# taz.de -- Stromanbieter drückt sich um EEG-Umlage: Energieversorgung für Fortgeschrittene
       
       > Die Hamburger Stromfirma Care Energy bezahlt keine Umlage nach dem
       > Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und kommt damit vor Gericht durch.
       
 (IMG) Bild: Wenn der Stromlieferant einen Hightech-Kühlschrank stellt: Ist das schon Contracting?
       
       HAMBURG taz | Der Hamburger Energieanbieter Care Energy hat gerade vom
       Hanseatischen Oberlandesgericht Recht bekommen – und zugleich eine verbale
       Ohrfeige. Die Firma, die mit Ökologie und sozialem Engagement wirbt, muss
       nach dem Urteil vorerst weiterhin keine Umlage nach dem
       Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bezahlen.
       
       Dabei hat ihr das Gericht in der Urteilsbegründung eine Täuschung
       unterstellt: Sie betreibe ihr besonderes Geschäftsmodell
       „Energie-Contracting“ nur zum Schein, vermutlich um gerade keine EEG-Umlage
       bezahlen zu müssen.
       
       Nach dem EEG hat jeder, der Strom aus erneuerbaren Energien ins Stromnetz
       einspeist, Anspruch auf eine bestimmte Vergütung durch die vier großen
       Übertragungsnetzbetreiber. Diese holen sich das Geld über die
       Stromversorger von den Endkunden wieder. Care Energy als Versorger hat sich
       geweigert, dieses Geld weiterzugeben und wurde deshalb von dem
       Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz verklagt.
       
       Care Energy bekam im Berufungsverfahren Recht – letztlich weil 50 Hertz die
       falsche Tochterfirma des verschachtelten Unternehmens verklagt hat: Die
       beklagte Firma sei „kein Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an
       Letztverbraucher liefert“, urteilte das Gericht. Deshalb muss es auch keine
       EEG-Umlage entrichten.
       
       Dieses Ergebnis liest sich kurios, denn das Gericht ringt in seiner
       Urteilsbegründung mit den Beziehungen zwischen den Tochterfirmen von Care
       Energy. Sie wirft dem Unternehmen vor, Scheingeschäfte zwischen den
       Töchtern abgeschlossen zu haben, mit dem Ziel zu verschleiern, wer
       letztlich der Stromlieferant für die Endkunden ist.
       
       Nach Darstellung von Unternehmenssprecher Marc März agieren im Rahmen der
       „Care Energy Holding“ drei Unternehmen: „United Power and Gas“ (UPG), gegen
       die sich die Klage von 50 Hertz richtete, kauft Ökostrom und beliefert
       verschiedene andere Unternehmen mit Energie; „Care Energy Netzbetrieb“
       betreibt das Stromnetz des Kunden hinter dem Zähler; „Care Energy
       Energie-Dienstleistungen“ ist Vertragspartnerin der Endkunden, das heißt
       sie verkauft diesen den Strom und sammelt die EEG-Umlage ein.
       
       „Wir haben gesagt, wir hätten gerne eine in der Höhe und im Adressaten
       richtige Rechnung“, sagt März. Dieser Bitte habe 50 Hertz trotz
       wiederholter Bitten nicht entsprochen, weshalb Care Energy nicht zahlte. 50
       Hertz habe verloren, weil es das falsche Unternehmen verklagt habe, sagt
       März. 50 Hertz will sich zurzeit nicht äußern und „die weitere
       Vorgehensweise prüfen“. Eine Revision des Urteils beim Bundesgerichtshof
       wäre möglich.
       
       50 Hertz ist nicht die einzige Akteurin, die sich mit der Konstruktion von
       Care Energy schwer tut. Die Bundesnetzagentur verhängte gegen deren
       geschäftsführenden Gesellschafter Martin Richard Kristek im vergangenen
       Jahr ein Bußgeld von 40.000 Euro: Sein Unternehmen habe es versäumt
       mitzuteilen, dass es Haushaltskunden mit Energie beliefere.
       
       Er bezeichne sein Geschäftsmodell zwar als Contracting, in dessen Rahmen
       „Nutzenergie“ in Form von Licht, Kraft, Wärme und Kälte an die Verbraucher
       geliefert werde, das sei aber faktisch und rechtlich nichts anderes als
       klassischer Stromvertrieb.
       
       Zur gleichen Einschätzung kommt das OLG: Geschäftsführer Kristek habe
       „nicht nachvollziehbar erläutern können, wie sich die Umwandlung von Strom
       in Nutzenergie vollzieht“. Für seine Energiedienstleistungen brauche sich
       das Unternehmen weder das Netz hinterm Zähler noch die Kühlschränke seiner
       Kunden übertragen lassen.
       
       Nach dem Gesamtbild der Verträge dränge sich auf, dass die Beklagte ein
       sogenanntes Schein-Contracting als echtes, steuerbegünstigtes
       Energie-Contracting darzustellen und zugleich zu erreichen versuche, „dass
       keines der drei Unternehmen die EEG-Umlage zu zahlen hat“.
       
       März widerspricht und pocht darauf, dass Care Energy ein
       Energiedienstleister sei. „Jeder, der sagt, wir machen kein Contracting,
       der hat’s nicht verstanden“, sagt März. Entscheidend seien die zusätzlichen
       Angebote von Care Energy: Energieeffizienzberatung, Gebäudesanierung,
       Photovoltaikanlagen, effiziente Haushaltsgeräte.
       
       Wer etwa bei Care Energy einen effizienten Kühlschrank kaufe, bekomme den
       Strom, den der Kühlschrank verbraucht, geschenkt. Alternativ könne er den
       Kühlschrank kostenlos erhalten und dafür die Hälfte des eingesparten Stroms
       bezahlen. Das sei nichts anderes als Contracting.
       
       Günter Hörmann, Geschäftsführer der Hamburger Verbraucherzentrale warnt,
       das Vertragskonstrukt von Care Energy sei für ihn und seine Mitarbeiter
       „nicht durchschaubar“. Zwar müssten Kunden bei Care Energy keine Vorkasse
       leisten, sollte der Versorger jedoch zahlungsunfähig werden, könnte es
       sein, dass sich die Netzbetreiber die ausstehende EEG-Umlage bei den
       Stromkunden holten.
       
       31 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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