# taz.de -- Proteste gegen Gazakrieg: „Ablehnung ist die Klammer“
       
       > Mitten in die Debatte über Antisemitismus im Nahost-Konflikt fällt am
       > Freitag die Al-Quds-Demo. Nichts vereine mehr als der Hass auf Israel,
       > sagt der Autor Jan Riebe.
       
 (IMG) Bild: Proteste gegen den Krieg in Gaza Mitte Juli. Jan Riebe glaubt nicht, dass die aktuellen Entwicklungen den Al-Quds-Tag am Freitag prägen werden
       
       taz: Herr Riebe, am Freitag findet auf dem Ku‘damm die Al-Quds-Demo statt.
       Was ist der Hintergrund dieses Marsches? 
       
       Jan Riebe: Der Al-Quds-Tag ist im Iran ein Feiertag, der auf Ayatollah
       Chomeini zurückgeht. Er rief 1979 erstmals alle Muslime weltweit dazu auf,
       für die „Befreiung“ Jerusalems auf die Straße zu gehen. „Befreiung“
       bedeutet in diesem Zusammenhang nichts anderes als: Der Staat Israel muss
       verschwinden.
       
       Rechnen Sie mit antisemitischen Parolen, wie sie zuletzt auf
       propalästinensischen Demos zu hören waren? 
       
       Die Veranstalter des Al-Quds-Marsches haben bisher großen Wert darauf
       gelegt, nicht als antisemitisch zu erscheinen. Sie versuchen, die Auflagen
       der Polizei zu erfüllen. Ob sie die Menschen, die zum Marsch auftauchen,
       unter Kontrolle haben, vermag ich zwar nicht zu sagen. Ich vermute aber
       trotzdem, dass aufgrund der Sorge ums Image keine volksverhetzenden
       Sprechchöre oder Übergriffe von der Demonstration ausgehen werden.
       
       Welchen Einfluss hat die aktuelle Situation in Nahost auf den diesjährigen
       Marsch? 
       
       Der Al-Quds-Marsch war schon immer antisemitisch und antiisraelisch. Ob die
       aktuellen Entwicklungen im Nahost-Konflikt den Charakter der Veranstaltung
       prägen, ist jedoch fraglich. Schließlich ist der Marsch eine schiitische
       Demonstration, die Hamas ist eine sunnitische Organisation. Für sunnitische
       Muslime ist das ein gewisses Hemmnis, an der Veranstaltung teilzunehmen.
       Einige erwarten am Freitag eine Demonstration mit mehr als 1.000
       Teilnehmern. Ob tatsächlich so viele Menschen kommen, bezweifle ich.
       
       Welche Gruppen sind am Freitag auf der Straße zu erwarten? 
       
       Es werden Menschen aus vollkommen unterschiedlichen Spektren demonstrieren,
       nicht nur Schiiten und Konvertiten. Auch Verschwörungstheoretiker,
       Rechtsextreme, antiisraelische Linke und Antiimperialisten werden zugegen
       sein. Seit Jahren beteiligen sich sogar Vertreter einer orthodoxen
       jüdischen Sekte. Sie glaubt, dass es den Staat Israel so nicht geben dürfe,
       sondern erst dann, wenn der Prophet wiedergekehrt sei.
       
       Gibt es zwischen diesen antagonistischen Kräften auf einer Demonstration
       keine Konflikte? 
       
       Kein Thema eint in Deutschland über so viele Grenzen hinweg wie die
       Ablehnung Israels. Diese Ablehnung ist die Klammer, die diese Gruppen
       zusammenhält. Auch wenn im Vorfeld mit antisemitischen Botschaften für den
       Marsch mobilisiert wird, hält das beispielsweise Linke nicht davon ab,
       daran teilzunehmen.
       
       Gegen Nazi-Aufmärsche gehen Tausende auf die Straße. 
       
       Bei Demonstrationen gegen Nazis wissen die Leute genau, gegen was sie
       protestieren. Gegen den Al-Quds-Tag zu mobilisieren ist wesentlich
       komplizierter. Erstens kennen viele Menschen Inhalt und Hintergründe nicht.
       Manche Linke und Liberale haben sie gar nicht auf dem Schirm. Andere
       erkennen deren antisemitischen Charakter nicht.Zweitens sind es vorwiegend
       Menschen mit Migrationshintergrund, die am Al-Quds-Tag marschieren. Viele
       befürchten, als rassistisch zu gelten, wenn sie gegen die demonstrieren.
       
       23 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Bolsinger
       
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