# taz.de -- Stammzellenforschung in Deutschland: Keimzellen der Künstlichkeit
       
       > Dass Menschen geklont werden können, rückt in den Bereich des Machbaren.
       > Der Deutsche Ethikrat fordert, die Methode zu verbieten.
       
 (IMG) Bild: Babys kopieren? Lieber nicht, sagt der Ethikrat.
       
       BERLIN taz | Die Nachricht wurde als Meilenstein gepriesen: Im Mai 2013 war
       es US-Wissenschaftlern um den Zellbiologen Shoukrat Mitalipov erstmals
       gelungen, menschliche Stammzellen aus einem eigens dafür geklonten Embryo
       zu gewinnen. Dabei wurde das genetische Material, ähnlich wie schon 1996
       bei dem Klonschaf Dolly, aus einer menschlichen Hautzelle entnommen und in
       eine menschliche Eizelle eingepflanzt, deren Zellkern zuvor entfernt worden
       war. Die Forscher erhofften sich, durch dieses sogenannte therapeutische
       Klonen, bei der Behandlung und Heilung von Krankheiten wie Parkinson,
       Multipler Sklerose oder Verletzungen des Rückenmarks weiterzukommen. Für
       das reproduktive Klonen, also das Kopieren von Menschen, tauge die Methode
       nicht, hielten die Forscher Skeptikern entgegen.
       
       Doch der [1][Deutsche Ethikrat hat daran seine Zweifel]. „Vor dem
       Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse erhöht sich die
       Wahrscheinlichkeit, dass auch das Klonen von Menschen zu
       Fortpflanzungszwecken künftig zumindest technisch möglich wird“, schreibt
       das Gremium, das Regierung und Parlament berät. Deutschland sei
       aufgefordert, „auf ein internationales Verbot des Klonens“ hinzuwirken,
       heißt es in seiner am Montag in Berlin veröffentlichten Erklärung.
       
       Auch werde die Grenze zwischen somatischen Zellen und Keimbahnzellen, aus
       denen sich menschliches Leben entwickeln kann, technisch überschreitbar.
       
       Dank der neuen Methoden könnten etwa gleichgeschlechtliche Paare versuchen,
       mit beiden Elternteilen genetisch verwandte Kinder zu erzeugen. „Denkbar
       wäre sogar die Vereinigung künstlich hergestellter männlicher und
       weiblicher Keimzellen von ein und demselben Individuum“, warnt der Rat. Die
       Politik sei aufgefordert, neben der medizinischen Sicherheit der
       Anwendungen und ihrer Auswirkungen auf die Nachkommen die Bedeutung von
       Natürlichkeit und Künstlichkeit am Anfang des menschlichen Lebens zu
       diskutieren. Zudem müssten bestimmte Begrifflichkeiten im
       Embryonenschutzgesetz und im Stammzellgesetz künftig einheitlich gefasst
       werden.
       
       ## Kein vollständig identischer Klon
       
       Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn, reagierte
       umgehend: „Es ist gut, wenn der Ethikrat uns da auf mögliche Gesetzeslücken
       hinweist. Eines bleibt sicher: Wir wollen kein Klonen von Menschen“, sagte
       er der taz. Nach dem Embryonenschutzgesetz von 1991 ist das Menschenklonen
       nach der Dolly-Methode verboten. Konkret verbietet das Gesetz die
       künstliche Herstellung eines menschlichen Embryos „mit der gleichen
       Erbinformation wie ein anderer Embryo, Fötus oder Mensch“. Doch es gibt
       schon bei dieser Methode einige Fallstricke. So entsteht auch bei dem
       Dolly-Verfahren kein vollständig identischer Klon. Denn in der Eizelle
       verbleibt ein winzig kleiner DNA-Rest von etwa 0,02 Prozent. Die Gene in
       den Mitochondrien stammen somit nicht vom Spendertier der Körperzelle.
       Einige Experten und Juristen pochen auf diesen DNA-Rest: Sie fühlen sich
       dadurch nicht an das Klonverbot gebunden. Hier fordert der Ethikrat, der
       ein Klonverbot beibehalten möchte, eine Klarstellung.
       
       Klärungsbedarf sieht der Ethikrat zudem, weil das Klonverbot auch bei
       sogenannten induzierten pluripotenten Zellen (iPS-Zellen) umgangen werden
       könnte. Diese Zellen können sich in viele Zelltypen entwickeln, durch
       weitere Manipulationen können daraus aber auch totipotente Zellen
       hergestellt werden. Im Tierversuch konnten sich daraus sogar
       entwicklungsfähige Embryonen entwickeln.
       
       Eine weitere Stufe wird schon im Tierversuch ausprobiert: Aus diesen
       iPS-Zellen können Keimbahnzellen hergestellt werden. Implantiert in ein
       Labortier, sind sie in der Lage, Samen oder Eizellen zu produzieren.
       Möglich wäre dann sogar, dass Samen und Eizelle von einem Individuum
       abstammen. Werden diese für eine Befruchtung verwendet, könnte sich daraus
       vermutlich auch ein Embryo entwickeln. Damit könnte man sich selbst
       fortpflanzen, braucht also dafür keinen Partner. Da es sich nicht um einen
       genetisch identischen Nachkommen handelt, könnte das Klonverbot hier nicht
       greifen.
       
       Hier seien neue Regelungen notwendig, fordert der Ethikrat. Auch die
       ethischen Implikationen, die durch diese Art von Fortpflanzung entstehen,
       müssten diskutiert werden, sagt der Ethikrat. Auch wenn derzeit eine
       Mehrheit diese Methoden ablehnen sollte, ist davon auszugehen, dass eine
       Nachfrage dafür da sein wird, sobald diese Methode technisch ausgereift ist
       und als sicher gilt.
       
       16 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.ethikrat.org/presse/pressemitteilungen/2014/pressemitteilung-07-2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
 (DIR) Wolfgang Löhr
       
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