# taz.de -- Neues Erneuerbare-Energien-Gesetz: Schwarz-Rot winkt die Reform durch
       
       > Trotz kurzfristiger Änderungen sieht die Regierung keinen Grund, erneut
       > Experten zur EEG-Reform zu hören. Dabei stecken im neuen Entwurf
       > Gefahren.
       
 (IMG) Bild: Ökostrom-Produktion könnte unsicherer werden
       
       BERLIN taz | Trotz Protest aus den Oppositionsparteien haben SPD und Union
       den jüngsten Entwurf zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) nur
       wenige Stunden nach dessen Veröffentlichung in den zuständigen
       Bundestagsausschüssen durchgewunken. Anträge von Grünen und Linken, die
       Abstimmung zu verschieben und eine weitere Expertenanhörung zu neuen
       Aspekten des Gesetzes durchzuführen, lehnte die Große Koalition mit ihrer
       Mehrheit ab.
       
       Weil das Recht, Anhörungen zu neuen Sachverhalten zu beantragen, eigentlich
       ein Minderheitenrecht der Opposition ist, sieht diese ihre Rechte verletzt.
       Die Abgeordneten der Linken verließen deshalb am Dienstagabend unter
       Protest die Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Union und SPD
       argumentieren, dass trotz der umfangreichen Änderungen keine gänzlich neuen
       Themen behandelt werden und damit kein Recht auf eine Anhörung bestehe.
       
       Diese Interpretation ist allerdings fragwürdig, denn einige wichtige Themen
       tauchen im neuen Entwurf erstmals auf. So sieht er etwa vor, dass es
       künftig keine Vergütung für erneuerbare Energie aus neuen Windparks und
       großen Solaranlagen gibt, wenn die Strompreise länger als sechs Stunden am
       Stück negativ sind. Dieses Phänomen, bei dem Kraftwerksbetreiber kein Geld
       für ihren Strom bekommen, sondern dafür bezahlen müssen, dass er ihnen
       abgenommen wird, tritt bisher nur selten auf, dann nämlich, wenn die
       Nachfrage nach Strom – wie etwa an Feiertagen – besonders gering ist,
       zugleich aber viel Ökostrom ins Netz eingespeist wird und konventionelle
       Kraftwerke nicht im nötigen Ausmaß heruntergefahren werden.
       
       Die Konsequenzen dieser neuen Regelung können auch Experten bisher nicht
       wirklich abschätzen. In den letzten drei Jahren gab es nach Auskunft des
       Branchendienstes Energy Brainpool nur siebenmal über einen Zeitraum von
       mehr als sechs Stunden negative Strompreise. Mit wachsendem Ökostromangebot
       könnte das aber häufiger vorkommen – vor allem wenn der sonstige Strom aus
       unflexiblen Kohle- und Atommeilern stammt.
       
       Das von SPD-Chef Sigmar Gabriel geführte Wirtschaftsministerium sieht in
       der neuen Regelung dennoch kein Problem. „Sechs Stunden negative
       Strompreise am Stück kommen selten vor“, sagt sein Staatssekretär Rainer
       Baake. „Die neue Regelung wird die Kalkulation der Investoren darum nicht
       beeinflussen.“
       
       ## Angst vor Risikoaufschlägen
       
       Das sieht Wolfram Axthelm vom Bundesverband Windenergie ganz anders. „Die
       Häufigkeit negativer Strompreise hängt von vielen Faktoren ab, die derzeit
       niemand voraussehen kann“, sagte er der taz. „Die Regelung schafft darum in
       jedem Fall eine Unsicherheit, die etwa bei Krediten zu Risikoaufschlägen
       führen kann.“ Carsten Körnig vom Bundesverband Solarenergie ist ebenfalls
       empört. „Die Ökostromproduzenten sollen für die Konstruktionsfehler des
       veralteten Strommarktdesigns die Zeche zahlen.“
       
       Die Kritik kommt dabei nicht nur von Vertretern der Erneuerbaren-Branche
       selbst, sondern auch von unabhängigen Experten. Thorsten Lenck vom
       Beratungsunternehmen Energy Brainpool etwa erwartet ebenfalls negative
       Auswirkungen „Die Vermarktung wird dadurch riskanter und in der Konsequenz
       die Finanzierung von Neuanlagen erschwert.“ Und Patrick Graichen vom
       Thinktank Agora Energiewende, bei dem zuvor auch der heutige Staatssekretär
       Baake arbeitete, hält die Pläne ebenfalls für problematisch, sofern sie
       nicht wenigstens um andere Regeln ergänzt werden. Um negative Strompreise
       zu verhindern, sei es wichtig, „dass möglichst bald ein Gesetz zur
       Flexibilisierung von Stromangebot und Stromnachfrage erarbeitet wird“.
       
       Empört über die Regierungspläne ist auch die Grünen-Abgeordnete Julia
       Verlinden. „Diese Regelung ist ein klarer Angriff auf den Einspeisevorrang
       für Ökostrom“, sagte sie. Im Bundestag, wo das Gesetz am Freitag
       verabschiedet wird, ist allerdings nicht mehr mit Widerstand zu rechnen: In
       der Unionsfraktion stimmten am Dienstagnachmittag nur 18 Abgeordnete gegen
       das Gesetz, bei der SPD gab es genau eine Gegenstimme.
       
       25 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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