# taz.de -- Betreiber von Flüchtlingsheimen: Opposition droht mit Ausschuss
       
       > In der heutigen Sondersitzung des Sozialausschusses muss Senator Mario
       > Czaja (CDU) zur Affäre um den LaGeSo-Chef Auskunft geben.
       
 (IMG) Bild: Beengt und wenig heimelig, so sind viele Unterkünfte für Flüchtlinge.
       
       Die Opposition zückt ihr schärfstes Schwert: Sozialsenator Mario Czaja
       (CDU) müsse bei der Sondersitzung des Sozialausschusses am Mittwoch alle
       Fragen zum Umgang des Landes mit privaten Betreibern von Flüchtlingsheimen
       beantworten, erklärten die Abgeordneten Canan Bayram (Grüne), Fabio
       Reinhardt (Piraten) und Hakan Tas (Linke) der taz. Andernfalls „überlegen
       wir ernsthaft, einen Untersuchungsausschuss zu machen“, so Bayram. Noch sei
       es aber zu früh, das zu entscheiden, schränkt Reinhardt ein. Ein solcher
       müsse gut vorbereitet und könne nicht von heute auf morgen eingerichtet
       werden. „Aber es gibt genug Material und Vorwürfe, die das rechtfertigen
       würden“, sagt er. Auch Tas mit den Linken wäre dabei, „wenn im Ausschuss
       nicht glaubhaft gemacht wird, dass wir bald alle Antworten bekommen“.
       
       Die Opposition hatte die Sondersitzung des Ausschusses beantragt, weil
       vorige Woche bekannt geworden war, dass die Staatsanwaltschaft gegen Franz
       Allert, den Chef des Landesamts für Gesundheit und Soziales (LaGeSo),
       ermittelt. Allert ist Patenonkel des Geschäftsführers von Gierso, einer
       Firma, die in den letzten zwei Jahren massiv in das Geschäft mit
       Flüchtlingsunterkünften eingestiegen ist. Ein zweiter Anbieter, Pewobe, der
       ebenfalls viele Aufträge vom LaGeSo erhält, hält ein Viertel der Anteile an
       Gierso. Zusammen betreiben beide rund ein Viertel aller Berliner Heime für
       Asylsuchende. Inzwischen wurde die Anzeige auf Czaja ausgeweitet, weil er
       möglicherweise seine Aufsichtspflicht verletzt hat.
       
       Ungereimtheiten bei Vergabe 
       
       Man beobachte schon seit geraumer Zeit Ungereimtheiten bei der
       Auftragsvergabe und die Nichteinhaltung von Mindeststandards in Heimen,
       sagte Bayram. „Die Vorwürfe gegen Allert sind ein Anlass für uns, das
       umfassend aufzuklären.“ Bau und Betrieb von Flüchtlingsunterkünften seien
       ein lukratives Geschäft – zu Lasten der Flüchtlinge und der Steuerzahler.
       „Für Tagessätze von 20 Euro und mehr pro Tag und Person kann man eigentlich
       ein Luxusappartement in Mitte mieten“, so Bayram. Stattdessen gebe es in
       vielen Heimen einen „miesen Standard“.
       
       Teuer wird es nach ihrer Ansicht unter anderem, weil die Betreiber
       teilweise horrende Baukosten von bis zu einem Drittel des Tagessatzes
       erstattet bekämen. Gleichzeitig sparten sie vielfach an der personellen und
       räumlichen Ausstattung.
       
       Auch Reinhardt beklagt: „Wir diskutieren das Thema seit Jahren, aber es
       wurde vom LaGeSo immer abgewiegelt.“ Das Amt habe die Firma Gierso, obwohl
       sie völlig fachfremd sei, „strategisch aufgebaut. Und jetzt kommt heraus,
       dass es eine persönliche Verbindung zwischen Allert und dem
       Gierso-Geschäftsführer gibt. Das setzt dem Ganzen die Krone auf.“ Er möchte
       nun folgende Frage klären: „Steckt dahinter System? Gibt es ein
       strukturelles Versagen des LaGeSo? Und was wusste Czaja?“
       
       Auch Tas hat viele Fragen an den Senator. Zum einen gebe es
       unterschiedliche Aussagen von Czaja und Allert, wann der LaGeSo-Chef den
       Senator über seine Patenschaft informiert habe. Zum anderen gebe es
       verschiedene Angaben, welche Verträge Allert persönlich unterschrieben
       habe. „Zunächst hieß es: keine. Jetzt heißt es, er habe doch einen
       unterschrieben.“ Dabei handelt es sich nach taz-Informationen um den
       Vertrag für das Pewobe-Heim in der Charlottenburger Rognitzstraße. Der Fall
       kam Ende 2013 in die Schlagzeilen, weil BMW die Nachbarn unangenehm waren
       und die Senatskanzlei dem Autobauer zugesagt hatte, das Heim zu schließen.
       Inzwischen wurden der Vertrag mit Pewobe verlängert.
       
       Ein weiteres Thema für Tas ist die „Überzahlung“ beim Heim in der
       Neuköllner Haarlemer Straße. Statt der vereinbarten 5,5 Millionen Euro
       zahlte das Land am Ende rund acht Millionen Euro an Pewobe – stolzer Preis
       für ein Heim, das nur für zwei Jahre bestehen soll. „Was ist da
       schiefgelaufen?“, möchte Tas wissen. Und: „Hat Allert seinem Patenkind
       einen Informationsvorsprung verschafft, sodass er wusste, was das LaGeSo
       vorhat?“
       
       12 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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