# taz.de -- Kommentar Proteste Hongkong: Peking ignoriert die wahren Probleme
       
       > Die Wahlreform in Hongkong ist nach hinten losgegangen. Das Volk geht auf
       > die Straße. Die Demonstranten wollen aber mehr als Demokratie.
       
 (IMG) Bild: Chaos in Hongkongs Finanzdistrikt.
       
       Eigentlich hatte die chinesische Führung in Peking die Wahl des Hongkonger
       Regierungschefs für 2017 als Zugeständnis an die Menschen in der
       südchinesischen Sonderverwaltungszone gemeint. Schon unter britischer
       Kolonialherrschaft war es den Bürgern Hongkongs nicht möglich, ihr
       Stadtoberhaupt frei zu wählen. Und dass die zur Auswahl stehenden
       Kandidaten loyal zur Volksrepublik und der Sonderverwaltungszone zu stehen
       hatten, verstand sich aus Pekinger Sicht von selbst. Immerhin dürfen die
       Hongkonger künftig mitbestimmen, so der Gedanke.
       
       Dass nun dennoch so viele Menschen in Hongkong für mehr Demokratie auf die
       Straße ziehen und sogar bereit sind, mit der Blockade des Finanzviertels
       das Herzstück der Wirtschaftsmetropole lahmzulegen, überrascht Peking. Doch
       genau das ist das Problem. Die wahren Gründe, weshalb nicht nur eine kleine
       oppositionelle Minderheit, sondern die Menschen in Massen auf die Straße
       ziehen, hat die chinesische Führung nicht erkannt: Es sind die
       wirtschaftlichen Nöte.
       
       Seitdem Festlandchinesen fast ohne Beschränkungen Hongkong besuchen dürfen,
       platzt die Metropole aus allen Nähten. Die Immobilienpreise sind ins
       Unermessliche gestiegen. Die Industrie ist über die Grenze aufs chinesische
       Festland abgewandert. Wer nicht in der Finanzbranche oder im Servicesektor
       für die Millionen von chinesischen Touristen arbeitet, die jedes Wochenende
       und an den Feiertagen die Stadt überschwemmen, findet kaum mehr ein
       Auskommen. Während Hongkongs Superreiche immer reicher werden, schrumpft
       die Mittelschicht und droht zu verarmen.
       
       Ausgerechnet die sich offiziell als kommunistisch bezeichnende Führung in
       Peking hat diese verheerende Entwicklung nicht erkannt. Sie hat stattdessen
       die Finanzmetropole als Versuchslabor des Kapitalismus missbraucht –
       einiges aber am Vorgehen ihres Vorgängers nicht verstanden. So
       kapitalistisch die Briten Hongkong geführt und mit Steuerfreiheit das Geld
       aus aller Welt in die südchinesische Hafenstadt gelockt haben – Hongkong
       hatte immerhin zugleich eines der umfassendsten sozialen
       Wohnungsbauprogramme. Das sicherte den sozialen Frieden.
       
       Hat Hongkongs Entwicklung auch Signalwirkung für das restliche China? Ja,
       denn auch im Rest des Landes ignoriert die KP-Führung soziale Probleme der
       Bevölkerung.
       
       28 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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