# taz.de -- Berlins SPD nach der Mitgliederwahl: Alle antreten zum Kuscheln
       
       > Der Mitgliederentscheid hat einen Gewinner – aber wie viele Verlierer?
       > Raed Saleh und Jan Stöß erklären ihre Loyalität zum künftigen
       > Regierungschef.
       
 (IMG) Bild: Der alte und der neue Regierende Bürgermeister
       
       Raed Saleh konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. „Ich trage es mit
       Fassung, das ist Demokratie“, sagte er am Samstag vor der
       SPD-Landeszentrale im Wedding. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der
       Fraktionschef nur auf dem dritten Platz gelandet war beim Votum der
       Parteimitglieder über die Nachfolge von Klaus Wowereit. Dabei habe er sein
       „Bestes gegeben“, sagte Saleh. Das unvermeidliche Bekenntnis zur
       Geschlossenheit der Partei klang bei ihm so: „Meine Loyalität und die der
       Fraktion gilt nun Michael Müller.“
       
       Ist Saleh als Letzter nun der Verlierer oder ist er bloß kein Gewinner?
       Eher letzteres. Der Fraktionschef war mit 37 Jahren der jüngste der
       Kandidaten, seine politische Karriere auf Landesparkett hat erst begonnen.
       Sprich: Er hat durch die Niederlage einen Dämpfer erhalten, aber nicht
       mehr. Zumal der Abstand zu Stöß, dem sogar zugetraut worden war, das Votum
       für sich zu entscheiden, mit gut zwei Prozentpunkten denkbar gering ist.
       
       Und Saleh, der im Westjordanland geboren und in Spandau aufgewachsen ist,
       hat tatsächlich etwas erreicht, wie er am Samstag selbst bemerkte: Er freue
       sich, dass er etwas dazu beitragen konnte, eine „breite Debatte über Berlin
       hinaus“ anzustoßen und bezog sich damit auf die Diskussion, ob ein
       Spitzenkandidat mit ausländischen Wurzeln und muslimischem Glauben eine
       Landtagswahl gewinnen könnte. Es bleibt Spekulation, ob die Partei ihm dies
       nicht zutraute. Oder ob es vielen Mitgliedern eher so ging wie jenem
       Besucher des vierten Mitgliederforums vergangene Woche: Er würde seine
       Stimme ja Saleh geben, sagte der Mann Mitte 50. Aber er glaube nicht, dass
       Berlin schon so weit sei, ihn 2016 zu wählen.
       
       Als Fraktionschef ist Saleh nur von der Unterstützung einer kleinen Gruppe
       von Parlamentarieren abhängig. Jan Stöß hingegen hat als Parteichef den
       Anspruch, die ganze Berliner SPD zu repräsentieren. Angesichts des mageren
       Zuspruchs von nur jedem fünften Abstimmenden stellt sich die Frage, ob er
       das weiterhin tut. In Parteikreisen zeigte man sich am Sonntag jedenfalls
       überrascht, das die SPD-Basis „deutlich wertkonservativer ist als bisher
       gedacht“.
       
       ## Von Rücktritt keine Rede
       
       Auch Stöß zeigte am Samstagmittag demonstrativ Unterstützung für den
       Sieger: „Einer für alle, alle für Einen. Und dieser Eine ist Michael
       Müller“, so der 41-Jährige. Tatsächlich könnte der Druck auf die Partei,
       sich kurz vor einem Chefwechsel im Roten Rathaus und weniger als zwei Jahre
       vor der nächsten Wahl nicht in Streitereien zu verlieren, Stöß in seiner
       Position festigen. Von Rücktritt ist bisher jedenfalls keine Rede.
       
       Gerüchte, wonach Stöß vom künftigen Regierenden Bürgermeister sogar einen
       Senatorenposten angeboten bekommen könnte, sind allerdings mit äußerster
       Vorsicht zu genießen. Soweit dürfte die Versöhnung dann doch nicht gehen.
       Bert Schulz
       
       19 Oct 2014
       
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