# taz.de -- Matchwinner Neuer: „Das war ein bisschen bayernlike“
       
       > Torwart Manuel Neuer agierte gegen Algerien in Bestform – raumgreifend
       > und riskant. Es gibt Lob von allen Seiten. Doch es hätte auch schiefgehen
       > können.
       
 (IMG) Bild: Kein Vorbeikommen: Manuel Neuer war im Achtelfinale gegen Algerien der beste Mann auf dem Platz.
       
       PORTO ALEGRE taz | Eines kann man mit Gewissheit sagen: Manuel Neuer wäre
       so oder so die Protagonistenrolle vorbehalten gewesen. Hätte er sich nur
       einmal an diesem Abend ein wenig verschätzt, wäre um eine Zehntelsekunde zu
       spät aus seinem Tor gestürmt, dann stände möglicherweise Algerien nun im
       Viertelfinale. Und Neuer wäre einer der Hauptangeklagten für Deutschlands
       historisch frühes Ausscheiden gewesen.
       
       Es ist ein schmaler Grat, wie auch Neuer erklärte. „In der ein oder anderen
       Situation musste ich Kopf und Kragen riskieren, aber das ist auch mein
       Spiel“. Das seien keine leichten Entscheidungen. Aber er sei der Letzte,
       der sich darüber beschweren würde.
       
       Er liebt den Kitzel des ungeschützten Risikos. Man müsse seine Entschlüsse
       eben zu 100 Prozent durchziehen, berichtete er. Und am Montagabend, so
       schien es, genoss es der 28-Jährige ganz besonders, von seinen waghalsigen
       Erlebnissen zu berichten, die den 2:1 Erfolg nach Verlängerung möglich
       machten.
       
       Das lag vermutlich auch daran, dass sich vor der WM kaum jemand wegen
       seines möglichen verletzungsbedingten Ausfalls sorgte. Nach den guten
       Leistungen von Ersatzkeeper Roman Weidenfeller entstand der Eindruck, es
       sei eigentlich sowieso egal, wer im deutschen Tor stünde. Einen besseren
       Gegenbeweis als das Spiel gegen Algerien hätte sich Manuel Neuer nicht
       wünschen können.
       
       ## „Der kompletteste Torhüter der Welt“
       
       Diese Partie war derart auf seine Qualitäten zugeschnitten, dass er sogar
       noch seine Teamkollegen überraschte. „Wie schnell der auch ist“, staunte
       Christoph Kramer. „Zweimal kam der so schnell raus, das hätte ich nicht
       geschafft.“ Auch um seine Beidfüßigkeit könnte ihn so mancher Feldspieler
       beneiden.
       
       Neuer bringt vieles mit. Er ist der Generalist unter den Torhütern. Er
       verfügt nicht nur über gute Reflexe auf der Linie, sondern auch über
       ungewöhnliche Antizipationsfähigkeiten. In den Einzeldisziplinen mag es
       bessere geben, aber beides auf dem Niveau von Neuer zu verbinden, das ist
       selten.
       
       Dass er manchmal auch danebenliegt, gehört zum Berufsrisiko des modernen
       Torwartsspiels, auch wenn es einen zuweilen im öffentlichen Ansehen
       zurückwirft. „Er ist der kompletteste Torhüter der Welt“, lobte ihn an
       diesem Abend sein Torwarttrainer Andreas Köpke.
       
       Gegen Algerien konnte er zudem wieder seine katapultartigen Weitwürfe, mit
       denen er das Spiel zu beschleunigen pflegt, einstreuen. Erstmals in diesem
       Turnier, wie Neuer betonte. Seine Schulterverletzung hat er also pünktlich
       vor den entscheidenden Begegnungen dieser WM vollends überwunden.
       
       ## Der schmale Grat
       
       Es verwunderte nicht, dass er nach dieser für ihn so maßgeschneiderten
       Partie äußerst milde über seine Teamkollegen urteilte. Wenngleich er derart
       viel riskieren musste wie selten zuvor in einem Länderspiel, wollte er
       keinen Fehler im System erkennen. „Das war ein bisschen bayernlike“, sagte
       er zu der hochstehenden deutschen Defensive. Ein äußerst schmeichelhafter
       Vergleich angesichts der vielen Fehlpässe im deutschen Aufbauspiel. Und
       Shkodran Mustafi, der sich in der 70. Minute einen Muskelriss zuzog und
       nach Hause muss, stellte er ein überraschend gutes Abschlusszeugnis aus:
       „Er hat ein gutes Spiel gemacht.“
       
       Er wollte den Neuling auch ein wenig vor dem unfairen Vergleich mit Philipp
       Lahm schützen, der danach auf dessen Position rückte. Aber letztlich war
       Mustafi ebenso wie Boateng und Mertesacker als größtes Verdienst
       anzurechnen, dass sie Neuer gut aussehen ließen.
       
       Manuel Neuer ist einer, der stets mit breiter Brust auf dem schmalen Grat
       wandelt, der allerdings zu seinem Spiel gehört. Er ist insofern nicht auf
       jedes Lob angewiesen.
       
       So machte er auch die Witterung in Porto Alegre dafür verantwortlich, dass
       er nicht zum Deppen der Nation wurde. Im Süden Brasiliens hatte es die
       ganze Nacht vor dem Spiel geregnet. Auf trockenen Halmen, so Neuer, bleibe
       der Ball manchmal früher und unvorhersehbarer stecken. Die Nässe habe ihm
       geholfen.
       
       1 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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