# taz.de -- Body-Cams zur Deeskalation: Polizei nimmt’s auf die sichere Schulter
       
       > Versuchsweise sollen Polizisten in Hamburg und Bremen beim Einsatz in
       > Vergnügungsvierteln Schulterkameras tragen. Datenschützer und Opposition
       > haben Zweifel
       
 (IMG) Bild: Kleiner als eine Taschenlampe: "Body-Cams" wie hier im hessischen Frankfurt sollen auch Polizeibeamte in Hamburg und Bremen demnächst ausprobieren.
       
       HAMBURG / BREMEN taz | Wenn die Polizei im öffentlichen Raum filmt, dann
       tut sie das normalerweise mit großen, grauen Kameras, die an die Zeit des
       Kalten Krieges erinnern. In Bremen und Hamburg soll sich das nun ändern:
       Dort sollen Polizisten mit „Body-Cams“ ausgerüstet werden, die kleiner als
       eine Taschenlampe sind und, eingefasst in eine Spezialweste, auf eine
       Schulter passen.
       
       Die kleinen Kameras sollen weniger der Überwachung dienen als vielmehr
       dabei helfen, Gewalt gegen Polizisten zu vermeiden. Die Idee ist, dass ein
       potenzieller Gewalttäter es sich zweimal überlegt, ob er einen Polizisten
       schlägt, tritt oder bespuckt. Die Polizei hält diese Maßnahme für nötig –
       vor dem Hintergrund, dass die Fallzahlen von Gewalttaten gegen Polizisten
       bundesweit seit Jahren steigen.
       
       Im Einsatz sind die Schulterkameras bislang nur im hessischen Frankfurt.
       Von dort stammen auch die Zahlen, mit denen die Befürworter argumentieren:
       In den Frankfurter Probegebieten sank die Zahl der Angriffe auf Polizisten
       von 27 auf 20 im Jahr. Das Ergebnis hat den hessischen Innenminister Peter
       Beuth (CDU) überzeugt, sodass nun auch die Polizei in Wiesbaden und
       Offenbach Schulterkameras benutzt.
       
       In Hamburg sollen nach Informationen des örtlichen Abendblatts Beamte der
       Davidwache auf St. Pauli ab Herbst vier Kameras ausprobieren. In Bremen
       sollten sechs bis acht Kameras auf der „Discomeile“ zum Einsatz kommen,
       sagt der innenpolitische Sprecher der Bremer SPD-Bürgerschaftsfraktion,
       Sükrü Senkal.
       
       In beiden Städten handelt es sich um Pilotprojekte, mit denen die Polizei
       die Methode zunächst erproben will. Die genaue Ausgestaltung ist noch
       unklar: In Bremen haben die Grünen als Koalitionspartner der SPD
       grundsätzlich Zustimmung signalisiert, ihre Vorstellungen im Einzelnen aber
       noch nicht formuliert.
       
       Skeptisch ist Bremens Datenschutzbeauftragte Imke Sommer: „Gewalt geht
       nicht automatisch zurück, nur weil sie beobachtet wird“, sagte sie dem
       Weser-Kurier. Die meisten Taten würden nicht nach reiflicher Überlegung
       begangen, sondern im Affekt. Mit den Zahlen aus Hessen lasse sich nicht
       belegen, ob es ohne Kameras zu mehr Übergriffen gekommen wäre.
       
       In Hamburg steht eine abschließende Entscheidung der Behördenleitung noch
       aus. SPD-Innensenator Michael Neumann hat bei der Innenministerkonferenz
       erklärt, Hamburg sei aufgeschlossen für einen Modellversuch.
       
       Zaghafte Kritik übte am Wochenende die dortige Opposition: Es gebe
       „wichtigere Ausstattungsdefizite“ bei der Polizei, sagte etwa der
       CDU-Abgeordnete Kai Voet van Vormizeele. Und die Grüne Antje Möller äußerte
       Zweifel an der Wirksamkeit von Kameras – „egal ob auf Masten oder der
       Schulter“.
       
       Für die Frage, was Datenschützer zum Kameraeinsatz sagen, ist dessen
       konkrete Ausgestaltung maßgeblich: In Bremen beispielsweise will man dafür
       sorgen, dass alle Beteiligten immer sicher wissen, ob die Kamera läuft oder
       nicht – etwa durch ein gut sichtbares Kontrolllicht.
       
       Ferner sollen in Bremen – anders als in Hessen – Bilder mit Ton aufgenommen
       werden. Das solle gewährleisten, dass die Kameras auch etwaiges
       Fehlverhalten von Polizisten festhielten, sagt der Bremer SPD-Abgeordnete
       Senkal. „Die Polizei muss sich auch kontrollieren lassen. Das ist eine
       Win-win-Situation.“
       
       In Hamburg – wie auch in Bremen – soll die Kamera erst gestartet werden,
       wenn „eine Gefahrensituation für die Beamten und/oder der Anfangsverdacht
       einer Straftat vorliegen“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. Ansonsten
       solle „entgegen der Vorgehensweise in Hessen keine Bildaufzeichnung
       erfolgen“.
       
       Im Nachbarland Niedersachsen sei der Einsatz von Body-Cams derzeit kein
       Thema, sagt Matthias Eichler vom Innenministerium in Hannover. Und in
       Schleswig-Holstein „gibt es derzeit keine Entscheidung über das Ob oder
       Wann einer entsprechenden Erprobung“, sagt Polizeisprecher Jürgen Börner.
       
       Bislang kommen Body-Cams nur in speziellen Vierteln zum Einsatz, wo die
       Polizei verstärkte Probleme mit Betrunkenen, Kriminalität oder aggressivem
       Verhalten hat. Ein flächendeckender Einsatz dürfte auch eine Frage des
       Geldes sein: Die hessischen Schulterkameras kosten inklusive Weste 1.500
       Euro pro Stück.
       
       15 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Irler
       
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