# taz.de -- Die Wahrheit: Im Rotweintank
       
       > Bei den Sozialdemokraten ist der Aufruhr groß: Welchem Genossen gelingt
       > der nächste richtig geile Skandal?
       
 (IMG) Bild: WW 3 und Hartz V: Skandalmacher Sigmar Gabriel
       
       Friedhofsruhe, wenn nicht Totenstarre ist es, was derzeit bei den
       Sozialdemokraten herrscht - jedenfalls an der matt schimmernden Oberfläche
       der jahrhundertealten Partei. Wer indes hinabtaucht in die pupsgraue Welt
       ihrer Ortsvereine und Bezirksgliederungen, stellt flugs fest: An der Basis
       gärt es wie in einem verrosteten Rotweintank. Seit die wichtigsten
       Innenexperten der Fraktion nacheinander als pädophile Pornofans und
       durchgeknallte Drogenfreaks geoutet worden sind, gibt es nur noch eins, was
       die aufgekratzten Mitglieder beschäftigt: Wer ist der Nächste? Und mit
       welchem herrlichen Verstoß gegen die guten Sitten wird er in den nächsten
       Wochen einen handfesten Skandal entfachen?
       
       Alle Augen richten sich wie selbstverständlich auf Thomas Oppermann. Der
       Vorsitzende der Bundestagsfraktion ist in der Öffentlichkeit bekannt wie
       ein gründlich entfärbter Hund. Er war über lange Jahre hinweg ebenfalls
       eine innenpolitische Koryphäe und wäre, wie viele Genossen betonen, absolut
       verdient an der Reihe.
       
       Ihm trauen sie einiges zu: Taschendiebstahl, Scheckkartenbetrug,
       Produktpiraterie, vielleicht sogar den Betrieb mehrerer illegaler Bordelle,
       darunter eins mit Flatrate-Angebot. Außerdem hat er durch sein
       ungeschicktes Wirken in der Edathyaffäre bewiesen, dass er auffällig wenig
       Talent zum Krisenmanagement besitzt. Viele freuen sich jetzt schon: Im
       Falle eines heftigen Mediengewitters würde er womöglich für monatelange
       Peinlichkeiten bürgen.
       
       Denn beileibe nicht alle Mitglieder fürchten sich vor dem heranrollenden
       Skandal. Eine überwältigende Mehrheit sieht in den Enthüllungen die Chance,
       endlich das Image der SPD aufzupolieren. Dass die biederste aller Parteien
       eine Frischzellenkur nötig hat, wissen an der Basis alle. Von den delikaten
       Schlagzeilen erhoffen sie sich mehr Aufmerksamkeit für ihre
       stinklangweiligen Probleme. Manch einer sieht sogar die Zeit für einen
       grundlegenden Richtungswechsel gekommen; bunter und menschlicher soll die
       Partei werden. Zudem fehlt es, wie Parteistrategen betonen, nach dem
       Ausscheiden der FDP aus dem parlamentarischen System an einer wählbaren
       Alternative für das kriminelle Milieu.
       
       ## Eins-a-Gerüchte im Umlauf
       
       Solange Oppermann von seinen Machenschaften allerdings nichts nach außen
       dringen lässt, richten sich die Hoffnungen weiterhin auf die Innenpolitik,
       genauer: einige zweitrangige Innenpolitiker, denen Urkundenfälschung und
       Waffenschmuggel nachgesagt werden. Sollten sich die Verdächtigungen als
       grundlos erweisen, ist aber auf jeden Fall die Parteiprominenz dran. Über
       die Landesgrößen Hannelore Kraft und Olaf Scholz sind schon lange
       Eins-a-Gerüchte im Umlauf, es geht um Datenkorruption, Tierquälerei und
       Sextourismus. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz könnte dem Vernehmen
       nach Praktikantinnen misshandelt und Bahnbonuspunkte missbräuchlich
       abgerechnet haben.
       
       Andere im Fußvolk bringen hingegen Spitzengenossen ins Spiel, die ohnehin
       auf der Abschussliste stehen - zum Beispiel die große Unbekannte der
       Partei, Generalsekretärin XY (Name der Redaktion bekannt). Ihr werden
       Falschparken mit Minderjährigen sowie anonyme Postings im Internet mit
       teilweise haarsträubend falschgeschriebenen Beschimpfungen vorgeworfen. Und
       über Klaus Wowereit ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, er verantworte
       unglaubliche Schlampereien bei einem milliardenteuren Großbauprojekt -
       sollte sich dieser ungeheuerliche Verdacht bewahrheiten, das schwant
       inzwischen jedem, müsste der Regierende Bürgermeister sofort zurücktreten
       und im Ausland untertauchen.
       
       Ganz besonders pikant brodelt die Gerüchteküche aber, wenn es um die Spitze
       der Partei und ihre Regierungsmitglieder geht. "Der Kopf stinkt natürlich
       besonders nach Fisch, also, äh, aus dem Mund", stammeln zu diesem Thema die
       meisten Genossen, weil sie wie alle Sozialdemokraten wieder einmal die
       richtigen Worte nicht finden.
       
       Die da hießen: Eine Hydra stinkt selbstverständlich von ihren vielen Köpfen
       her. Bei Heiko Maas, Manuela Schwesig und Barbara Hendricks ist man sich
       deshalb sicher: Lebensmittelvergiftung, Beschaffungskriminalität, Zoophilie
       in Tateinheit mit Menschenverachtung und Samenraub sind das Allermindeste,
       was diese Herrschaften auf dem Kerbholz haben. Aber was ist mit Nahles, was
       mit Steinmeier? Wer ist am nächsten an der Innenpolitik dran, wer generell
       am perversesten und rauschmäßig am schärfsten drauf? Kurzum: Wer zerhackt
       bedrogt zu Hause Postbotinnen mit dem Beil, wer macht dem Nachbarshund in
       aller Öffentlichkeit auf den Kopf?
       
       Im Willy-Brandt-Haus ist man sich einig: Solches und ähnliches kann nur der
       Gabriel. Die über zweihundert Angestellten in der Parteizentrale trauen dem
       Mann aus Erfahrung "alles zu" bzw. "nicht über den Weg" und wetten deshalb
       hohe Summen darauf, dass er am Ende das Rennen macht. Für welches Vergehen
       genau er dann Rechenschaft ablegen muss, möchten sie lieber nicht sagen.
       Die Chiffren, die dafür unter ihnen kursieren, lauten jedenfalls "Hartz V"
       und "WW 3".
       
       26 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mark-Stefan Tietze
       
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