# taz.de -- Amnesty kritisiert Türkei: 5.500 Anklagen drohen
       
       > Gegen Demonstranten geht die türkische Regierung schonungslos vor.
       > Polizisten bleiben fast immer straffrei – so lautet die Kritik von
       > Amnesty International.
       
 (IMG) Bild: Von Schilden und der Regierung geschützt: türkische Polizisten.
       
       ISTANBUL/BERLIN dpa/epd | Ein Jahr nach den landesweiten Gezi-Protesten in
       der Türkei hat Amnesty International der Regierung in Ankara anhaltende
       Unterdrückung friedlicher Proteste durch Polizeigewalt vorgeworfen.
       
       Auch in den vergangenen Tagen seien mehrere Demonstrationen zum Jahrestag
       der Gezi-Park-Proteste in verschiedenen türkischen Städten verboten oder
       gewaltsam unter Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken aufgelöst worden,
       erklärte die Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland, Selmin
       Caliskan[1][, am Dienstag in Berlin.] 
       
       In einem am Dienstag
       [2][//cloud.amnesty.de/public.php?service=files&t=ee8f705028449eeddf6eea014
       741d717:in Istanbul vorgestellten Bericht] dokumentierte Amnesty die
       Polizeigewalt gegen die Proteste vor einem Jahr, die weitgehend keine
       Strafen für die Polzisten nach sich gezogen habe. Die einseitige
       juristische Aufarbeitung der Gezi-Park-Proteste sei erschütternd, sagte
       Caliskan. „Die Botschaft ist klar: Friedliche Demonstrationen werden nicht
       toleriert“, kritisierte die Menschenrechtsorganisation.
       
       Mehr als 5.500 Menschen drohe wegen Organisation, Teilnahme oder
       Unterstützung der Gezi-Proteste strafrechtliche Verfolgung. Dagegen seien
       trotz Hunderter Beschwerden nur neun Polizisten angeklagt worden. Während
       schonungslos gegen Demonstranten vorgegangen werde, genieße die Polizei
       „fast vollständige Straffreiheit“, kritisierte Amnesty-Generalsekretär
       Salil Shetty.
       
       In den vergangenen Tagen seien Demonstrationen zum Gezi-Jahrestag „verboten
       und rücksichtslos und brutal mit Tränengas, Wasserwerfern und Prügeln
       aufgelöst“ worden. „Die Regierung muss den Kurs ändern, friedliche Proteste
       erlauben und Rechenschaft für Polizeiübergriffe sicherstellen.“ Die
       Menschenrechtslage in der Türkei habe sich insgesamt verschlechtert.
       
       Nach Amnesty-Angaben starben bei den Gezi-Protesten mindestens vier
       Menschen in direkter Folge von Polizeigewalt, 8.000 Menschen wurden
       verletzt. An diesem Donnerstag beginnt ein Prozess gegen führende
       Gezi-Aktivisten in Istanbul. Am selben Tag soll in Antalya in der Südtürkei
       eine erste Anhörung gegen Gezi-Demonstranten stattfinden, für die die
       Staatsanwaltschaft Medienberichten zufolge zwischen elf und 98 Jahre Haft
       fordert.
       
       Die Proteste hatten sich an Regierungsplänen entzündet, den Gezi-Park in
       Istanbul zu bebauen. Ende Mai vergangenen Jahres schlugen sie in
       landesweite Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung von
       Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan um. Sie ebbten im Spätsommer zwar
       ab. Trotzdem flammen bis heute immer wieder Demonstrationen auf, gegen die
       die Polizei mit großer Härte vorgeht.
       
       10 Jun 2014
       
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