# taz.de -- Reaktionen auf Landtagsasyl für Nazis: Lächerlich gemacht
       
       > 80 Teilnehmern einer NPD-Demo wurde Zuflucht im sächsischen Parlament
       > gewährt. Die Polizei fühlt sich nicht verantwortlich. Die
       > Oppositionsfraktionen sind empört.
       
 (IMG) Bild: Danke, es reicht: Die Fraktionen von SPD, Linkspartei und den Grünen verlassen aus Protest den Landtag
       
       DRESDEN epd | Der Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll hat jegliche
       Verantwortung dafür abgelehnt, dass NPD-Anhänger nach einer Demonstration
       am Dienstagabend Zuflucht im Gebäude des Sächsischen Landtages gewährt
       wurde. „Wer die Schwelle des Sächsischen Landtages überschreitet, bestimmt
       zuallerletzt der Polizeipräsident“, sagte Kroll am Mittwoch in der
       sächsischen Landeshauptstadt.
       
       Auch Einsatzleiter Uwe Göbel erklärte, er habe nach drohenden Attacken von
       linken Gegendemonstranten nicht selbst entschieden, die Neonazis in das
       Gebäude einzulassen. Dies tat offenbar der diensthabende stellvertretende
       Sicherheitsbeauftragte des Landtages.
       
       Am Dienstagabend hatten sich in etwa 500 Metern Entfernung vom
       Landtagsgebäude 80 NPD-Anhänger zu einer Demonstration gegen angebliche
       Medienwillkür vor dem „Haus der Presse“ versammelt. Ihnen standen in den
       angrenzenden Straßen etwa 400 Gegendemonstranten gegenüber.
       
       Am Ende der Kundgebung gegen 20 Uhr gab der Dresdner NPD-Versammlungsleiter
       Jens Baur den Rückmarsch entsprechend dem Hinweg in Richtung des
       Sächsischen Landtages bekannt. „Damit waren unsere vorbereiteten Sperren
       und unsere stille Rückzugstaktik konterkariert“, sagte Einsatzleiter Göbel.
       
       ## Nazis einzeln hinausbegleitet
       
       Nach Schilderungen Göbels und von Augenzeugen gelangten etwa 150 linke
       Gegendemonstranten auf den Landtagsvorplatz, bevor die NPD-Anhänger ihre
       Fahrzeuge erreichen konnten. Nach Gesprächen des stellvertretenden
       Sicherheitsbeauftragten des Landtags mit NPD-Abgeordneten wurden diese
       eingelassen und später einzeln von Polizisten über die Tiefgarage
       hinausbegleitet. Bildaufnahmen von sächsischen Oppositionspolitikern
       zeigen, wie sich die Neonazis sowohl im Foyer, als auch in anderen Räumen
       des Gebäudes aufhielten.
       
       Die Gegendemonstranten zogen nach etwa einer Stunde friedlich ab, nachdem
       anfangs Pfefferspray gegen sie eingesetzt worden war. Es habe keine
       Demonstrationssituation und keine akute Gefährdung gegeben, die den Einlass
       des „Häufleins Nazis“ rechtfertigen könnte, distanzierte sich
       Polizeipräsident Kroll vorsichtig von seinem Einsatzleiter. Er zeigte aber
       Verständnis für dessen präventives Handeln.
       
       Die Opposition im sächsischen Landtag reagierte empört auf das bislang
       einmalige Asyl für Neonazis. Die Linke verwies auf die sonst extrem
       scharfen Sicherheitsvorschriften, die sogar Bundestagsvizepräsidentin Petra
       Pau (Linke) am 13. Februar, dem Dresdner Gedenktag an die Zerstörung der
       Stadt, den Einlass verwehrten. Weil Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU)
       die sofortige Einberufung des Landtagspräsidiums verweigerte, boykottierte
       die Linke eine Fachregierungserklärung der laufenden Landtagssitzung.
       
       ## Landtagspräsident hält sich an die Tagesordnung
       
       „In einem Landtag, dessen Präsident Nazis Asyl im Parlamentsgebäude
       gewährt, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, erklärte
       Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. SPD-Fraktionschef Martin Dulig sieht
       durch den Vorfall „die Würde des Hauses verletzt“. Zugleich kritisierte er,
       dass der Landtagspräsident das Präsidium erst nach Ende der turnusmäßigen
       Landtagssitzung am Mittwochabend einberufen habe. „Wenn der Landtag von
       Rechtsradikalen missbraucht wird, darf die Demokratie nicht zur
       Tagesordnung übergehen“, fordert Dulig.
       
       Nach Auffassung seiner Kollegin Antje Hermenau von den Bündnisgrünen wurde
       der Landtag lächerlich gemacht. Für Donnerstag erwartet sie eine Erklärung
       des Innenministers vor dem Parlament. Das Klima im Hause sei vergiftet.
       
       Der NPD-Aufmarsch am Dienstag vor dem „Haus der Presse“ galt einem mehrere
       Stockwerke hohen Plakat an dem Gebäude, auf dem die Redaktion der
       Sächsischen Zeitung für Toleranz und Vielfalt wirbt. An der Kundgebung nahm
       auch NPD-Bundeschef Udo Pastörs teil.
       
       18 Jun 2014
       
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