# taz.de -- Homophobie in Kirgisien: Angriffe auf Schwule und Lesben
       
       > In Kirgisien werden LGBT-Aktivisten oft auf Polizeiwachen misshandelt.
       > Propaganda für homosexuelle Lebensformen könnte bald strafbar sein.
       
 (IMG) Bild: Nicht gerade als Homo-Freund bekannt: Kirgisiens Präsident Almasbek Atambajew
       
       BISCHKEK taz | „Wir sitzen zwischen allen Stühlen“, sagt der 23-jährige
       Kirgise Dastan Kasmamytow in einem Café in Bischkek. Langsam werde es auch
       gefährlich, sich auf den Straßen der Hauptstadt zu bewegen. „Die gezielten
       Angriffe nehmen zu“, sagt Kasmamytow.
       
       Der junge Mann ist ein aktives Mitglied der LGBT-Bewegung in Kirgisien, hat
       sich geoutet und widerlegt durch seine Präsenz die Ideologie kirgisischer
       Nationalisten, dass Homosexualität ein Export des Westens sei und in der
       kirgisischen Ethnie nicht vorkomme. Die ehemalige Sowjetrepublik galt nach
       1991 lang als „Insel der Demokratie“. Umgeben von autokratisch regierten
       Nachbarn, erlebte die multiethnische Bevölkerung einen demokratischen
       Frühling. Wenn sich der jeweilige Präsident zu sehr in die Macht verliebte,
       wurde er verjagt.
       
       In Kirgisien gibt es Versammlungsfreiheit und eine bunte Presselandschaft.
       Der liberale Anfang gab auch den LGBT-Aktivisten Raum. Kirgistan strich aus
       dem Strafgesetzbuch den Paragrafen, der Sex unter Männern kriminalisierte.
       „Zumindestens in Bischkek war ein angstfreies Leben möglich“, sagt
       Kasmamytow.
       
       „Aber nun lauern uns die Banden auf“, erzählt er. Die kirgisischen
       Sicherheitskräfte mischten mit. Und der Hass nehme zu. Die
       US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch veröffentliche im Januar
       einen schockierenden Bericht über die Misshandlungen von Homosexuellen
       durch die kirgisische Polizei. Lesben drohen im Kreise ihrer Familie
       sogenannte „Heilungsvergewaltigungen“. Der Bericht löste in der
       kirgisischen Gesellschaft eine Wutwelle vor allem gegen die LGBT-Aktivisten
       aus. Wenige Tage nach dem Report veröffentlichte der Mufti Kirgistans eine
       Fatwa gegen gleichgeschlechtliche Liebe.
       
       Aber die Gegner kommen nicht nur aus der religiöse Ecke. „Das Problem ist,
       dass die ’Antigaywelle‘ aus Russland herüberschwappt“, sagt Kasmamytow.
       Dort suchen an die 700.000 Kirgisen jedes Jahr Arbeit und Auskommen auf
       Märkten und Baustellen. Ein Großteil der politischen und wirtschaftlichen
       Elite sieht Russland als Tor zur Moderne und das russische Fernsehen gehört
       zu den wichtigsten Informationsquellen. Gerade in Tagen der Ukrainekrise
       ist das fatal auch für die LGBT-Bewegung. Denn der Hass auf den Westen und
       gegen die ukrainischen Faschisten wird mit einer Kampagne gegen Schwule
       durchsetzt und die Medien in Kirgistan nehmen das auf.
       
       Die in Bischkek erscheinende Wochenzeitung Aktenzeichen behauptet in einem
       Bericht über das Peace Corps – eine vom US State Department finanzierte
       Organisation, die junge Amerikaner weltweit in Dörfer schickt, um dort
       Englisch zu unterrichten – dass darüber gezielt schwule Aktivisten in
       kirgisische Dörfer geschickt würden, um die dortige Jugend zu verführen.
       Auch die kirgisische nationalistische Organisation Kalys wettert gegen
       Schwule. Auf Initiative der Organisation liegt dem Parlament ein
       Gesetzentwurf vor, der Propaganda für gleichgeschlechtliche Lebensformen
       unter Strafe stellt.
       
       20 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marcus Bensmann
       
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