# taz.de -- Nachruf auf Johnny Winter: Der weiße Papst der schwarzen Kunst
       
       > Der Meister der Bluesgitarre, Johnny Winter, ist tot. Als einer der
       > wenigen Weißen wurde er in die Blues Hall of Fame aufgenommen.
       
 (IMG) Bild: Johnny Winter 2008 im südspanischen Murcia.
       
       Die Biesdorfer Parkbühne zählt sicherlich nicht zu den ersten
       Konzertadressen in Berlin. Doch genau dort gab Johnny Winter, die
       Blueslegende, die schon in Woodstock die Massen begeisterte, Ende Mai sein
       letztes Deutschlandkonzert. Es wurde zu einem seiner letzten Konzerte
       überhaupt. Am Donnerstag ist Johnny Winter im Alter von 70 Jahren in Zürich
       gestorben.
       
       Ein sehr alt wirkender Mann, mit fast glasiger Haut und schlohweißem,
       langen Haar, so saß er im Mai in seinem Tourbus. Die rechte Hand zittert
       permanent und die kleinen Äuglein sind kaum noch in der Lage das Gegenüber
       zu fixieren. Dieser alte Mann ist Bluesgitarrist Johnny Winter und sein
       Geist ist hellwach als er zu sprechen beginnt und sich sogleich an die
       Anfänge seiner langen musikalischen Karriere erinnert: „Schon mit zwölf
       wusste ich, dass ich Musiker werden wollte.
       
       Der Blues hatte mich aber noch nicht gepackt. Ich hörte Chuck Berry, den
       frühen Elvis und Jerry Lee Lewis. Aber ich spielte schon eine Weile
       Gitarre. Und dann hörte ich im Radio einen Blues. Der Raum erstrahlte in
       tiefem Gefühl. Eine Regung, die mir nicht fremd war, aber von der ich
       damals nicht wusste, wohin damit.“ Und Johnny Winter war nicht nur versiert
       an der Bluesgitarre. Er war ein Meister. Nicht umsonst wurde er einmal als
       „weißer Papst der schwarzen Kunst“ bezeichnet. Als einer der wenigen Weißen
       wurde er in die Blues Hall of Fame aufgenommen.
       
       Winter hatte zwar eingehend die Gitarrentechniken von Muddy Waters, B.B.
       King und Bobby Bland studiert, kopieren war seine Sache aber nicht. Selbst,
       wenn er Songs anderer Künstler interpretierte. Johnny Winter sezierte
       Akkorde bis auf die Knochen. Sein kühler, brutaler und schneidend scharfer
       Gitarrenton zerfurchte die Melodien, um sie schlussendlich mit
       größtmöglicher Emotion wieder aufzuladen. So hielt er es mit all seinen
       Stücken und erregte damit in den USA Ende der Sechziger erstmals
       Aufmerksamkeit. Beim legendären Festival in Woodstock stand er auf der
       Bühne.
       
       Die Legende erzählt, dass ihn dort Janis Joplin mit Heroin vertraut machte
       und er anschließend für längere Zeit im Drogensumpf versank. Einer seiner
       größten Träume sollte sich für Winter dennoch erfüllen, als er den
       Blues-Musiker Muddy Waters wieder aus der Versenkung holen konnte und vier
       Alben mit ihm produzierte. Winter begleitete Waters zwischen 1977 und 1980
       auch auf der Gitarre. Danach wurde es stiller um ihn.
       
       Auch als alter Mann hatte Johnny Winter noch den Blues. Dieses tiefe
       Gefühl. Just, in dem Moment, als er die Bühne betrat und ihm seine Gitarre
       gereicht wurde, erblühte er zu einem anderen Menschen. Weit entfernt von
       dem Leben, das er wenige Augenblicke zuvor lebte.
       
       Posthum erscheint im September sein Album „Step Back“. Als wäre es eine
       vorweg genommene Reminiszenz an den großen Meister, geben sich dort
       Musiker, wie Eric Clapton, Billy Gibbons, oder Dr. John die Ehre. Er hat es
       auch verdient: Johnny Winter wollte immer als großer Blues-Musiker in die
       Geschichte eingehen. Und genau das ist ihm gelungen.
       
       17 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franz Zipperer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rock
 (DIR) Blues
 (DIR) Blues
 (DIR) Gitarre
 (DIR) Blues
 (DIR) Diedrich Diederichsen
 (DIR) Musik
 (DIR) Punk
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Tod der Blues-Legende B.B. King: Töchter vermuten Vergiftung
       
       B.B. King sei von seinen Mitarbeitern vergiftet worden, behaupten dessen
       Töchter. Womöglich ist das nur die zweite Runde einer juristischen
       Schlammschlacht.
       
 (DIR) Zum Tod des Blueslegende B.B. King: Verbogene Noten
       
       Er kam von den Baumwollfeldern des Mississippi. Mit seinen aufbrausenden
       Akkorden und subtilen Vibratos hat B.B. King den Blues geprägt.
       
 (DIR) B.B. King gestorben: Der König des Blues
       
       Er beeinflusste ganze Generationen von Musikern. Am Donnerstag ist die
       Blues-Legende B.B. King im Alter von 89 Jahren in Las Vegas gestorben.
       
 (DIR) US-Band NRBQ: Die beste Band der Welt
       
       Bob Dylan liebt sie, Paul McCartney und Elvis Costello lieben sie auch. Nun
       tingelt die Band NRBQ mit ihrem Album „Brass Tracks“ durch die Provinz.
       
 (DIR) Diedrich Diederichsens „Über Pop-Musik“: Kein abgeschlossenes Projekt
       
       Diederichsens Buch „Über Pop-Musik“ ist der geglückte Versuch, Pop-Ästhetik
       und ihre deskriptive Beschreibung um eine Rezeptionsgeschichte zu
       erweitern.
       
 (DIR) Zum Tode JJ Cales: Ein wunderbar sympathischer Typ
       
       Seine Erfolge verdankte er anderen Musikern. Eric Clapton, Lynyrd Skynyrd
       und Captain Beefheart coverten sein großes Werk.
       
 (DIR) Wie der Punk nach Hannover kam (IV): Face der Coole
       
       Style-mäßig bilden sich in der Szene drei Hauptrichtungen heraus. Unser
       Autor bevorzugt ein besonders hartes, verwahrlostes Outfit.
       
 (DIR) Baaders Stammheimer Plattensammlung: Black Magic Gudrun
       
       RAF-Chef und Staatsfeind Nr. 1: Andreas Baaders Musikgeschmack war der von
       Millionen. In Stammheim hörte er Santana, Jethro Tull und, ähem, Iron
       Butterfly.