# taz.de -- Politikerin-Mord in Spanien: Ungeliebtes Opfer
       
       > Die konservative Politikerin Isabel Carrasco wurde erschossen. Aus Rache?
       > Sie galt als korrupt, hatte zeitweise 12 Posten gleichzeitig inne.
       
 (IMG) Bild: Immer wieder wurden Vorwürfe gegen sie laut: Isabell Carrasco.
       
       MADRID taz | Vier Schüsse aus nächster Nähe setzten der Politikerkarriere
       der regionalen Vorsitzenden der konservativen Partido Popular (PP) und
       Chefin der Provinzialverwaltung im nordspanischen Léon, Isabel Carrasco, am
       Montag Nachmittag ein jähes Ende. Die 59-Jährige war auf dem Weg von ihrer
       Wohnung zum regionalen Sitz der in Spanien mit absoluter Mehrheit
       regierenden PP, als sie auf offener Straße niedergeschossen wurde. Alle
       Parteien mit Ausnahme der baskischen Separatisten von Bildu, setzten ihren
       Wahlkampf für einen Tag aus.
       
       Die sofort einsetztende Spekulation der konservativen Presse, die linke
       Aktivisten hinter der Bluttat sehen wollten, brach schnell wie ein
       Kartenhaus in sich zusammen. „Persönliche Rache“ sei das Motiv, hieß es nur
       kurze Zeit nach der Tat aus dem Innenministerium. Die Polizei hatte zwei
       Frauen – Mutter und Tochter – verhaftet. Ein pensionierter Polizist hatte
       sie am Tatort erkannt. Es handelt sich um die Frau und um die Tochter des
       Polizeichefs der nahegelegenen Kleinstadt Astorga. Beide Frauen gehören
       ebenfalls der PP an.
       
       Die mutmaßliche Schützin, Montserrat Triana Martínez González, kandidierte
       2007 für die PP zum Gemeinderat in Astorga. Kurz darauf wurde die heute
       35-jährige Ingenieurin von Carrascos Provinzverwaltung eingestellt. 2011
       wurde sie entlassen. Vor wenigen Tagen verlor Martínez González einen
       Arbeitsgerichtsprozess. „Es war eine Entlassung aus persönlichen und nicht
       aus beruflichen Gründen“, zitiert die Lokalpresse eine parteiinterne
       Quelle. Ob dies tatsächlich das Motiv für den Mord war, oder ob es weitere
       Gründe im Verhältnis von Opfer und Täterinnen gibt, wurde nicht bekannt.
       Die Ermittlungen sind derzeit geheim. Die beiden Verhafteten leugnen
       jedwede Tatbeteiligung.
       
       ## Schönheits-OPs aus der Staatskasse
       
       Der Versuch der PP, das Opfer zum Sympathieträger mitten im Europawahlkampf
       zu machen, will nicht so recht gelingen. Denn Isabel Carrasco war nicht
       irgendeine Politikerin. Die einst vom ehemaligen PP-Chef und
       Ministerpräsidenten José María Aznar geförderte Regionalpolitikerin steht
       für Machtfülle und Korruption. Sie bekleidete bis zu 12 Posten
       gleichzeitig. Neben dem Amt als Parteichefin und Regionalpräsidentin bezog
       sie Gehälter von mehreren öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen, denen
       sie ebenfalls vorstand. Bis zu 150.000 Euro soll sie pro Jahr verdient
       haben.
       
       Doch damit nicht genug. Immer wieder wurden Vorwürfe gegen Carrasco laut:
       Privatreisen sollen als Dienstreisen deklariert worden sein und selbst
       Schönheitsoperationen soll sie sich haben bezahlen lassen. Carrasco wurde
       von einem der wichtigsten investigativen Fernsehprogramme als Beispiel der
       alltäglichen Korruption der PP an den Pranger gestellt. Innerparteilich
       hatte sie so viel Macht, dass sie Kritiker mundtot machen konnte.
       
       „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“, twitterte eine Politikerin der
       sozialistischen Oppositionspartei PSOE. Sie wurde von ihrer Partei umgehend
       zum Rücktritt gezwungen.
       
       „Und wenn ein Opfer eine schlechte Person war?“, fragt auf den Seiten der
       alternativen Monatszeitschrift La Marea der Blogger [1][Hugo Martínez
       Abarca]. „Ein Verbrechen verwandelt ein Opfer nicht in eine wunderbare
       Person und eine furchtbare Person macht ein Verbrechen nicht akzeptabel.
       (...) Wenn die Schandflecken einer Ermordeten vertuscht werden sollen,
       lässt einen das vermuten, das diejenigen, die das machen, glauben, dass es
       besser ist, wenn wir nicht wissen von wem die Rede ist. Denn das könne das
       Verbrechen rechtfertigen“, schreibt er.
       
       13 May 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.lamarea.com/2014/05/13/y-si-una-victima-de-un-crimen-fue-una-mala-persona/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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