# taz.de -- Spezialeinsatz in der Ostukraine: Panzer im Matsch
       
       > Ukrainische Regierungstruppen bewegen sich auf die von Separatisten
       > besetzte Stadt Slawjansk zu. Derweil hat RWE mit der Lieferung von Gas an
       > die Ukraine begonnen.
       
 (IMG) Bild: Vor dem Antiterroreinsatz: Ukrainische Soldaten warten in Izyum in der Ostukraine, während ihr Panzer mit Munitiion ausgestattet wird.
       
       HORLIWKA/GENF/ESSEN/KIEW ap/dpa | Der von der Ukraine angekündigte
       „Antiterroreinsatz“ gegen die prorussischen Bewaffneten im Osten des Landes
       scheint bevorzustehen. 40 Kilometer nördlich der von den Aufständischen
       kontrollierten Kleinstadt Slawjansk sah ein AP-Reporter am Dienstag
       mindestens 14 Schützenpanzerwagen mit ukrainischen Flaggen, einen
       Hubschrauber, Militärlastwagen und schweres militärisches Gerät. Darüber
       hinaus waren mindestens sieben Busse mit Regierungstruppen in schwarzen
       Kampfanzügen eingetroffen.
       
       Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow drohte am Dienstag
       erneut mit einem „Antiterroreinsatz“ gegen die „Separatisten“. Russland
       warnte davor.
       
       Regierungstruppen an einem Kontrollpunkt durchsuchten vorbeifahrende
       Fahrzeuge nach Waffen. Einer der Soldaten sagte, man warte auf den Befehl,
       nach Slawjansk einzurücken.
       
       In den Straßen der Stadt richteten die prorussischen Bewaffneten dagegen
       Kontrollpunkte ein, mindestens auf einer wehte die russische Flagge.
       Allerdings ist unklar, ob die hoch organisierten prorussischen
       Aufständischen das ukrainische Militär als Bedrohung empfinden. Ein am
       späten Montagabend online veröffentlichtes Video zeigte einen im Matsch auf
       einem Feld festgefahrenen ukrainischen Panzer außerhalb von Slawjansk.
       Einwohner liefen ihm zu Fuß hinterher.
       
       Der ukrainische Geheimdienst identifizierte am Dienstag einen Mann als
       Mitarbeiter des russischen Auslandsgeheimdiensts, der die prorussischen
       Operationen in Slawjansk leite. Er habe auch die russischen Truppen auf der
       Krim bei der Besetzung der Militäreinrichtungen auf der Halbinsel
       koordiniert.
       
       Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnte Kiew vor dem Einsatz von
       Gewalt gegen die prorussischen Demonstranten. Man könne nicht Panzer
       schicken und zur selben Zeit Gespräche führen, sagte er mit Blick auf die
       für Donnerstag geplanten Verhandlungen mit den USA, der Europäischen Union
       und der Ukraine über die Krise.
       
       ## UN: Minderheitenrechte müssen respektiert werden
       
       Nach Erkenntnissen von UN-Experten hat es in der Ukraine zwar vereinzelte
       Übergriffe auf Angehörige der russischen Minderheit gegeben, aber keine
       systematischen Attacken. Allerdings hätten Russen dort tatsächlich Angst,
       dass die Regierung in Kiew ihre Interessen nicht vertrete, heißt es in
       einem am Dienstag in Genf vorgelegten Bericht von
       UN-Menschenrechtsexperten. Darin ermahnten sie die Regierung in Kiew, die
       Rechte der russischen Minderheit zu respektieren.
       
       Die Lage in der Ostukraine bezeichnen die UN-Experten als äußerst
       angespannt. Zugleich weist der Bericht darauf hin, dass die gewalttätigen
       Auseinandersetzungen in der Region möglicherweise von russischen Agenten
       geschürt würden.
       
       Es gebe zahlreiche Behauptungen, wonach „einige Teilnehmer an den Protesten
       und Kämpfen politisch verfeindeter Gruppen, die bereits vier Menschenleben
       forderten, nicht aus der Region stammten und dass einige von ihnen aus
       Russland gekommen waren“. In dem Bericht wird auch auf Parallelen zwischen
       dem Vorgehen prorussischer Separatisten im Osten der Ukraine und den
       Aktionen hingewiesen, die zur Abspaltung der Krim führten.
       
       Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, rief die Regierung
       in Kiew auf, stärker für die Respektierung von Minderheiten und für deren
       gleichberechtigte Teilnahme am politischen Leben einzutreten. Zugleich sei
       es wichtig, gegen das Schüren von Hass zwischen den Bevölkerungsgruppen
       vorzugehen, erklärte sie.
       
       Als Ursache für die Unruhen in der Ukraine, die im Februar zum Sturz des
       Präsidenten Viktor Janukowitsch geführt hatten, nannten die UN-Experten die
       ausufernde Korruption sowie den Mangel an demokratischen Freiheiten unter
       dem damaligen Regime. Während der Proteste seien 121 Menschen getötet
       worden, die meisten von ihnen Regimegegner.
       
       Der Bericht entstand unter Federführung des stellvertretenden
       UN-Generalsekretärs für Menschenrechte, des kroatischen
       Rechtswissenschaftlers Ivan Simonovic. Grundlage sind Besuche und
       Erhebungen in der Ukraine, einschließlich der Krim, von November 2012 bis
       Ende März 2013.
       
       ## Schubumkehr in Slowakei-Pipeline
       
       Der Essener Energiekonzern RWE hat am Dienstag als erster europäischer
       Versorger mit Gaslieferungen an die Ukraine begonnen. Das Gas fließe über
       Polen und werde zu europäischen Großmarktpreisen einschließlich der
       Transportkosten abgerechnet, teilte RWE mit. Die Liefermenge wurde nicht
       genannt.
       
       Grundlage ist ein 2012 unterzeichneter Rahmenvertrag mit dem ukrainischen
       Staatsunternehmen Naftogaz mit der Option zur Lieferung von jährlich bis zu
       10 Milliarden Kubikmetern Gas. Das ist eine erhebliche Menge: Der gesamte
       Gasverbrauch Deutschlands liegt bei 80 bis 90 Milliarden Kubikmetern im
       Jahr.
       
       Russland hatte im Zuge des Konfliktes mit der Ukraine den Gaspreis für
       seine Lieferungen in das Nachbarland massiv erhöht. Der von Gazprom aktuell
       verlangte Preis liege nun nicht mehr deutlich unter dem europäischen
       Niveau, sondern rund 100 Dollar (72,50 Euro) pro 1000 Kubikmeter darüber,
       hieß es aus Marktkreisen. Deshalb seien Lieferungen aus dem Westen für die
       Ukraine derzeit äußerst attraktiv. Gas kostet auf den europäischen Märkten
       in etwa 380 Dollar (275 Euro) pro 1000 Kubikmeter.
       
       RWE hat 2013 bereits eine Milliarde Kubikmeter Gas an die Ukraine geliefert
       und deshalb Erfahrungen mit den Abläufen. Die Pipeline durch Polen ist eher
       klein. Weitere bedeutende Mengen könnten durch eine größere Leitung durch
       die Slowakei geführt werden. Dazu müssten aber politische und technische
       Probleme an der slowakisch-ukrainischen Grenze in den nächsten Wochen und
       Monaten gelöst werden, hieß es in der RWE-Mitteilung. Näher erläutern
       wollte das ein Sprecher nicht.
       
       Die Slowakei-Pipeline transportiert vor allem russisches Erdgas in den
       Westen. Sie hat aber genug freie Kapazität, um in Teilen per Schubumkehr
       („reverse flow“) auch Gas aus dem Westen nach Osten zu bringen. RWE bezieht
       sein Gas unter anderem aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Nach
       dem milden Winter 2013/2014 sind die Speicher bei vielen europäischen
       Versorgern gut gefüllt.
       
       15 Apr 2014
       
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