# taz.de -- Nachhilfe in Sexualkunde: Wenn Heteros von Homos lernen
       
       > Seit Tausende gegen Schulpläne zur „sexuellen Vielfalt“ protestierten,
       > ist klar: Deutschland braucht dringend Nachhilfe. Hier kommt sie.
       
 (IMG) Bild: Schüler eines Baden-Württemberger Gymnasiums tragen beim Aktionstag für sexuelle Vielfalt bunte Röcke.
       
       Wie wäre das, wenn jeder irgendwann in seinem Leben ein Coming-Out feiert -
       nicht nur Schwule oder Lesben? Schließlich hat jeder Mensch Angewohnheiten
       oder Verhaltensweisen, die von der Norm abweichen.
       
       In der Titelgeschichte der taz.am wochenende vom 09./10. August 2014
       schlägt sonntaz-Autor Martin Reichert genau das vor: ein Coming-out für
       alle. „Denken Sie darüber nach, ob Sie sich für gewisse Aspekte ihrer
       Persönlichkeit schämen", empfiehlt er. „Gibt es Vorlieben, über die sie mit
       niemandem reden können? Vielleicht stehen sie auf Fußsex? Oder auf
       Gegenstände?".
       
       Die eigenen schambehaften Spleens nicht mehr zu unterdrücken und
       stattdessen der eigenen Familie mitzuteilen, berge schließlich ein großes
       Potential zur Befreiung des Selbst. Von der Angst, anders zu sein, blöd
       angestarrt zu werden oder nicht mehr dazuzugehören.
       
       Es gibt vieles, glaubt Reichert, was Heteros von Homos lernen können. Die
       besorgten, rund 100.000 Baden-Württemberger Eltern, die die Thematisierung
       von Homosexualität im Lehrplan fürchten, regen sich also völlig zu Unrecht
       auf.
       
       ## Weiter Weg zur Utopie
       
       Vermutlich wissen viele von ihnen noch nicht, dass Homosexualität seit 1992
       keine Krankheit mehr ist. Damals entfernte die WHO die
       gleichgeschlechtliche Liebe aus der „International Classification of
       Diseases". Seitdem hat sich zwar viel getan, aber die Diskussionen in
       Baden-Württemberger zeigen, dass es bis zur Utopie einer befreiten,
       egalitären Gesellschaft noch ein weiter Weg ist.
       
       In der taz.am wochenende formuliert Martin Reichert deshalb sieben
       Sexualkunde-Lernziele für Heteros, mit Hausaufgaben und Sätzen zum Merken.
       Gerade vom ungezwungeneren Umgang mit Sex könnten viele Heteros lernen -
       und verklemmten Menschen neue Möglichkeiten des Seins eröffnen. So sollten
       Männer sich endlich als Objekt der Begierde anerkennen - und die Angst
       davor verlieren, als schwul zu gelten, sobald sie bewusst ihre Körper
       einsetzen.
       
       Dass man auch ohne Schulunterricht von Homosexuellen lernen kann, berichten
       in der Titelgeschichte „Hefte raus, lockermachen!" der taz.am wochenende
       vier Heteros.
       
       ## Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit
       
       Kirill etwa, der als einziger heterosexueller Barkeeper in einer
       Schwulenbar arbeitet, schätzt vor allem die schärfere Selbstwahrnehmung,
       die er durch die Beobachtung homosexueller Lebenswelten erworben hat. Denn
       Schwule müssen selbst im vergleichsweise toleranten Deutschland „immer noch
       für das kämpfen, was für andere selbstverständlich ist." Zu wissen, dass
       die eigene Freiheit eine Errungenschaft ist anstatt sich auf der eigenen
       Normalität auszuruhen, findet Kirill sehr wichtig.
       
       taz-Autorin und L-Mag-Kolumnistin Margarete Stokowski erzählt, wie sie von
       der gesellschaftlichen Avantgarde der Schwulen und Lesben lernte „dass
       "Familie" nicht heißen muss, dass man miteinander verwandt ist oder
       irgendwas mit Kinderkriegen zu tun hat". Oder, dass Sex mit einer Frau
       zwischen zwei Minuten und Im-Prinzip-zwei-Wochen dauern kann.
       
       Was haben Sie von Homosexuellen gelernt?
       
       Diskutieren Sie mit!
       
       8 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Rhensius
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Heteronormativität
 (DIR) Coming-Out
 (DIR) Schwule
 (DIR) Lesben
 (DIR) Gender
 (DIR) Tim Cook
 (DIR) Polen
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Diskriminierung
 (DIR) Serie
 (DIR) Homosexuelle
 (DIR) China
 (DIR) Zeitungssterben
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sexualkunde-Reform an Hessens Schulen: Demos für und gegen sexuelle Vielfalt
       
       Der neue Lehrplan will Toleranz für sexuelle Vielfalt schaffen. Ein
       Großaufgebot der Polizei verhinderte, das Pro- und Contra-Demo
       aufeinandertrafen.
       
 (DIR) Kommentar Coming-Out von Tim Cook: Gegen das wohlfeile Gelaber
       
       Apple-Chef Tim Cook erklärt, wie schön er es findet, schwul zu sein. Das
       ist doch egal, jeder soll lieben, wen er will, sagen Sie? Von wegen!
       
 (DIR) Homosexuelle in Polen: Zufluchtsort für Homophobie-Opfer
       
       Polen plant Notunterkünfte für verfolgte Homosexuelle. Auch eine
       konservative Stiftung beteiligt sich an der Finanzierung des Projektes.
       
 (DIR) Magazine für Homosexuelle: „Schwule leben anders, lieben anders“
       
       Früher Wichsvorlage und Infoquelle – heute Gratisheftchen oder pleite.
       Schwule Printmedien stecken in der Krise. Wieso eigentlich?
       
 (DIR) Gesundheitspolitik für Homosexuelle: Böses Blut
       
       Homo- und bisexuelle Männer dürfen nicht Blut spenden. Viele sehen darin
       eine Diskriminierung. Ein Wahlberliner hat nun eine Petition gestartet.
       
 (DIR) Serienstart „Masters of Sex“: Aufklärung: Bitte kommen!
       
       „Masters of Sex“ erzählt humorvoll und tabulos von der Arbeit und dem Leben
       der beiden Sexualforscher Masters und Johnson.
       
 (DIR) Homosexuelle in Deutschland: Kapitalismus pink lackiert
       
       Die CSD-Saison nähert sich ihrem Ende. Und wie steht die homosexuelle
       Bewegung da? Statt rosa Revolte, politisch ganz schön abgeschlafft.
       
 (DIR) Homosexuelle in China: Gericht verhandelt „Therapie“
       
       Eine Klinik muss vor Gericht die Praxis verteidigen, Homosexualität mit
       Elektroschocks „heilen“ zu wollen. Ein Patient klagt wegen Traumatisierung
       auf Entschädigung.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann …
       
       … verliert zunehmend seine journalistische Begleitung. Dabei gibt es einen
       eigenständigen schwulen Journalismus noch gar nicht so lange.