# taz.de -- Nachruf Reinhard Höppner: Keine Angst vor roten Socken
       
       > In der Nacht zu Pfingstmontag starb der SPD-Politiker, der Architekt des
       > Magdeburger Modells. Er war Mathematiker und kein Volkstribun.
       
 (IMG) Bild: Er war stur und hatte Gottvertrauen: Reinhard Höppner.
       
       Reinhard Höppner war Mathematiker. Geschadet hat das sicher nicht bei der
       Berechnung seiner Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt. Die SPD lässt
       sich von 1994 bis 2002 von der damaligen PDS tolerieren, zunächst mit den
       Grünen, ab 1998 allein. Als Magdeburger Modell geht diese erste Kooperation
       von SPD und PDS in die Geschichte ein.
       
       Die Berechnung war einfach: Union und PDS würden sich nie zu einer Mehrheit
       gegen die Regierung zusammenraufen. Praktisch. Für die SPD aber durchaus
       ein Wagnis: die Bundestagwahl stand bevor, und die CDU hämte mit ihrer
       legendären Rote-Socken-Kampagne, dass die SPD mit der ehemaligen
       Staatspartei gemeinsame Sache mache.
       
       Höppner blieb cool. Und die Bundesspitze trug sein Modell zunächst mit: Zu
       unattraktiv wirkte die Alternative, die Juniorpartnerschaft in einer Großen
       Koalition. 1998 versuchte allerdings Kanzlerkandidat Gerhard Schröder, der
       eine weitere Rote-Socken-Kampagne befürchtete, die Neuauflage zu
       verhindern. Aber Höppner war stur.
       
       Außer dem Denken des Mathematikers brachte Höppner auch noch eine ganze
       Portion Gottvertrauen mit. Der Sohn eines evangelischen Pfarrers hat sich
       zeitlebens in der Kirche engagiert. Seine Frau ist Pfarrerin, mit ihr hat
       er drei Kinder.
       
       ## Der Respekt war aufgebraucht
       
       In Sachsen-Anhalt, diesem nach dem Ende der DDR deindustrialisierten
       Landstrich mit einer Arbeitslosigkeit um die 17 Prozent, verließ den stets
       zurückhaltend wirkenden Höppner in der Alleinregierung das Glück. Analyse
       Gerhard Schröder: „Der Reinhard ist nun mal kein Volkstribun.“
       
       Der Respekt war aufgebraucht, die Wirtschaft kam nicht in Fahrt und mit dem
       bodenständigen Ex-Chefarzt Wolfgang Böhmer von der CDU hatte Höppner einen
       gefährlichen Gegner. Höppner verlor und zog sich aus der Politik zurück.
       
       Das Magdeburger Modell aber schrieb als Beginn der rot-roten Kooperation
       Geschichte: 1998 regierte Harald Ringstorff in Mecklenburg-Vorpommern mit
       der PDS, die Berliner rot-rote Koalition folgte 2002. Rot-Rot auf
       Bundesebene wird Reinhard Höppner nun nicht mehr erleben. Der 65-Jährige
       starb in der Nacht zu Pfingstmontag an Krebs.
       
       9 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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