# taz.de -- Parlamentarische Eintracht: Alle gegen Roma-Klischees
       
       > Verkehrte Welt in der Bürgerschaft: Wutbürger Martin Korol will
       > rassistische Klischees bekämpfen und die CDU fordert mehr
       > Beratungsstellen als SPD und Grüne.
       
 (IMG) Bild: Die CDU fordert einen "Aktionsplan" zur Integration von Roma, lehnt einen Rechtsanspruch aber ab.
       
       So einig waren sich gestern alle Fraktionen in der Bremischen Bürgschaft,
       dass sich das linke und das rechte Lager bemühte, sich vom jeweils anderen
       abzugrenzen. Worum ging’s? Um die Integration von EU-BürgerInnen aus
       Bulgarien und Rumänien – die „alle, die hier sitzen, wollen“, wie der grüne
       Abgeordnete Hermann Kuhn nach einstündiger Debatte feststellte.
       
       Dies sagte er mit Blick auf den fehlenden „Bürger in Wut“ Jan Timke. Der
       hatte kürzlich gesagt: „Es kann nicht sein, dass die offenen Grenzen in
       Europa von Armutsmigranten vor allem aus Osteuropa dazu missbraucht werden,
       um in die Sozialsysteme anderer Mitgliedsstaaten einzuwandern.“
       
       Sein anwesender Parteikollege Martin Korol hingegen stimmte einem Antrag
       von SPD und Grünen zu, in dem der Senat aufgefordert wird, „der Verbreitung
       und Verhärtung rassistischer Klischees entgegenzuwirken, wie sie sich
       insbesondere gegen Roma-Familien ausbreiten“. Wegen der Verbreitung solcher
       Klischees hatte die SPD ihn im vergangenen September aus der Partei
       ausgeschlossen.
       
       Grüne und SPDler gaben sich gestern aber nicht weiter mit Korol ab.
       Stattdessen droschen sie auf die CDU ein, die einen eigenen Antrag
       eingebracht hatte mit dem Titel „Bremer Aktionsplan zur Integration
       ausländischer Roma vorlegen“.
       
       In diesem fordert die CDU konkrete Hilfen, in Form von Beratungsstellen und
       Netzwerken – eigentlich eine originäre Aufgabe für SozialpolitikerInnen der
       linken Parteien, doch seitdem die CDU die evangelikale Christin Sigrid
       Grönert in ihre Fraktion aufnehmen musste, kümmert die sich in deren Namen
       recht tatkräftig um die Armen und Entrechteten.
       
       Leicht wieder herstellen ließ sich die vertraute Rechts-Links-Ordnung,
       indem man sich darauf kaprizierte, dass die CDU eben nicht von BulgarInnen
       und RumänInnen im allgemeinen spricht, sondern von Roma. „Die ethnische
       Zugehörigkeit ist nicht die Ursache für deren Probleme“, klärte die
       SPD-Abgeordnete Valentina Tuchel ihre CDU-Kollegin auf. Und der grüne
       Staatsrat für Soziales, Horst Frehe,fragte, wie die Hilfen verteilt werden
       sollen. „Soll man erst fragen: ’Sind Sie Roma oder anderer Bulgare?‘“
       
       Und obwohl kein CDUler das Gegenteil behauptet hatte – jedenfalls nicht
       gestern in der Bürgerschaft –, belehrte sie der Grüne Kuhn, dass die
       EU-Freizügigkeit, nach der jeder und jede sich aufhalten darf, wo es
       beliebt, für alle gelte. „Nicht nur für uns!“
       
       Die CDU wiederum mäkelte an dem Senatsbericht herum, der ihr zu allgemein
       war und nur den Status quo beschreibt. Am Ende stimmte sie dennoch, wie
       alle anderen, dem rot-grünen Antrag zu, der vom Senat verlangt, die
       Integrationschancen der OsteuropäerInnen zu verbessern und ausbeuterischen
       Wohn- und Arbeitsverhältnissen entgegenzuwirken.
       
       Nur in zwei Punkten wollten sie gegenteiliger Meinung bleiben. Die CDU will
       keinen Rechtsanspruch auf Teilnahme an Integrationskursen für MigrantInnen
       aus EU-Mitgliedstaaten. Und sie ist dagegen, dass das Bundesministerium für
       Gesundheit die Kosten besonderer gesundheitlicher Versorgungsmaßnahmen wie
       Impfungen oder Tuberkulosebehandlungen übernimmt.
       
       22 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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