# taz.de -- Ressourcenstreit in der Westsahara: Keine Kontrolle über Öl und Tomaten
       
       > Die Bevölkerung der von Marokko besetzten Westsahara muss zusehen, wie
       > ihre Ressourcen an ausländische Unternehmen verkauft werden. Nun gibt's
       > Randale.
       
 (IMG) Bild: Tomaten aus der besetzten Westsahara landen als marokkanisches Erzeugnis in europäischen Supermärkten.
       
       MADRID taz | Die Polizei jagt Demonstranten durch die Stadt El Aaiún in der
       von Marokko besetzten Westsahara. Wo sie ihrer habhaft wird, folgen
       Verhaftungen und Schläge.
       
       Diese Szenen prägen derzeit das Straßenbild der Hauptstadt der ehemaligen
       spanischen Kolonie an Afrikas Nordwestküste gegenüber den Kanarischen
       Inseln. Es geht um das Erdöl des Landes, für das die Regierung in Rabat
       Bohrrechte vergibt.
       
       Der letzte Vertrag – der für die aktuellen Proteste verantwortlich ist –
       ging an die US-Firma Kosmos Energy. Sie will ab Oktober vor der Küste nach
       Erdöl suchen.
       
       „Wenn gesucht und gefördert wird, ohne die Interessen der Bevölkerung in
       der Westsahara zu berücksichtigen, wird das internationale Recht verletzt“,
       hatte der damalige UN-Subsekretär für rechtliche Angelegenheit bereits 2002
       gewarnt. Dessen ungeachtet hat Marokko drei von vier Claims an ausländische
       Unternehmen vergeben.
       
       Eins davon ist der französische Energiekonzern Total, der seinen Vertrag
       aus dem Jahre 2001 erst im Februar erneuert hat. Das könnte ihn jetzt gut 2
       Prozent seines Aktienkapitals kosten. Denn so viele Anteile hält der
       norwegische Souveränitätsfonds, dessen Richtlinien aber Investitionen in
       Unternehmen ausschließen, die Menschenrechte missachten. „Wir beobachten
       die Aktivitäten der Total in der Westsahara sehr aufmerksam“, heißt es aus
       dem Ethikkomitee des Fonds.
       
       ## Kapitalabzug droht
       
       Es wäre nicht das erste Mal, dass die Norweger Kapital aus der Westsahara
       abziehen. 2005 verkaufte der Fond seine Anteile am US-Erdölkonzern Kerr
       McGee, der genau dort suchte, wo heute Kosmos aktiv werden will. 2011 stieß
       er dann Aktien der Chemieunternehmen Potash Corporation Saskatchewan aus
       Kanada und FMC aus den USA ab. Der Grund: Beide bezogen Phosphat aus den
       Minen Bou Craa in der besetzten Westsahara.
       
       „Die Regierung in Rabat lässt die Bevölkerung der Westsahara nicht über die
       Unabhängigkeit abstimmen“, beschwert sich Erik Hagen, der Vorsitzende der
       Western Sahara Resource Watch (WSRW), einer internationalen
       Nichtregierungsorganisation, die die wirtschaftlichen Aktivitäten der
       Besatzungsmacht beobachtet. Die Vereinten Nationen versuchen seit über 20
       Jahren vergebens, eine Volksabstimmung zu organisieren – sie scheiterten
       dabei immer wieder an Marokko.
       
       Die Bodenschätze sind nicht das einzige Thema, das der WSRW Sorgen
       bereitet: Marokko beutet auch die Fischgründe vor der Küste der Westsahara
       sowie die Böden aus, beides mithilfe der Europäischen Union. Dank eines
       Freihandelsabkommens mit Rabat gelangen Tomaten aus dem Süden des besetzten
       Landstrichs in europäische Supermärkte. „In der Landwirtschaft werden
       Zuwanderer aus Marokko beschäftigt. Die Sahrauis sind dagegen weiterhin
       arbeitslos“, so die WSRW.
       
       ## Profiteur ist Spanien
       
       Das Gleiche gilt für die Fischereiindustrie, wo über 100.000 Marokkaner
       Arbeit gefunden haben. Ein Fischereiabkommen mit Marokko ermöglicht
       europäischen Fangflotten den Zugang zu Marokkos Gewässern – Westsahara
       inklusive.
       
       Davon profitiert ausgerechnet die ehemalige Kolonialmacht Spanien, was die
       Unterstützer der Unabhängigkeitsbestrebungen der Sahrauis für absurd
       halten: Solange die Bevölkerung einer ehemaligen Kolonie nicht frei über
       ihre Zukunft entscheidet, untersteht das Gebiet weiterhin der
       Verwaltungshoheit der ehemaligen Kolonialmacht. Und das ist im Falle der
       Westsahara nicht Marokko, das die Ressourcen verkauft, sondern Spanien, das
       sie mittels EU-Abkommen von den Besatzern erstanden hat.
       
       23 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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