Idee eines Hauses, in dem die Möglichkeit besteht, ohne
       Produktionsdruck zu arbeiten und zu recherchieren, aber auch neue Impulse
       durch ungewohnte Kooperationen zu bekommen. Auch solche Angebote sind in
       Deutschland rar.
       
       Dabei ist die Bedeutung der Recherche in den performing arts so rasant
       gewachsen! 
       
       Wenner: Das stimmt. Da ist eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage
       entstanden, die wir mit unserem Programm zumindest ansatzweise füllen
       möchten.
       
       Das klingt jetzt gut für die KünstlerInnen – aber wie profitiert die Stadt? 
       
       Husemann: Es ist ja nicht so, dass wir Recherche als Prozess hinter
       verschlossenen Türen verstehen: Wir haben vor, das Publikum von vornherein
       anders anzusprechen und einzubeziehen – sei es, indem die BesucherInnen
       eingeladen werden, als Laien-Dramaturgen an Produktionsprozessen
       mitzuwirken, sei es, indem wir mit unseren Veranstaltungen in den Stadtraum
       gehen, oder durch Aufträge an KünstlerInnen, mit Bremer Bürgerinnen und
       Bürgern zu arbeiten.
       
       Wenner: Wir sind vor allem neugierig, auf das, was wir vorfinden, auf die
       Stadt. Wir müssen uns ja erst mal ein Bild verschaffen: Was ist los an den
       Hochschulen und Universitäten, in den Institutionen der bildenden Kunst, wo
       wird interdisziplinär gedacht und gearbeitet? Umgekehrt geht es uns auch um
       die Frage, was das freie Theater ist und was es will? Wohin entwickeln sich
       Tanz, Theater und Performance? Außerdem wird die Schwankhalle ja bei
       alledem auch ein Gastspielort bleiben.
       
       Der aber Zeit seines Bestehens an fehlendem Zuschauer-Zuspruch krankt. 
       
       Wenner: Davon haben wir auch gehört, natürlich.
       
       Husemann: Deshalb müssen wir einerseits versuchen, renommierte
       KünstlerInnen und Gruppen der deutschen Performing-arts-Szene ans Haus zu
       holen, um dessen Wahrnehmung zu erhöhen, um die Schwankhalle über Bremen
       hinaus sichtbar zu machen. Und andererseits wollen wir gastierende Künstler
       anders einbinden. Sie kommen nicht nur, um ein vorhandenes Stück zu zeigen,
       sondern auch um Workshops für SchülerInnen zu geben oder eine Recherche für
       eine ortsspezifische Produktion zu machen. Sie müssen sich also auf unser
       Modell einlassen.
       
       Wenner: Genau. Wir sehen Theater auch deshalb als Labor, weil es uns darum
       geht, die Frage nach dem Theater selbst zu stellen. Was kann Theater hier
       an diesem Ort sein, was muss es leisten? So begreifen wir uns darin ganz
       klar als Teil der Gesellschaft.
       
       26 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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