# taz.de -- Flucht: Betreutes Ankommen
       
       > Für viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist Bremen bei der
       > Ankunft ein Irrgarten zwischen verschiedenen Maßnahmen. Im Clearinghaus
       > soll das besser werden.
       
 (IMG) Bild: Weltweit sind laut UNO über 20 Millionen Kinder und Jugendliche auf der Flucht - meist vor einem Krieg.
       
       BREMEN taz | Eine zentrale Clearingstelle für unbegleitete minderjährige
       Flüchtlinge wurde in der Stresemannstraße eröffnet. Clearing bedeutet, das
       Ankommen der oft traumatisierten Kinder und Jugendlichen zu begleiten und
       Perspektiven für den weiteren Lebensweg zu entwickeln. In der Einrichtung
       sollen 35 Jugendliche in sieben Wohngruppen rund um die Uhr betreut werden.
       Kommende Woche ziehen die ersten 14 ein, bisher sind sie noch in der
       zentralen Erstaufnahmestelle untergebracht. Bis Mitte Oktober soll die
       Einrichtung dann voll belegt sein.
       
       „Kompetenzen zusammenbringen und einen Experten-Mix verankern“, beschrieb
       Sozialsenatorin Anja Stahmann (Die Grünen) das neue Konzept der Einrichtung
       auf der Eröffnung am Montag. Bisher mussten die Flüchtlinge aus ihren
       Wohneinrichtungen zu den BetreuerInnen fahren – ein organisatorischer
       Aufwand, der vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen an seine
       Grenzen stieß. Bremen nimmt überdurchschnittlich viele minderjährige
       Flüchtlinge auf: Allein im September kamen 60 von ihnen nach Bremen. Noch
       2011 waren es 50 im ganzen Jahr. Anders als Erwachsene werden sie nicht
       anteilig auf die Bundesländer verteilt.
       
       Was es bedeutet, sich allein zwischen den verschiedenen Anlaufstellen
       orientieren zu müssen, schildert Hamid Samadian, der vor vier Jahren als
       18-Jähriger aus Afghanistan nach Bremen floh. „Ich hatte keine Ahnung,
       wohin ich gehen konnte“, sagt er. 40 Euro hatte er monatlich zur Verfügung.
       Davon hat er Deutschkurse bezahlt – und Bahntickets: Täglich musste er von
       seiner Unterkunft in Vegesack nach Huchting fahren, um den Unterricht zu
       besuchen. Auf der Berufsschule hat er schließlich Orientierungshilfe vom
       Roten Kreuz gekriegt. „Es wäre gut gewesen, wenn wir erstmal Informationen
       bekommen hätten“, sagt er heute.
       
       Für Stahmann ist er kein Einzelfall: „Es ist generell eine große
       Integrationsbereitschaft da“, sagt sie. „Und wir müssen sehen, dass wir die
       Brücken besser bauen.“ Eben das soll das Clearinghaus „Bahia“ leisten: die
       Regelung der Vormundschaft, Klärung des Gesundheitszustandes,
       ausländerrechtliche Registrierung, Schulbildung und die grundsätzliche
       Entwicklung einer Lebensperspektive. „Clearing wird auch in den anderen
       Einrichtungen durchgeführt“, sagt Heide Rose, Leiterin der Abteilung junge
       Menschen bei der Sozialsenatorin – hier seien die Möglichkeiten aber
       besonders günstig.
       
       In dem ehemaligen Bürogebäuden der Wagner-Stiftung wurden auf zwei Etagen
       Wohnräume eingerichtet: Einzelzimmer, die sich zu zweit ein Bad teilen,
       aber auch größere Wohngruppen und Gemeinschaftsküchen. Gruppenräume stehen
       neben der Betreuungsarbeit auch für Freizeitangebote an Wochenenden,
       Feiertage und in den Ferien zur Verfügung. 30 Mitarbeiter arbeiten hier mit
       den Jugendlichen. Bis zu drei Monate sieht der Betreuungsplan vor. Sollten
       sich andere Wohnungen finden, die beispielsweise näher an der Schule eines
       Flüchtlings liegen, könne man aber auch früher wieder ausziehen, so
       Stahmann.
       
       Auch Flüchtlingsvertreter wie Fluchtraum, Flüchtlingsrat und das
       Evangelische Bildungswerk hatten die Nähe zu Schulen und Betreuungspersonen
       als einzige Kritik an der zentralisierten Clearing-Einrichtungen
       formuliert. Auf einer Tagung hatten aber auch diese Gruppen vor allem die
       Stärken der Unterbringungsform benannt: Sie stelle einen Schutzraum dar.
       Und zentrale Koordination helfe, die Qualität zu sichern.
       
       Ein Schutzraum, der allerdings nur einer Minderheit zur Verfügung steht: 35
       Plätze sind wenig angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen und die
       Sozialbehörde sucht händeringend nach Räumlichkeiten. Bis Anfang kommenden
       Jahres will Stahmann weitere 100 Plätze realisieren – vielleicht auch ein
       zweites Clearinghaus.
       
       22 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan-Paul Koopmann
       
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