# taz.de -- Fehlende Übersicht im Pulverdampf: Alle in einen Topf
       
       > Nach einer Schießerei in Wolfsburg fabuliert eine CDU-Landtagsabgeordnete
       > über gefährliche Asylbewerber.
       
 (IMG) Bild: Hatten sich am Donnerstag nicht so lieb: Die CDU-Abgeordnete Angelika Jahns und Boris Pistorius (SPD).
       
       HANNOVER taz | Während vor den Türen des niedersächsischen Landtags
       Schutzsuchende aus dem Flüchtlingscamp auf Hannovers Weißekreuzplatz für
       ein humaneres Bleiberecht demonstrierten, hat die CDU-Abgeordnete Angelika
       Jahns Schüsse aus dem Drogenmilieu zu Angriffen auf Asylbewerber benutzt.
       Vor dem versammelten Plenum des Landesparlaments konstruierte die
       Kreisvorsitzende der CDU in Wolfsburg eine Verbindung zwischen der Tötung
       eines 31-Jährigen Mannes aus Nigeria und einer angeblichen Gefährlichkeit
       von Flüchtlingen.
       
       Auf Drängen der Opposition hatte Niedersachsens Innenminister Boris
       Pistorius (SPD) den Landtag zuvor über eine Schießerei informiert, die sich
       am Mittwochabend in einer Asylbewerberunterkunft in Wolfsburg-Fallersleben
       ereignet hat. Nach Darstellung des Ministers fanden gegen 20.30 Uhr
       alarmierte Polizisten im ersten Stock des Gebäudes den schwerverletzten
       Nigerianer, der später im Krankenhaus verstarb. Einen politischen
       Hintergrund schließt die Polizei aber aus.
       
       Denn schon weniger als eine halbe Stunde später konnte die Polizei drei
       mutmaßliche Täter festnehmen – einer von ihnen war ebenfalls verletzt und
       zog eine Blutspur hinter sich her. Bei den Verhafteten handelt es sich um
       in Russland geborene Deutsche, die in der Vergangenheit bereits wegen
       Drogendelikten auffällig geworden sein sollen. Im Gegensatz zu dem
       Getöteten wohnen alle drei nicht in der Asylbewerberunterkunft.
       
       Trotzdem warnte die Christdemokratin Jahns unmittelbar nach der Information
       durch den Minister, in Flüchtlingsheimen komme es immer wieder zu
       „Streitigkeiten von Asylbewerbern unter sich“. Dadurch seien „Polizisten
       gefährdet“, in den Unterkünften müsse „entsprechendes Personal“ eingesetzt
       werden. Dies betreffe „ganz Niedersachsen“, meinte Jahns – und offenbarte
       damit, wie reflexhaft manche ChristdemokratInnen die Worte „Asylbewerber“
       und „Kriminalität“ verbinden.
       
       Entsprechend harsch war die Reaktion der Regierungsparteien: „Erschütternd“
       sei, wie Jahns „die Flüchtlings- und Asylpolitik mit Drogenkriminalität und
       der Tötung eines Menschen in Zusammenhang bringe“, so der
       SPD-Innenpolitiker Ulrich Watermann. Für die Grünen kritisierte deren
       stellvertretende Fraktionsvorsitzende Meta Janssen-Kucz, die CDU sei
       „gerade dabei, den gesellschaftlichen Konsens“ für eine humanere
       Asylpolitik „aufzukündigen“.
       
       Vertreter der FDP unterstützten die pauschale Kriminalisierung von
       Flüchtlingen dagegen nicht: Er sei froh, dass es sich bei der Schießerei
       nicht um einen ausländerfeindlichen Anschlag gehandelt habe, sagte der
       FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen. Auch Innenminister Pistorius nutzte
       Jahns’ Attacken noch einmal zu einem Appell für mehr Sachlichkeit: Alle
       drei Tatverdächtigen seien „nicht Bewohner der Asylbewerberunterkunft“, die
       Straftat sei „im Drogenmilieu“ anzusiedeln. „Vermischen Sie die Tatbestände
       nicht“, mahnte der Sozialdemokrat.
       
       Bei der Christdemokratin Jahns angekommen ist diese Mahnung allerdings
       nicht. Auch nach der Debatte sprach sie von „Flüchtlings- und
       Asylbewerberströmen“ – und erinnerte damit in fataler Weise an die Debatte
       vom „vollen Boot“, die in den neunziger Jahren zu einer massiven
       Beschränkung des Grundrechts auf Asyl geführt hatte.
       
       25 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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