# taz.de -- Kommentar Referendum in Schottland: Augen auf und durch
       
       > Jetzt rächt sich, was das Londoner Establishment lange nicht wahrnehmen
       > wollte. Es wird Zeit, dass die Unionisten nicht mehr nur schweigen.
       
 (IMG) Bild: Die Unionisten haben die Kiltträger im Norden zu lange nicht ernst genommen.
       
       Es wird ernst. Zum ersten Mal hat am Wochenende [1][eine Meinungsumfrage in
       Schottland] eine Mehrheit für die Unabhängigkeit prognostiziert, über die
       der britische Teilstaat am 18. September abstimmt. Jetzt plötzlich wacht
       die britische Politik auf: „Zehn Tage, um die Union zu retten“, titeln in
       seltener Einträchtigkeit Zeitungen von rechts und links, und
       Spitzenpolitiker ziehen hektisch in letzter Minute einen Blitzwahlkampf
       auf, um die Abspaltung Schottlands von Großbritannien doch noch zu
       verhindern.
       
       Jetzt rächt sich, wovor klügere Beobachter seit Langem gewarnt haben: Die
       Ignoranz des Londoner Establishments gegenüber dem, was sich im hohen
       Norden möglicherweise zusammenbraut. Während Alex Salmond, der von der
       „Schottischen Nationalpartei“ (SNP) gestellte Premierminister der
       schottischen Regionalregierung, seit Langem unermüdlich sein Volk auf die
       Sezession und die Wiedergeburt der schottischen Nation einschwört, verfuhr
       die Gegenseite lange Zeit nach dem Motto: Je weniger wir sagen, desto
       besser, sonst verleihen wir den Unabhängigkeitsbefürwortern nur die
       Glaubwürdigkeit, die sie von sich aus nicht haben.
       
       Das war ein strategischer Fehler, ebenso der Verlass auf den mahnenden
       Zeigefinger als wichtigstes Wahlkampfinstrument. Denn damit überlassen die
       Unionsbefürworter den Nationalisten die Lufthoheit über den Stammtischen.
       Nun muss in Windeseile ein Strategiewechsel her, der die positiven Aspekte
       eines Fortbestands Großbritanniens hervorhebt und nicht mehr nur die
       negativen Aspekte einer Abspaltung Schottlands anmahnt.
       
       Immer noch spricht viel mehr dagegen als dafür, dass sich eine Mehrheit der
       Schotten für eine Sezession entscheiden wird. Und eine einzige Umfrage
       gegen Hunderte gegenteilige ist noch keine Trendwende. Aber das Klima hat
       sich gedreht. Die Unionsbefürworter müssen ihre Politik des „Augen zu und
       durch“ aufgeben. Das belebt die politische Debatte, und das ist gut so.
       
       8 Sep 2014
       
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