# taz.de -- Streit um Islamophobie bei Springer: „Bild“ zofft sich öffentlich
       
       > Öffentlich entschuldigen sich die Chefs von „Bild“ und „Bild am Sonntag“
       > für einen islamfeindlichen Text. Ändert sich da etwas an der Blattlinie
       > der „Bild“?
       
 (IMG) Bild: „Bild“: Wendet sich das Blatt?
       
       BERLIN taz | Deutlicher hätte er es nicht schreiben können: „Wer eine
       Religion pauschal ablehnt, der stellt sich gegen Millionen und Milliarden
       Menschen, die in überwältigender Mehrheit friedlich leben.“ Mit diesen
       Worten reagierte Bild-Chefredakteur Kai Diekmann ([1][Link auf Bild.de])
       Montag auf den islamfeindlichen Kommentar seines Kollegen Nicolaus Fest.
       Fest, selbst stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag (BamS)
       hatte am Sonntag unter der Überschrift „Islam als Integrationshindernis“
       ([2][Link zu Bild.de]) den Islam mit Ehrenmorden und Zwangsheiraten
       gleichgesetzt. Sein Fazit: Der Islam sei ein Integrationshindernis. „Das
       sollte man bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen!“
       
       Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Politiker verurteilten
       den Kommentar, im Netz regten sich Hunderte über Fests „Engstirnigkeit“,
       „Dummheit“ und „Rassismus“ auf. „Für mich, Herr Nicolaus Fest, sind Sie für
       eigene Zwecke über Leichen gehender Abschaum“, [3][schrieb ein Blogger].
       Fest twitterte [4][unbeirrt zurück]: „Herrlicher Shitstorm! Offensichtlich
       finden viele Homophobie, Antisemitismus und Ehrenmorde völlig ok“.
       
       Kai Diekmann antwortete in der Ausgabe vom Montag: „Genau solche
       Auseinandersetzung entlang religiöser Grenzen wollen wir NICHT. Wir wollen
       sie nicht führen, nicht befördern und nicht herbeischreiben.“ Diekmann
       verantwortet zwar die Bild, hat aber auf die Berichterstattung der BamS
       keinen Einfluss. Marion Horn ist die zuständige Chefredakteurin der
       Sonntagsausgabe. Sie [5][verteidigte Nicolaus Fest] zunächst auf Twitter,
       [6][schrieb dann aber]: „Bild am Sonntag hat Gefühle verletzt. Ganz
       deutlich: Wir sind nicht islamfeindlich! Ich entschuldigte mich für den
       entstandenen Eindruck.“
       
       Zu einer offiziellen Stellungnahme war Montag kein Mitglied der
       Chefredaktion bereit. Über einen Sprecher ließ sie mitteilen: „Kommentare
       sind in der Regel die Einzelmeinungen eines Autoren und geben nicht den
       Standpunkt der Redaktion wieder – das ist das Wesen dieses journalistischen
       Formats.“ Nur hat man das bisher in der Bild so noch nicht gelesen. Ein
       Chefredakteur, der einen Kommentar kritisiert – das gab es noch nie bei der
       Bild. Redaktionsinterna dringen selten nach außen,
       Meinungsverschiedenheiten schon gar nicht.
       
       ## „Sensible und gefährliche Themen“
       
       Nicolaus Fest, Sohn des früheren FAZ-Herausgebers Joachim Fest, ist seit
       Oktober 2013 einer von drei Chefredakteuren der BamS. Integration und
       Zuwanderung sind seine Schwerpunkte. Auch in der Vergangenheit zog er mit
       polemischen Kommentaren die Kritik von Bloggern und Kollegen, wie [7][der
       Zeit-Autorin Carolin Emcke], auf sich. Im Blatt blieb das bislang
       allerdings unkommentiert. Ändert sich da nun also etwas an der Blattlinie
       der Bild? Oder war der Kommentar von Nicolaus Fest ein Ausrutscher, der
       eine Spur zu weit ging und den Diekmann, der Chef, so nicht stehen lassen
       konnte?
       
       Günther Wallraff, der sich in den 1970er Jahren in die Bild-Redaktion
       einschleuste und das Blatt seitdem beobachtet, glaubt Ersteres und findet
       das „zu begrüßen“.
       
       Ganz anders Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Arlt. Er hat mehrere Studien
       zur Bild geschrieben und sagt: „Die Bild hat viel Erfahrung mit
       öffentlicher Inszenierung: Der Pleite-Grieche, Florida-Rolf, die Causa
       Wulff. Solche Kampagnen setzen sich bei den Lesern fest und bringen das
       Blatt in die Öffentlichkeit. Das funktioniert auch jetzt wieder sehr gut:
       Alle berichten über den angeblichen Streit bei der Bild.“ Trotzdem ist Arlt
       skeptisch, ob die Redaktion den Fest-Kommentar aus reiner Berechnung
       gedruckt hat: „Migration und Integration sind so sensible und gefährliche
       Themen. Ich will den Verantwortlichen bei Bild nicht unterstellen, dass sie
       damit nur aus eigenem Interesse spielen.“
       
       ## Keine Konsequenzen
       
       Ahmet Külahci ist Kolumnist der Hürriyet. Den Kommentar von Fest findet er
       rassistisch, islamophob und gefährlich. „Immerhin hat die Bild aber den
       richtigen Weg gefunden, darauf zu reagieren.“ Dass sowohl Internetnutzer,
       als auch Kai Diekmann selbst, Nicolaus Fest heftig kritisierten, findet
       Külahci positiv – und ein Zeichen dafür, dass Islamophobie zunehmend
       weniger toleriert wird. Dass Diekmann den Gegenkommentar nur gedruckt hat,
       um die türkische Leserschaft der Zeitung zu besänftigen, glaubt er deshalb
       nicht.
       
       Konsequenzen hat Nicolaus Fest offenbar nicht zu erwarten. Sein Chef schien
       noch am Sonntagabend besänftigt [8][und twitterte], ohne Fest zu nennen:
       „Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine
       Chance.“
       
       28 Jul 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bild.de/news/standards/bild-kommentar/keine-pauschalurteile-ueber-den-islam-36999364.bild.html
 (DIR) [2] http://www.bild.de/news/standards/religionen/islam-als-integrationshindernis-36990528.bild.html
 (DIR) [3] http://blog-galore.blogspot.de/2014/07/lach-und-sachgeschichten-heute.html
 (DIR) [4] /BamS-Kommentar-zum-Islam/!143140/
 (DIR) [5] http://twitter.com/marionhorn/status/493368617501986816
 (DIR) [6] http://twitter.com/marionhorn/status/493461983929565184
 (DIR) [7] http://www.bildblog.de/nicolaus-fests-verkleideter-rassismus/
 (DIR) [8] http://twitter.com/KaiDiekmann/status/493490689423200257
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Fromm
       
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